Israel: Hisbollah zieht Libanon in den Krieg hinein – USA verlegen Waffen in „gesamten“ Nahen Osten

Nach erneuten Gefechten im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon hat das israelische Militär der Hisbollah vorgeworfen, den Libanon in einen Krieg hineinzuziehen. Die USA haben die Verlegung von Verteidigungssystemen und zusätzlichen Truppen in den „gesamten“ Nahen Osten angekündigt.
Raketen werden aus dem Gazastreifen hinweg auf Israel abgefeuert.
Raketen werden aus dem Gazastreifen hinweg auf Israel abgefeuert.Foto: Mohammed Dahman/AP
Von 22. Oktober 2023

„Die Hisbollah greift an und zieht den Libanon in einen Krieg hinein, der diesem keine Gewinne, aber viele Verluste“ bringen würde, erklärte der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus am Sonntag im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Die pro-iranische Schiitenmiliz spiele ein „sehr, sehr gefährliches Spiel. Sie eskaliert die Situation. Wir sehen jeden Tag mehr und mehr Angriffe“, fügte er hinzu. Sie habe sich „dazu entschieden, an den Kämpfen teilzunehmen“, sagte Israels Verteidigungsminister Joav Galant am Samstag laut seinem Büro.

Am Samstag hatte es erneut Gefechte in dem Grenzgebiet gegeben. Durch Beschuss im Norden Israels wurden nahe des Dorfes Margaliot zwei thailändische Agrararbeiter verletzt, wie der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mitteilte.

Gefechte und die Hisbollah

Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel vor zwei Wochen wurden an der israelisch-libanesischen Grenze mindestens vier Menschen in Israel getötet, drei Soldaten und ein Zivilist. Im Südlibanon wurden nach einer AFP-Zählung mehr als 20 Menschen getötet. Bei den meisten handelte es sich um Terroristen. Aber auch mindestens vier Zivilisten, darunter ein „Reuters“-Journalist, wurden getötet. Das Ziel der Hisbollah ist, Israel zu beseitigen.

Die einflussreiche Hisbollah gilt als „Staat im Staate“ Libanons und wird vom Iran massiv unterstützt. Die militärischen Fähigkeiten der Hisbollah entsprechen denen einer Armee. Die Gruppe unterhält 15 Bataillone, darunter die Eliteeinheit Radwan. Die Radwan-Truppe ist eine der am besten ausgebildeten und ausgerüsteten Einheiten der Hisbollah. Sie besteht aus etwa 8.000 Soldaten und ist für den Einsatz von Raketen und anderen Waffensystemen gegen Israel verantwortlich. Die Radwan-Truppe hat auch an Kämpfen in Syrien teilgenommen.

Auch die Hisbollah ist für die USA, die EU und andere Staaten eine Terrororganisation, ebenso wie die Hamas. Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober erklärte die Hisbollah ihre „Solidarität“ mit der Hamas.

Israel weitet Angriffe aus – unterirdischer „Terrorkomplex“ angegriffen

Israel will das militärische Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen nach zweiwöchigem Bombardement nun ausweiten. „Wir erhöhen die Angriffe und minimieren die Gefahr“, zitierten israelische Medien Armeesprecher Daniel Hagari am Samstag. „Wir müssen unter den besten Bedingungen in die nächste Phase des Krieges eintreten.“ Unklar ist, ob damit die erwartete Bodenoffensive gemeint ist.

Derweil geht Israel auch im besetzten Westjordanland verstärkt gegen militante Palästinenser vor. In der Nacht zum Sonntag griff die Armee nach eigenen Angaben vor einem geplanten Anschlag eine Terrorzelle in einer Moschee im Flüchtlingslager Dschenin an. In der Al-Ansar-Moschee befand sich ein unterirdischer „Terrorkomplex“ der islamistischen Hamas und des Islamischen Dschihad, die einen weiteren Terroranschlag geplant hätten, teilte das israelische Militär auf Telegram mit.

USA verlegen hochmodernes Raketenabwehrsystem

Angesichts der drohenden Eskalation in dem Konflikt ordnete das Pentagon die Verlegung weiterer Waffensysteme ins östliche Mittelmeer an – vor allem als Warnung an die Hisbollah und den Iran. Wie viele zusätzliche US-Truppen in der Region stationiert werden sollen, sagte Austin nicht.

Die Waffenverlegung folgte nach Gesprächen mit US-Präsident Joe Biden über die „jüngsten Eskalationen durch den Iran und seine Stellvertreter“ in der gesamten Nahostregion, gab US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in einer Mitteilung bekannt. Er habe die Stationierung einer Batterie des hochmodernen Raketenabwehrsystems THAAD sowie Einheiten des schlagkräftigen Patriot-Luftabwehrsystems in der Region befohlen. Zuvor hatten die USA zur Abschreckung bereits mehrere Kriegsschiffe und Luftwaffengeschwader in die Region verlegt.

