Israel: „Wir stehen vor einem Krieg an gleichzeitig sieben Fronten“
Während Israels Armee ihren Bodeneinsatz gegen die islamistische Hamas im mittleren und südlichen Gazastreifen ausweitet, gehen im Hintergrund die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation weiter. Nach Einschätzung von Israels Generalstabschef Herzi Halevi werden die Kämpfe jedoch noch „viele Monate“ dauern.
Auch die Hamas will weiterkämpfen. Ein Vorschlag Ägyptens zur stufenweisen Beendigung des Kriegs ist einem Medienbericht zufolge dennoch nicht vom Tisch.
Israels Armee: Gibt keine magischen Lösungen
Die Kämpfe in dem dichtbesiedelten und abgeriegelten Küstenstreifen würden in einem „komplexen“ Umfeld ausgetragen, sagte Halevi am Dienstagabend.
„Der Krieg wird also noch viele Monate andauern, und wir werden auf verschiedene Weise vorgehen, damit der Erfolg über die Zeit erhalten bleibt“, erklärte der israelische Generalstabschef. „Es gibt keine magischen Lösungen oder Abkürzungen bei der grundlegenden Zerschlagung einer terroristischen Organisation, sondern nur einen beharrlichen und entschlossenen Kampf“, führte Halevi weiter aus.
„Wir werden auch an die Hamas-Führung herankommen, ob es nun eine Woche oder Monate dauert“, sagte Halevi. Israels Militär stehe kurz vor dem Abschluss der Zerschlagung der Hamas-Bataillone im nördlichen Gazastreifen. „Derzeit konzentrieren wir unsere Bemühungen auf den südlichen Gazastreifen – Chan Junis, die zentralen Lager und darüber hinaus“, sagte er. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Israels Verteidigungsminister: Stehen vor Mehrfrontenkrieg
Nach den Worten von Israels Verteidigungsminister Joav Galant steht sein Land vor einem Krieg an gleichzeitig sieben Fronten. Gemeint sind damit Gaza und das Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Jemen und der Iran.
„An sechs dieser Fronten haben wir bereits reagiert und gehandelt“, sagte er nach Angaben der Zeitung „Times of Israel“ am Dienstag vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss des Parlaments.
Israel wird nicht nur von der Hamas im Gazastreifen angegriffen, sondern seit Ausbruch des Gaza-Kriegs auch von den Huthi-Rebellen im Jemen und der schiitisch-islamistischen Hisbollah im Norden des Landes. Die Huthi sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten selbsternannten „Achse des Widerstands“.
Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas hat die Huthi-Miliz wiederholt Schiffe vor der Küste des Jemen attackiert. Laut dem US-Verteidigungsministerium griffen die mit der Hamas verbündeten Rebellen bislang insgesamt zehn Handelsschiffe mit Drohnen und Raketen an.
Nach Angaben der proiranischen Huthi-Miliz vom Abend des 26.12. wurde nun ein weiteres Handelsschiff im Roten Meer angegriffen. Die Besatzung der „MSC United“ hätte mehrere Warnungen ignoriert. Ob es Verletzte oder Schäden gab, blieb zunächst unklar. Zudem wurde eine Reihe von Drohnen durch die Huthi „gegen militärische Ziele“ in Südisrael eingesetzt.
Das Rote Meer ist eine zentrale Handelsstraße, über die bis zu zwölf Prozent des Welthandels abgewickelt wird. Der Jemen liegt an der Meerenge Bab-al-Mandeb zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Aden.
Wegen der Huthi-Angriffswelle auf Containerschiffe meiden mehrere Reedereien inzwischen die Fahrt durch die Meerenge inzwischen. Um die Handelsschifffahrt zu schützen, gaben die USA Anfang vor wenigen Tagen die Bildung einer internationalen Militärkoalition bekannt.
„Wall Street Journal“: Israel berät ägyptischen Vorschlag zur Deeskalation
Wie das „Wall Street Journal“ in der Nacht zum Mittwoch meldete, hat Netanjahus Kriegskabinett einen Vorschlag Ägyptens für eine stufenweise Beendigung des Kriegs an eine größere Gruppe Minister weitergeleitet.
Israel sei bereit, die erste Phase des Vorschlags zu diskutieren, die während einer erneuten Feuerpause die Freilassung weiterer Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge vorsieht, zitierte das WSJ ein ranghohes Mitglied in Netanjahus Likud-Partei.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag im „Wall Street Journal“ die Zerschlagung der Hamas und eine Entmilitarisierung Gazas als Bedingung für Frieden genannt. Er steht innenpolitisch unter Druck, die Freilassung aller Geiseln in Gaza zu bewirken. Netanjahu hatte zuvor auch eine „Intensivierung“ der Angriffe angekündigt, und den „Terroristen der Hamas“ angedroht: „Wir sehen euch, wie kriegen euch.“
Israel vs. Gazastreifen
Ungeachtet internationaler Kritik und mahnender Worte des Verbündeten USA verstärkt Israel einen Militäreinsatz im Gazastreifen. Die israelische Armee setzte auch am Mittwoch ihre Angriffe auf Ziele in dem Palästinensergebiet fort. Armeesprecher Daniel Hagari hatte am Vorabend gesagt, die Angriffe auf Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets würden fortgesetzt, die Einsätze in Flüchtlingslagern im Zentrum des Gazastreifens würden ausgeweitet.
So ordnete die israelische Armee die Evakuierung des Flüchtlingslagers Bureidsch und seiner Umgebung an.
Seit Heiligabend seien allein in zwei Flüchtlingslagern 137 Menschen ums Leben gekommen, teilte das Büro am Dienstag unter Berufung auf Angaben der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ mit. Getroffen worden seien drei Flüchtlingslager. Alle Straßen zwischen den Lagern seien zerstört worden, was die Versorgung mit Hilfsgütern deutlich erschwere. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die Telekommunikationsdienste fielen nach Angaben im Westjordanland ansässiger palästinensischer Unternehmen erneut aus. Der Gazastreifen sei wieder von der Außenwelt abgeschnitten, hieß es.
Israel vs. Hisbollah
Am selben Tag hatten sich auch die Hisbollah-Miliz und die israelische Armee im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon wieder gegenseitig unter Feuer genommen.
Die vom Libanon aus agierende und mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz teilte mit, sie habe militärische Ziele in Israel beschossen und dabei „Volltreffer“ erzielt. Die israelische Armee schoss nach eigenen Angaben zurück.
Israel vs. Westjordanland
Derweil wurden bei israelischen Luftangriffen auf das besetzte Westjordanland palästinensischen Angaben zufolge sechs Menschen getötet. Mehrere weitere Menschen seien schwer verletzt worden, erklärte das palästinensische Gesundheitsministerium am Mittwochmorgen. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, Ziel der Luftangriffe sei das Flüchtlingslager Nur Schams nahe der Stadt Tulkarem gewesen. Die israelischen Streitkräfte wollten die Angaben zunächst nicht kommentieren. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas sind nach Angaben der Palästinensischen Autonomiebehörde auch mehr als 300 Palästinenser im besetzten Westjordanland getötet worden.
Schaden für Zivilisten minimieren
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, traf derweil den israelischen Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer. Bei dem Gespräch sei es unter anderem um einen „Übergang zu einer anderen Phase des Krieges“ gegangen, um „den Fokus auf wichtige Hamas-Ziele zu maximieren“, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses im Anschluss. Der Schaden für Zivilisten müsse minimiert und die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert werden.
Die Leichen von 80 Palästinensern wurden am Dienstag aus Israel in den Gazastreifen zurückgebracht und dort in einem Massengrab bestattet. Nach Angaben aus dem Hamas-Gesundheitsministerium hatten israelische Soldaten die Leichen in den vergangenen Tagen aus Leichenhallen und Gräbern geborgen und nach Israel gebracht.
Dort wurden sie demnach untersucht, um sicherzugehen, dass sich unter ihnen keine getöteten Hamas-Geiseln befinden. Die 80 Palästinenser wurden schließlich auf einem provisorischen Friedhof in der Region Rafah im Süden des Gazastreifens beerdigt (afp/red)
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