Israel im Krieg „entschlossener denn je“
Israels Regierung setzt den Krieg gegen die islamistische Hamas fort. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte, der militärische Druck auf die Hamas müsse aufrechterhalten bleiben.
Nur so könne sie besiegt und die Rückkehr aller Entführten erreicht werden. „Wir sind entschlossener denn je, bis zum Ende weiterzumachen, bis wir die Hamas vernichtet haben und alle unsere Entführten zurückgebracht haben“, erklärte Netanjahu.
Demonstranten machen Druck auf Israels Regierung
Unterdessen demonstrierten am Samstagabend erneut freigelassene Geiseln, Angehörige von Geiseln sowie Hunderte Unterstützer in Tel Aviv für die Freilassung der noch im Gazastreifen verbliebenen Verschleppten.
Noam Perry, Angehöriger einer Geisel, warf dem Kriegskabinett um Netanjahu vor, es habe militärischen Druck als nötig bezeichnet, damit die Geiseln freikämen. „Inzwischen kommen immer mehr Geiseln als Leichen zurück“, sagte Perry. Nach israelischen Schätzungen werden noch 112 Geiseln festgehalten.
Israels Generalstabschef Herzi Halevi übernahm derweil die Verantwortung für die versehentliche Tötung der drei israelischen Geiseln. „Die Armee und ich als ihr Kommandeur sind für das, was passiert ist, verantwortlich und wir werden alles tun, um zu verhindern, dass sich solche Fälle in der Zukunft der Kämpfe wiederholen“, sagte er in einem auf X veröffentlichten Video.
Militärchef: Bei weißer Flagge darf nicht geschossen werden
Zugleich stellte er klar, dass auf Menschen mit weißer Flagge, die sich ergeben wollen, nicht geschossen werden darf. Bei der Tötung der Geiseln am Freitag seien Einsatzregeln verletzt worden. „Die drei Geiseln haben alles getan, damit wir sie als solche erkennen – sie hatten ihre Hemden ausgezogen, damit wir sehen, dass sie keine Sprenggürtel tragen, und sie hielten eine weiße Flagge“, sagte Halevi.
Zugleich gab er zu bedenken, dass sich die Soldaten in einer aktiven Kampfzone befanden. Terroristen seien dort in Zivilkleidung aktiv und jede Entscheidung könne im Bruchteil einer Sekunde über Leben oder Tod entscheiden.
Der einzige Trost für die Familien der gefallenen Soldaten sei, dass ihr Tod nicht umsonst gewesen sei, erklärte derweil der israelische Ministerpräsident Netanjahu laut der Zeitung „The Times of Israel“. Daher werde man „sicherstellen, dass wir weiter kämpfen, bis wir den totalen Sieg erringen“, sagte Netanjahu.
Millionengeschäfte der Hamas jahrelang unangetastet
Israels Sicherheitsbehörden hatten einem Zeitungsbericht zufolge schon vor Jahren Millionengeschäfte der islamistischen Hamas aufgedeckt, ohne dass die Regierungen Israels oder der USA dagegen gleich vorgingen. Wie die „New York Times“ berichtete, konnten die Sicherheitsbehörden 2018 von einem Computer eines ranghohen Hamas-Vertreters detaillierte Auflistungen von Vermögenswerten im Wert von Hunderten Millionen Dollar abgreifen.
Dennoch sei jahrelang keine der darin aufgelisteten Hamas-Firmen mit Sanktionen belegt worden, weder von Israels Regierung noch von den USA. Auch sei damals kein Druck ausgeübt worden auf die Türkei, der Drehscheibe des Hamas-Finanzierungsnetzwerkes, dieses zu schließen.
Die Hamas kontrollierte demnach Bergbau-, Hühnerzucht- und Straßenbaufirmen im Sudan, zwei Wolkenkratzer in den Vereinigten Arabischen Emiraten, einen Immobilienentwickler in Algerien sowie ein an der türkischen Aktienbörse notiertes Immobilienunternehmen. Man habe die entsprechenden Unterlagen eingesehen, schrieb die Zeitung.
Die damit befassten Behörden hätten sie innerhalb ihrer eigenen Regierung und in Washington weitergereicht, aber nichts sei passiert. Inzwischen wisse man in beiden Ländern, dass die Geldflüsse der Hamas ihr beim Aufbau ihrer militärischen Infrastruktur geholfen und damit die Grundlagen für die Anschläge vom 7. Oktober geschaffen habe.
Selbst nachdem 2022 schließlich Sanktionen gegen das Finanzierungsnetzwerk verhängt wurden, hätten mit der Hamas verbundene Personen durch den Verkauf von Anteilen an einer Firma, das auf der Sanktionsliste stand, Millionen erlangen können, hieß es. Es gebe Befürchtungen, dass solche Geldströme es der Hamas ermöglichen werden, ihre Strukturen nach Ende des Gaza-Krieges wieder aufzubauen.
Die Lage der Geiseln
Von den rund 250 Geiseln, die bei dem Großangriff der radikalislamischen Hamas Anfang Oktober verschleppt wurden, befinden sich nach jüngsten israelischen Angaben noch 129 in der Gewalt der Hamas. 110 Geiseln wurden mittlerweile freigelassen, zudem brachte die israelische Armee die Leichen von elf Verschleppten zurück ins Land. Unter ihnen sind auch die sterblichen Überreste der drei Männer, die am Freitag im Norden des Gazastreifens von israelischen Soldaten getötet wurden.
