Israel: Hamas will Schicksal ihres Militärchefs verschleiern – sein Tod hätte gravierende Auswirkungen

Mohammed Deif – eine der Schlüsselfiguren der Hamas – gilt als einer der von Israel meistgesuchten Terroristen. Nach dem Luftangriff auf ihn sagt die Hamas, er lebe. Israels Armee meint dazu nur: Wartet es ab. Und setzt den Kampf fort.
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Israelische Panzer an der Grenze zum Gazastreifen im Süden Israels am 14. Juli 2024.Foto: Menahem Kahana/AFP via Getty Images
Epoch Times15. Juli 2024

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Israels Armee bemüht sich nach ihrem Luftangriff auf den Militärchef der islamistischen Hamas intensiv um Klärung seines Schicksals. Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi warf der Hamas vor, dies verhindern zu wollen. „Es ist noch zu früh, um auf die Ergebnisse des Schlags zu schließen, die die Hamas zu verbergen versucht“.

Die Armee hatte Mohammed Deif am 13. Juli bei Chan Junis im Süden Gazas angegriffen. Dutzende Menschen wurde getötet. Ob Deif unter den Toten ist, ist noch unklar.

Es sei „sehr schwer zu glauben“, dass jemand den Luftangriff überlebt habe, zitierte das „Wall Street Journal“ Yossi Kuperwasser, ehemaliger Leiter der Forschungsabteilung des israelischen Militärgeheimdienstes.

Es könne aber noch Tage oder Wochen dauern, bis Israel genügend Informationen habe, um sicher sagen zu können, was mit Deif geschehen ist. Israels Armee hatte im März die Tötung von Deifs Stellvertreter Marwan Issa erst zwei Wochen nach dem Angriff auf ihn bestätigt. Die Hamas hat Issas Tod dagegen nie bestätigt.

Wofür ist oder war Deif zuständig?

Ein Vertreter der Hamas in Beirut bestritt am Sonntag, dass ihr Militärchef in Gaza getötet worden sei. Deif wird oft das „Phantom“ genannt. Der 58-Jährige soll mindestens sieben israelische Anschläge überlebt haben. Die Frage ist nun, ob er auch den achten überlebt hat. Er ist der Stellvertreter des Chefs der Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar.

Mohammed Deif, der militärische Chef der Hamas, ist oder war eine Schlüsselfigur für viele wichtige Aspekte der militanten Aktivitäten der Organisation – und unter anderem für strategischen Planungen sowie Angriffe verantwortlich.

Deif ist der Chef der Ezzedeen al-Qassam-Brigaden, des militärischen Flügels der Hamas und Organisator von Großangriffen, von Selbstmordattentat-Kampagnen, Entführungen, von Waffenbeschaffungen. Er spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Tunnelsysteme, der Koordination der Raketenangriffe der Hamas oder auch der Gründung der Schatteneinheit zur Bewachung von Gefangenen.

Er war einer der Drahtzieher des Überraschungsangriffs auf Israel am 7. Oktober 2024, der den jüngsten Konflikt in Gaza auslöste. In den 1990er und frühen 2000er Jahren steckte Deif hinter zahlreichen Selbstmordattentaten, darunter die Busanschläge auf der Jaffa Road 1996. In den 1990er Jahren leitete er die Entführungen und Tötungen israelischer Soldaten.

Deif ist für die Beschaffung von Waffen aus dem Ausland durch die Qassam-Brigaden verantwortlich, darunter auch für den Transfer und die Herstellung iranischer Raketen in Gaza. Er war an der Entwicklung komplizierter Tunnelsysteme in Gaza beteiligt. Deif hat auch eine Rolle bei der Entwicklung der Raketenfähigkeiten der Hamas gespielt.

Er ist oder war ein strategischer Planer, ihm wird zugeschrieben, dass er die al-Qassam-Brigaden von Amateurzellen in organisierte Militäreinheiten verwandelt hat, die in der Lage sind, Israel anzugreifen. Deif gründete die „Schatteneinheit“ innerhalb der al-Qassam-Brigaden, die für die Bewachung und das Verstecken feindlicher Gefangener zuständig war.

Während seiner gesamten Laufbahn war Mohammed Deif eine der Hauptpersonen in den militärischen Operationen der Hamas. Er entging immer wieder israelischen Attentatsversuchen und leitete gleichzeitig die bewaffneten Aktivitäten der Organisation gegen Israel.

Welche Auswirkungen hätte der Tod von Deif auf die Hamas?

