Israel: Hamas-Struktur im Norden zerstört – Baerbock reist erneut nach Israel

Die Hamas-Strukturen im Gazastreifen bröckeln weiter. Außerdem will Israel neue Informationen über einen lange untergetauchten Drahtzieher der Attacke vom 7. Oktober erlangt haben.
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In der Nähe des Gazastreifens am 4. Januar 2024.Foto: JACK GUEZ/AFP via Getty Images
Epoch Times7. Januar 2024

Israel hat mit seiner Offensive im Gazastreifen nach eigenen Angaben die militärische Struktur der radikalislamistischen Terrororganisation Hamas im Norden des Küstengebiets demontiert. Bei den Einsätzen gelangte das Militär außerdem in den Besitz wichtiger geheimdienstrelevanter Informationen.

Unterdessen arbeiten westliche Chefdiplomaten mit Ländern in der Region weiter an einer Deeskalation des Konflikts. Ein Deal über die noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln könnte aus Sicht des vermittelnden Golfemirats Katar nach der Tötung eines wichtigen Hamas-Anführer im Libanon schwieriger werden, wie es in einem Bericht heißt.

In der Nacht griff die israelische Luftwaffe unterdessen die Stadt Dschenin im Westjordanland an. Ersten Berichten vom Morgen zufolge gab es dabei mehrere Todesopfer.

Sechs Tote bei israelischem Luftangriff im Westjordanland

Sechs Menschen sind palästinensischen Angaben zufolge bei einem israelischen Luftangriff im Westjordanland ums Leben gekommen. Die getöteten Palästinenser seien zwischen 18 und 29 Jahre alt, teilte die palästinensische Gesundheitsbehörde in Ramallah mit. Eine weitere Person sei schwer verletzt worden.

Israelischen Medienberichten zufolge wurde auch eine 19 Jahre alte Grenzpolizistin bei dem Anti-Terror-Einsatz in Dschenin in der Nacht getötet. Auch drei weitere Sicherheitskräfte seien verletzt worden. Ihr Wagen wurde den Angaben nach von einem Sprengsatz getroffen. Die Armee teilte auf Anfrage mit, sie werde sich zu einem späteren Zeitpunkt zu dem Vorfall äußern.

Der Luftangriff in der Stadt Dschenin traf Berichten zufolge eine Zusammenkunft mehrerer Anwohner. Demnach kam es dort zuvor zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee. Die genauen Umstände des Vorfalls waren zunächst unklar.

Hamas-Struktur im Norden Gazas zerstört

In der Nacht zum Sonntag veröffentlichte Israels Armee auf X (Twitter) Videos zu dem Einsatz im Norden des Gazastreifens. Sprecher Daniel Hagari sagte, die Hamas habe vor Kriegsbeginn im Norden über zwei Brigaden mit zwölf Regimentern verfügt.

„Insgesamt waren es etwa 14.000 Terroristen“, sagte er. Seitdem seien zahlreiche Kommandeure getötet sowie Waffen und Munition zerstört worden. Die Soldaten hätten unterirdische Tunnel gefunden und demoliert.

Allein im Flüchtlingsviertel Dschabalia wurden laut Hagari acht Kilometer unterirdischer Tunnel sowie 40 Eingänge gefunden. In dem Bereich funktioniere die Hamas nicht mehr auf organisierte Weise.

Es gibt in Dschabalia immer noch Terroristen, aber jetzt agieren sie ohne Rahmen und ohne Kommandeure.“

Er erwarte aber weiter sporadische Raketenangriffe auf Israel aus diesem Bereich. Die Armee will sich nach eigenen Angaben nun darauf konzentrieren, die Hamas-Strukturen im Zentrum und Süden des Gazastreifens zu zerstören. Nach Israels Darstellung sind bisher rund 8.000 Terroristen getötet worden.

Auslöser des Gaza-Kriegs war die verheerende Terrorattacke der Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Mögliches Foto von Hamas-Phantom

Im Zuge der Offensive scheint Israel auch neue Erkenntnisse zu einem untergetauchten Hamas-Führungsmitglied erlangt zu haben. Die Armee veröffentlichte ein Foto, das den Chef des bewaffneten Arms der Hamas, Mohammed Deif, zeigen soll.

Darauf ist ein grauhaariger, bärtiger Mann zu sehen, der in der linken Hand mehrere Geldscheine und in der rechten Hand einen Plastikbecher mit einer Flüssigkeit hält. Bis Kriegsbeginn hatte Israel nur sehr alte Fotos von dem Mann, der als einer der zentralen Drahtzieher des Terrorangriffs gilt. Im Dezember tauchte ein neueres Bild von Deif auf. Jahrelang galt er als Phantom und überlebte bereits zahlreiche Tötungsversuche Israels.

Israel war lange davon ausgegangen, dass Deif mehrere Gliedmaßen verloren hatte. Im Dezember berichteten israelische Medien aber, die Armee habe ein Video gefunden, das Deif mit beiden Armen und beiden Beinen zeige.