Nach von der Nachrichtenagentur AFP zusammengestellten Informationen handelt es sich bei den verbliebenen Geiseln größtenteils um Zivilisten und dabei um Männer. Die Hamas hält aber auch 16 Frauen sowie Soldaten in ihrer Gewalt. Zudem sind vermutlich einige der 129 Verschleppten, die Israel offiziell als Geiseln zählt, bereits tot.
Laut AFP sind rund 110 der verbliebenen Geiseln im Gazastreifen mutmaßlich noch am Leben. Die anderen wurden entweder während ihrer Gefangenschaft getötet oder am 7. Oktober bereits als Leichen verschleppt. Unter den Überlebenden befinden sind demnach 100 israelische Staatsbürger oder Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Die weiteren mutmaßlich noch lebenden Geiseln sind Ausländer: acht Thailänder, ein Nepalese und eine Franko-Mexikanerin.
Die Hamas hatte kürzlich den Tod der jüngsten Geisel, ein elf Monate altes Baby, dessen vierjährigen Bruder Ariel sowie der Mutter Shiri Bibas gemeldet. Israel hat den Tod dieser drei Geiseln bislang nicht bestätigt. Sollten sich die Angaben bewahrheiten, befinden sich keine minderjährigen Geiseln mehr im Gazastreifen.
Trotz der Freilassung zahlreicher weiblicher Geiseln während einer siebentägigen Feuerpause Ende November haben die Hamas und ihre Verbündeten weiter 16 Frauen in ihrer Gewalt. Die 70-jährige Judith Weinstein Haggai ist die Älteste unter ihnen. Fünf Frauen im Alter von 18 und 19 Jahren sind israelische Soldatinnen.
Auch vier Männer im Alter von über 80 Jahren sowie sieben Männer über 70 werden noch festgehalten. Einige von ihnen sind die Ehemänner der bereits freigelassenen ebenfalls hochbetagten Geiseln Ruth Munder, Tamar Metzger, Jocheved Lifschitz und Nurit Kuper.
Zusätzlich zu den 129 Geiseln gelten israelischen Angaben zufolge fünf Personen noch immer als vermisst, bei ihnen handelt es sich um vier Israelis und einen Eritreer.
Al-Dschasira bringt Tod von Kameramann vor Strafgerichtshof
Nach dem Tod eines Kameramanns des arabischen Fernsehsenders „Al-Dschasira“ im Gazastreifen will das Unternehmen den Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. Das teilte der in Katar ansässige Sender am Samstag mit. Der Sender spricht von Ermordung.
Der Kameramann war demnach bei einem israelischen Drohnenangriff im Süden Gazas ums Leben gekommen. Wegen der Kampfhandlungen konnten Rettungskräfte zunächst nicht zu ihm vordringen – letztlich konnten sie nach Angaben des Senders nur noch seine Leiche bergen. Israels Militär wies Vorwürfe zurück, gezielt gegen Journalisten vorzugehen.
Baerbock und Cameron fordern dauerhaften Waffenstillstand
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr britischer Kollege David Cameron verlangten in einem gemeinsamen Beitrag für die britische „Sunday Times“ einen dauerhaften Waffenstillstand: „Unser Ziel kann nicht einfach ein Ende der Kämpfe heute sein. Es muss ein Frieden sein, der über Tage, Jahre, Generationen andauert. Wir unterstützen daher einen Waffenstillstand, aber nur, wenn er dauerhaft ist.“ Ein Ende der Kämpfe ist aber derzeit nicht in Sicht.
Die islamistische Hamas hat bekräftigt, keine Verhandlungen ohne ein Ende der Kampfhandlungen Israels führen zu wollen. Die Haltung der Hamas sei, keine Gespräche zu führen, „solange die zionistische Aggression gegen unser Volk nicht ein für alle Mal aufhört“, erklärt die Terrororganisation. Dies sei allen Vermittlern mitgeteilt worden.
Lage der Zivilisten in Gaza
Derweil bleibt die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung schwierig. Das schwer beschädigte größte Krankenhaus von Gaza, Schifa, sei nur „minimal funktionsfähig“ und müsse dringend zumindest die grundlegendsten Funktionen wieder aufnehmen können, „um die Tausenden von Menschen, die lebensrettende medizinische Versorgung benötigen, weiter zu versorgen“, erklärte die WHO am Sonntag.
In dem größten Krankenhaus im Gazastreifen würden nur noch eine Handvoll Ärzte, einige wenige Krankenschwestern sowie 70 Freiwillige unter „unglaublich schwierigen“ Bedingungen arbeiten. Die Operationssäle seien nicht funktionsfähig, weil es an Treibstoff, Sauerstoff, Fachpersonal und Vorräten mangele. Auch gebe es kein Blut für Transfusionen, hieß es.
US-Präsident Joe Biden hatte Israel aufgerufen, in dem seit mehr als zwei Monaten dauerenden Krieg mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen. Die US-Regierung hatte zuletzt nach Gesprächen mit der israelischen Führung die Erwartung geäußert, dass Israel von einem militärischen Vorgehen mit „hoher Intensität“ zu „gezielteren“ Operationen übergehen werde. Ein Zeitraum dafür wurde nicht genannt. (dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion