Israel gegen Hisbollah: Schwerste Kämpfe im Südlibanon seit 2006

Die Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah eskalieren zur schwersten Auseinandersetzung seit 2006. Israelische Streitkräfte haben im Süden des Libanons massive Angriffe auf die vom Iran unterstützte Miliz gestartet, während Raketen auf den Norden Israels abgefeuert wurden. Tausende Zivilisten fliehen aus der Region.
Titelbild
Rauchschwaden steigen am 23. September 2024 von der Stelle eines israelischen Luftangriffs auf die Hisbollah-Stellungen der östlichen Gebiete von Baalbeck im Bekaa-Tal auf.Foto: -/AFP via Getty Images
Von 24. September 2024

Der Nahe Osten erlebt zurzeit die heftigste Eskalation zwischen Israel und der vom Iran gesteuerten Terrororganisation Hisbollah im Süden des Libanons seit Sommer 2006. Die israelischen Streitkräfte (IDF) gaben am Dienstag, 24. September, bekannt, im Laufe der vergangenen 24 Stunden mehr als 2.000 Ziele der Hisbollah getroffen zu haben.

Israel soll hinter der gleichzeitigen Explosion von Pagern und Funkgeräten in der vergangenen Woche stehen, die der Terrororganisation zugeordnet wurden. Dabei starben 39 Menschen und rund 3.000 wurden verletzt.

Heftigste Angriffe seit 2006: Israel bombardiert über 1.300 Hisbollah-Ziele

Das libanesische Gesundheitsministerium spricht laut „Sky News“ von mittlerweile 492 Todesopfern infolge der israelischen Großoffensive und über 1.800 Verletzten. Unter den Getöteten sollen auch Zivilisten sein, darunter 94 Frauen und 50 Kinder. Israel hatte am Vortag die zivile Bevölkerung im Libanon aufgefordert, die Gegenden um Häuser, in denen die Hisbollah Waffen lagert, zu verlassen.

Die Regierung in Jerusalem wirft der Miliz vor, private Häuser und belebte Ortszentren als Abschussrampen für Marschflugkörper, Raketen und Drohnen zu nutzen. Auf diese Weise gefährde sie bewusst das Leben von Bewohnern des Libanons. Unterdessen hat die Hisbollah Angaben der IDF zufolge am Dienstagmorgen mindestens 75 und am Montag rund 250 Raketen auf den Norden Israels abgefeuert.

Fluchtwelle im Südlibanon: Tausende suchen Schutz vor Luftanschlägen

Unterdessen setzte eine breite Fluchtbewegung aus dem von der Hisbollah kontrollierten Süden in den Norden des Libanons ein. Die BBC berichtete von Tausenden Menschen, die sich auf den Weg in sicherere Gegenden gemacht hätten. Mittlerweile stellten mehrere internationale Fluglinien ihren Verkehr von und nach Beirut als auch Tel Aviv ein, darunter auch die Lufthansa.

Die IDF führten am Freitag Angriffe auf Hisbollah-Kader im Süden von Beirut aus. Israel spricht im Zusammenhang mit der Operation gegen die vom Iran gesteuerte Miliz von einem „Präventivschlag“. Staatspräsident Isaac Herzog erklärte, der Angriff auf ein Treffen der Führungskader der Radwan-Einheit sei bewusst zu diesem Zeitpunkt erfolgt.

Die Hisbollah-Eliteinheit habe eine großangelegte Invasion im Norden Galiläas nach dem Vorbild des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 geplant – ähnliche sadistische Folterungen und Tötungen von Zivilisten, Frauen und Kindern inbegriffen. In Abstimmung mit dem Iran habe die Terrormiliz einen solchen Schritt bereits seit langer Zeit ins Auge gefasst.

Israel will Invasion im Norden Galiläas verhindern – und Rückkehr Geflüchteter sichern

Bereits am vergangenen Mittwoch hatte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Gallant von einer „neuen Phase“ des Konflikts gesprochen. Auf dem Militärflughafen Ramat David betonte Gallant:

„Der Schwerpunkt verlagert sich nach Norden. Wir verlagern Kräfte, Ressourcen und Energie dorthin.“

Zuvor hatte das Sicherheitskabinett die offiziellen Ziele der israelischen Antiterroroperation gegen die Hamas in Gaza erweitert. Auf die Liste wurde auch „die sichere Rückkehr der Bewohner des Nordens in ihre Häuser“ gesetzt.

Die Rolle der Hisbollah im Libanon

Zu Kriegen zwischen der Hisbollah und Israel ist es bislang in den Jahren 1982 und 2006 gekommen. Die vom Iran gesteuerte Miliz fungiert im Libanon als eine Art Staat im Staate. Sie kontrolliert Teile der Hauptstadt Beirut, den Süden des Landes und das mehrheitlich schiitisch bewohnte Bekaa-Tal. Militärisch schätzt man sie als stärker als die reguläre libanesische Armee ein.

Die Regierungspolitik in Beirut wird faktisch in entscheidender Weise von der Hisbollah beeinflusst – entweder durch eigene Regierungsbündnisse mit schiitischen und christlichen Parteien oder durch zielgerichtete Blockaden im Parlament. Durch eine solche verhindert die Gruppierung auch derzeit eine gegen ihre Interessen gerichtete Regierungspolitik – obwohl ihre Verbündeten vor zwei Jahren die Parlamentsmehrheit verloren hatten.

Während die Hisbollah in Teilen der Bevölkerung, vorwiegend in der schiitischen Community und unter manchen christlichen Gruppen, Rückhalt genießt, werfen ihr andere Destabilisierung vor. Vor allem aber sorgt die Hisbollah im Libanon nicht nur für eine permanente Bedrohung Israels, sondern auch für einen bestimmenden Einfluss des Iran auf die Geschicke des Landes.

USA verstärken Truppenpräsenz – Washington warnt vor Eskalation

Die Terrormiliz begründete ihre neuerlichen Raketenangriffe auf Israel mit der „Solidarität“ gegenüber der Hamas. Nun will Jerusalem durch seine Offensive Anführer Hassan Nasrallah zum Einlenken bewegen. Die Hisbollah soll sich, wie seit im Jahr 2006 von der UN-Resolution 1701 vorgesehen, hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückziehen. Weder die libanesische Armee noch die UNIFIL-Mission setzen dieses Gebot jedoch durch.

Durch die Serie der jüngsten Angriffe, insbesondere die Eliminierung einer Vielzahl an Kadern und ihrer Kommunikationssysteme, scheint die Hisbollah geschwächt. Sollte sie jedoch ihre Attacken fortsetzen, könnte Israel sich zu einer Verstärkung der Angriffe auf deren Hochburgen in Beirut und die libanesische Infrastruktur gezwungen sehen. Hätte auch das nicht den gewünschten Effekt, wäre der Einsatz von Bodentruppen ein möglicher Schritt.

Die USA haben ihre Truppen in der Region verstärkt. Unterdessen warnt das Pentagon vor einer weiteren Eskalation des Konflikts. Gleichzeitig spricht sich Washington gegen eine Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte aus und bemüht sich hinter den Kulissen um eine diplomatische Deeskalation.



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