„Gemeinsam mit (dem Inlandsgeheimdienst) Schin Bet haben wir Terroraktivisten verhört“, sagte Hagari. „Das Ergebnis war, dass wir Informationen über ranghohe Hamas-Anführer erlangt haben, darunter auch Dokumentation von Mohammed Deif und auch Informationen über Hamas-Anführer, die sich außerhalb des Gazastreifens aufhalten.“

Beschuss im Norden Israels

Neben den Gefechten in Gaza wurde auch an Israels Nordgrenze zum Libanon wieder geschossen. Die Schiitenmiliz Hisbollah feuerte am Samstag nach eigenen Angaben insgesamt 62 Raketen auf Israel und damit mehr als sonst.

Die mit dem Iran und der Hamas verbündete Miliz visierte demnach eine Militärbasis nahe Meron in Nordisrael an. Der Angriff sei eine „erste Reaktion“ auf die Tötung des zweithöchsten Anführers der islamistischen Hamas im Ausland, Saleh al-Aruri, am Dienstag in Beirut gewesen, erklärte die Hisbollah. Sie vermutet Israel hinter der Tat.

Wegen der Tötung Al-Aruris geht das Golfemirat Katar davon aus, dass ein weiterer Deal zur Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas schwierig werden könnte. Das berichtete das Nachrichtenportal „Axios“ in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf eine israelische Quelle und einen katarischen Beamten. Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani habe dies mehreren Familien israelischer Geiseln, die ihn in der Hauptstadt Doha trafen, gesagt.

Netanjahu: Werden Hamas nirgendwo Immunität gewähren

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat erneut bekräftigt, dass der Krieg im Gazastreifen erst enden werde, wenn die Hamas vollständig besiegt sei und sich alle Geiseln in Sicherheit befänden. „Wir werden der Hamas nirgends Immunität gewähren“, sagte Netanjahu in einer am Abend veröffentlichten Videobotschaft.

„Wir kämpfen für die Wiederherstellung der Sicherheit sowohl im Süden als auch im Norden. Bis dahin und zu diesem Zweck müsst ihr alles beiseitelassen und mit gemeinsamen Kräften weitermachen, bis der vollständige Sieg errungen ist.“

Am Samstagabend kamen tausende Menschen zusammen und protestierten gegen den Kurs der Regierung. Zum Teil forderten die Demonstranten Netanjahu zum Rücktritt auf. Auch Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln und Anwohner der evakuierten Grenzgebiete nahmen an den Kundgebungen teil.

Kriegsschiff schießt von Huthi-Miliz gestartete Drohne ab

Ein US-Kriegsschiff hat nach Angaben der US-Streitkräfte erneut eine von der Huthi-Miliz im Jemen gestartete Drohne über dem Roten Meer abgeschossen. Keines der „mehreren“ Handelsschiffe in dem Gebiet sei beschädigt worden, erklärte das US-Zentralkommando Centcom am Samstag. Es gebe zudem keine Berichte über Verletzte.

Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen Anfang Oktober hat die Huthi-Miliz wiederholt Schiffe vor der Küste des Jemen attackiert. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden mehr als hundert Drohnen und Raketen abgefeuert. Um die Handelsschifffahrt zu schützen, gaben die USA die Bildung einer internationalen Militärkoalition bekannt.

Die Huthi sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten selbsternannten „Achse des Widerstands“. Dazu gehört neben der Hamas auch die schiitisch-islamistische Hisbollah-Miliz im Libanon.

Chefdiplomaten auf Nahost-Reise

Im Gazastreifen starben bei israelischen Angriffen unterdessen weiter Menschen. Die israelische Armee setzte ihren Kampf gegen die Hamas in verschiedenen Teilen des nur etwa 40 Kilometer langen und zwischen 6 und 12 Kilometer breiten Küstenstreifens fort.

In der schwer umkämpften Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens sei eine ungenannte Zahl von Gegnern getötet sowie Eingänge zu Hamas-Tunneln und Waffenlager zerstört worden.

In der Hoffnung, eine Deeskalation des Konflikts voranzutreiben besuchte US-Außenminister Antony Blinken Jordaniens Hauptstadt Amman.

„Jordanien ist ein entscheidender Partner, um dabei zu helfen, eine Ausweitung des Konflikts in der Region zu verhindern“, schrieb Blinkens Sprecher Matthew Miller in der Nacht auf X. Blinken will noch Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien sowie Israel, das Westjordanland und Ägypten besuchen. Parallel setzte sich EU-Chefdiplomat Josep Borrell im Libanon für eine Deeskalation ein.

Was am Sonntag wichtig wird

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist erneut nach Israel. Zum Beginn ihres Besuchs wollte die Grünen-Politikerin ihren neuen Amtskollegen Israel Katz treffen.

Geplant war auch ein Gespräch mit Präsident Izchak Herzog. Es dürfte darin um Bemühungen zur Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln gehen.

Zudem dürften die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen sowie eine mögliche Zweistaatenlösung nach Ende des Gaza-Krieges Thema sein. (dpa/dts/red)



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