Deif ist eine zentrale Figur innerhalb der Hamas und hat maßgeblich zur Entwicklung ihrer militärischen Fähigkeiten beigetragen. Sein Tod würde die Organisation eines erfahrenen und strategisch wichtigen Anführers berauben. Zudem ist Deif nicht nur ein militärischer, sondern auch ein moralischer und symbolischer Führer. Sein Überleben trotz zahlreicher Attentatsversuche hat ihm einen legendären Status verliehen, sein Tod könnte die Moral der Hamas und ihrer Unterstützer beeinträchtigen.

Sein Tod hinterließe eine große strategische Lücke bei der Hamas. Der Verlust eines so wichtigen Führers könnte zu internen Machtkämpfen innerhalb der Hamas führen, da verschiedene Fraktionen um die Nachfolge und Kontrolle ringen könnten.

Sollte Deif tatsächlich nicht mehr am Leben sein, wäre er der ranghöchste Hamas-Anführer, der von Israel in dem seit mehr als neun Monaten andauernden Gaza-Krieg getötet wurde.

Am Sonntag bestätigte das israelische Militär, dass bei dem Luftangriff der Kommandant der Chan-Junis-Brigade der Hamas, Rafa Salama, getötet wurde. Er galt als enger Mitarbeiter von Deif, der sich zum Zeitpunkt des Luftangriffs an seiner Seite befunden haben soll.

Israel: Hamas nutzt Schulen und Zivilisten als Schutzschild

Unterdessen sind bei einem weiteren Luftangriff auf ein Schulgebäude im Flüchtlingsviertel Nuseirat im mittleren Abschnitt des abgeriegelten Gazastreifens nach palästinensischen Angaben etwa 15 Menschen getötet worden. Dutzende Menschen seien verletzt worden, gab die Hamas bekannt.

Israels Militär teilte zuvor mit, dass es mehrere Terroristen der Hamas im Areal einer Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA angegriffen habe. Sie habe den Terroristen als Versteck und Operationsbasis für Attacken auf Israels Truppen gedient. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Im Vorfeld des Angriffs habe die Armee zahlreiche Schritte unternommen, um das Risiko für Zivilisten zu minimieren, hieß es.

In Nuseirat hatte Israels Armee erst kürzlich nach eigenen Angaben mehrere in einem Schulgebäude verschanzte Terroristen aus der Luft angegriffen. Kurz zuvor waren bei einem Angriff auf eine ehemalige UNRWA-Schule, die seit Ausbruch des Gaza-Kriegs als Flüchtlingsunterkunft diente, nach Angaben der Hamas 16 Menschen ums Leben gekommen.

Die israelische Armee wies einmal mehr darauf hin, dass die Terrororganisation systematisch gegen internationale Gesetze verstoße, indem sie zivile Einrichtungen wie Schulen und die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde für Terroranschläge gegen den Staat Israel missbrauche.

Ein Foto wäre aussagefähig

Israel dürfte daher besonders sorgfältig vorgehen, um festzustellen, ob er diesmal getötet wurde, sagte Kuperwasser dem „Wall Street Journal“. Ein Foto seiner Leiche wäre aussagekräftiger als Geheimdienstinformationen, sagte er.

Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem Luftangriff mindestens 90 Menschen getötet. Mindestens 300 weitere seien in der humanitären Zone Al-Mawasi verletzt worden, teilte die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit. Auch diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Nach Angaben eines israelischen Armeevertreters war das Ziel des Luftangriffs eine abgezäunte, bewachte Hamas-Basis, die in der von Israel so deklarierten humanitären Zone westlich von Chan Junis gelegen habe.

Hamas: Verhandlungen nicht abgebrochen

Ein Vertreter des politischen Flügels der Hamas dementierte Berichte, wonach die indirekten Verhandlungen mit Israel über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln abgebrochen werden.

Es treffe nicht zu, dass die Hamas eine solche Entscheidung nach dem israelischen Luftangriff getroffen habe, hieß es.

Israelischen Medienberichten zufolge will der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Daniel Barnea, in den kommenden Tagen zu einer weiteren Runde der Geisel-Gespräche in die katarische Hauptstadt Doha reisen.

Bei den seit Monaten laufenden indirekten Verhandlungen, bei denen Katar, Ägypten und die USA vermitteln, geht es um den Austausch der verbliebenen Geiseln in der Gewalt der Hamas gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen sowie eine Waffenruhe und die Lieferung humanitärer Hilfsgüter. Die indirekten Gespräche verlaufen schleppend. (dpa/red)



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