Sie dienten zur Abschreckung, zum erhöhten Schutz der US-Streitkräfte in der Region und zur Unterstützung der Verteidigung Israels, hieß es.

Syrien: Zwei Flughäfen außer Betrieb

Die beiden wichtigsten Flughäfen in Syrien wurden durch Israel außer Betrieb gesetzt. Am frühen Sonntagmorgen seien bei Luftangriffen auf die internationalen Flughäfen in Damaskus und Aleppo ein ziviler Flughafenangestellter getötet und ein weiterer verletzt worden, zitierte die staatliche syrische Nachrichtenagentur „Sana“ Sicherheitskreise.

„Erhebliche Schäden an den Start- und Landebahnen“ hätten zu einer Einstellung des Flugbetriebs an beiden Flughäfen geführt, hieß es weiter. Die „gleichzeitigen“ Angriffe erfolgten laut den Sicherheitskreisen aus Richtung der Mittelmeerküste im Westen des Landes und den von Israel besetzten Golanhöhen. Wie das syrische Verkehrsministerium mitteilte, wurden Flüge über den Flughafen Latakia umgeleitet.

UN zur Lage im Gazastreifen: Die Welt muss mehr tun

Die humanitären UN-Organisationen warnen ungeachtet der ersten Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen vor einer weiter drohenden Verschlechterung der Lage dort. Sie forderten am Samstagabend eine Feuerpause und ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer und Hilfsgüter. Am Samstag waren nach langwierigen Verhandlungen erstmals 20 Lastwagen mit Hilfsgütern von Ägypten aus in den Gazastreifen gelassen worden.

Die von Ägypten einberufene Nahost-Konferenz endete ohne belastbare Ergebnisse. Israel selbst war nicht eingeladen worden. Die Teilnehmer konnten sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen, auch wenn viele ihre Sorge über eine Ausbreitung der Krise ausdrückten. Im Zentrum des Treffens standen Bemühungen, eine diplomatische Lösung für den Konflikt zu finden und die Versorgungslage für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu verbessern.

Ägyptens Präsident Al-Sisi erklärte zu Beginn der Konferenz, dass die Zweistaatenlösung wieder verfolgt werden müsse, da sich der Konflikt anders nicht befrieden lasse. Der König Jordaniens übte scharfe Kritik an den Angriffen Israels auf den Gazastreifen. Er bezeichnete das Bombardement als „kollektive Strafe“ für die Bevölkerung und sieht darin einen „eklatanten Bruch des Völkerrechts“.

EU-Ratspräsident Charles Michel bekräftigte hingegen das Recht Israels, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen. Ein weiterer Rückschlag bestand darin, dass der Emir von Katar den Gipfel vorzeitig verließ. Das Emirat gilt als potenziell wichtiger Vermittler und soll zuvor eine Rolle bei der Freilassung von zwei US-Staatsbürgern gespielt haben. UN-Generalsekretär António Guterres forderte nach dem Gipfel „sofortige, uneingeschränkte und nachhaltige humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza“.

Diplomatie um Geiseln

Nach der Freilassung zweier US-Geiseln aus Gefangenschaft der Hamas gibt es vorsichtige Hoffnung auf Freilassung weiterer Geiseln. Dies sei „ein kleiner Funken Hoffnung auch für andere“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem Nahost-Gipfel in Kairo. Die Geiseln, darunter Deutsche, seien dabei zentrales Thema gewesen.

Katar, das die Freilassung der ersten beiden Geiseln vermittelt hatte, äußerte sich optimistisch. „Wir sind auf einem Weg, der sehr bald zur Freilassung der Geiseln, insbesondere der Zivilisten, führen wird“, sagte Madschid al-Ansari, Sprecher des Außenministeriums, der „Welt am Sonntag“. Über eine Freilassung israelischer Soldaten will die Hamas laut einem Sprecher aber erst nach dem Krieg verhandeln.

Israel vermutet, dass die Hamas ihre Geiselstrategie etwas geändert habe, um an die Hilfsgüter zu gelangen. Derweil wollen nach israelischen Militärangaben mehr ultraorthodoxe Juden in der Armee dienen. Die Anfragen aus dieser Gruppe nähmen im Gaza-Krieg zu, sagte Armeesprecher Hagari am Samstag. Viele strengreligiöse Männer versuchen normalerweise, den Militärdienst zu vermeiden, was in anderen Bevölkerungsteilen für großen Ärger sorgt. Die Armee habe in den vergangenen Tagen nun aber mehr als 2.000 Anfragen von Ultraorthodoxen erhalten. Ab Montag will das Militär eigenen Angaben nach mit der Einberufung der Freiwilligen beginnen.

(Mit Material der Agenturen)



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