Israel: Hisbollah-Chef Nasrallah bei Angriff getötet – Droht eine weitere Eskalation in Nahost?
Die israelische Armee hat bei ihrem Angriff in der libanesischen Hauptstadt Beirut am Freitag nach eigenen Angaben Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet. „Hassan Nasrallah ist tot“, erklärte Armeesprecher Nadav Shoshani am Samstag im Onlinedienst X. Armeesprecher David Avraham bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, Nasrallah sei bei den Angriffen auf die libanesische Hauptstadt am Freitag „eliminiert“ worden.
Aus dem Umfeld der Hisbollah verlautete am Samstag, die proiranische Miliz habe am Freitagabend den „Kontakt“ zu ihrem Anführer „verloren“. Nasrallahs Tod wollte die Quelle aber nicht bestätigen. Offiziell hat sich die Hisbollah bisher nicht zu Berichten über Nasrallahs Tod geäußert.
Mehrere Szenarien wären jetzt möglich: Die Hisbollah könnte den Kampf vorerst aufgeben, den Beschuss Israels beenden, einer Waffenruhe zustimmen und sich – wie es eine UN-Resolution vorsieht – rund 30 Kilometer von der Grenze entfernt zurückziehen. Israel hätte ein Kriegsziel erreicht, wenn mehr als 60.000 Menschen in ihrer Häuser und Wohnungen im Norden des Landes zurückkehren können.
Oder die Hisbollah weitet die Angriffe gegen Israel aus und greift mit modernsten Raketen israelische Städte und militärische Ziele an. Fraglich ist auch, inwieweit der Iran der Hisbollah zu Hilfe eilt. Auch im Libanon ist unklar, in welcher Form die militärisch, politisch und sozial sehr mächtige Organisation fortbestehen wird.
Angriffe Hisbollah-Ziele gehen weiter
Am Samstag hat Israels Armee weitere Angriffe auf Hisbollah-Ziele im Osten des Libanon geflogen. Die Angriffe richteten sich gegen „Terrorziele der Terrororganisation Hisbollah in der Region Bekaa im Osten des Libanon“, teilte die Armee mit. Im Norden Israels wurde den Angaben zufolge wegen neuer Raketenangriffe der Hisbollah Luftalarm ausgelöst.
Die Hisbollah erklärte, sie habe am Samstag den Kibbuz Kabri in Nordisrael „mit einer Salve von Fadi-1-Raketen“ beschossen, um „den Libanon und sein Volk zu verteidigen und auf die barbarischen“ israelischen Angriffe „auf Städte, Dörfer und Zivilisten zu reagieren“.
Rund ein Jahr nach dem brutalen Überfall der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober spitzt sich auch der Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah im Libanon deutlich zu. Israel reagiert seit Anfang der Woche mit massiven Luftangriffen im Libanon auf den Dauerbeschuss der Schiitenmiliz seit dem 8. Oktober.
Israelische Armee: Mehrere Hisbollah-Kommandeure im Südlibanon getötet
Am Freitag bombardierte Israel unter anderem das Hauptquartier der Hisbollah im Süden von Beirut. Nach Angaben der israelischen Armee wurden dabei mehrere hochrangige Kommandeure der Miliz getötet, darunter den Kommandeur der Hisbollah-Raketeneinheit im Südlibanon. Israelische Kampfjets hätten bei einem Luftangriff „Muhammad Ali Ismail, den Kommandeur der Hisbollah-Raketeneinheit im Südlibanon, und seinen Stellvertreter“ getötet, erklärte die israelische Armee am Samstag im Onlinedienst Telegram. Zudem seien „andere Hisbollah-Kommandeure und Terroristen ausgeschaltet“ worden.
Weiter hieß es in der Erklärung, Ismail sei „für zahlreiche Terrorakte verantwortlich“ gewesen. Dazu gehörten „der Abschuss von Raketen auf das Gebiet des Staates Israel und der Abschuss einer Boden-Boden-Rakete auf das Zentrum des Landes am Mittwoch“.
Die „anderen hochrangigen“ Kommandeure gehörten demnach ebenfalls zur Raketenabteilung der Miliz. Namentlich nannte die israelische Armee außer Ismail zudem den Hisbollah-Kommandeur Ibrahim Muhammad Kabisi – auch er wurde demnach bei dem Angriff getötet. Die Hisbollah hat die Angaben zunächst weder bestätigt noch dementiert.
Weißes Haus: Biden will US-Streitkräfte in Nahost „bei Bedarf anpassen“
Nach israelischen Angriffen hat US-Präsident Joe Binden angeordnet, die US-Streitkräfte im Nahen Osten „bei Bedarf“ anzupassen. Biden habe das Pentagon angewiesen, „die US-Streitkräfte in der Region zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen, um die Abschreckung zu verstärken, den Schutz der Streitkräfte zu gewährleisten und das gesamte Spektrum der US-Ziele zu unterstützen“, erklärte das Weiße Haus am Freitag. Biden habe zudem die US-Botschaften in der Region angewiesen, „alle angemessenen Schutzmaßnahmen zu ergreifen“.
Der US-Präsident, der am Freitag in sein Strandhaus im Ostküstenstaat Delaware gereist sei, sei mehrfach von seinem Nationalen Sicherheitsteam über die Lage informiert worden, fügte das Weiße Haus hinzu.
Biden hatte zuvor bestätigt, dass „die Vereinigten Staaten keine Kenntnis von der (israelischen) Aktion hatten und auch nicht daran beteiligt waren“. Vor Journalisten sagte der US-Präsident: „Wir tragen Informationen zusammen.“
Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, die USA seien vorab nicht über die Angriffe seines engen Verbündeten Israel informiert gewesen. Er habe mit seinem israelischen Kollegen Yoav Gallant telefoniert, „als Israels Operation bereits im Gange war“.
Die Hisbollah ist mit der Hamas verbündet, die mit ihrem beispiellosen Großangriff auf Israel den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte. Seit Beginn des Gaza-Krieges verstärkte die Hisbollah ihre nahezu täglichen Angriffe auf Israel zunehmend. (afp/red)
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