Israel gedenkt der Opfer des Hamas-Angriffs vor einem Jahr – Kämpfe gehen weiter

In Israel haben die Menschen am Montag der Opfer des Hamas-Überfalls vom 7. Oktober vergangenen Jahres gedacht. Unterdessen gingen die Kämpfe weiter: Israel meldet Raketenbeschuss aus dem Jemen und von der Hisbollah und griff auch selbst den Libanon an.
Israelis gedenken am Schauplatz des Nova-Musikfestivals der Opfer des Hamas-Massakers vor genau einem Jahr.
Israelis gedenken am Schauplatz des Nova-Musikfestivals der Opfer des Hamas-Massakers vor genau einem Jahr.Foto: Ariel Schalit/AP/dpa
Epoch Times7. Oktober 2024

Schweigeminuten, Gedenkfeiern, Ansprachen und viele Tränen: Am Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel haben die Menschen in dem Land und weltweit am Montag der Opfer der brutalen Attacke gedacht.

Am Gedenkort des Nova-Musikfestivals im Süden des Landes hielten die Anwesenden im Beisein von Israels Präsident Isaac Herzog um genau 06:29 Uhr – dem Beginn des Massakers vor einem Jahr – eine Schweigeminute ab. Weltweit bekundeten Regierungsvertreter ihre Solidarität mit den Opfern. Das Gedenken in Israel wurde allerdings überschattet von erneuten Hamas-Raketenangriffen.

Vor Beginn der Schweigeminute nahe des Kibbuz Reim, wo vor einem Jahr fast 400 Festivalteilnehmer getötet wurden, waren minutenlang die hypnotischen Klänge des letzten Musikstücks zu hören, das an jenem Morgen gespielt wurde – bevor die Musik abrupt abbrach.

Unter den Teilnehmern der Veranstaltung waren zahlreiche Angehörige der Opfer, viele in Tränen. Väter sprachen das Totengebet für ihre bei dem Festival getöteten Kinder, Trauernde entzündeten Kerzen.

Staatschef Herzog: 7. Oktober hinterlässt „Narbe auf der Menschheit“

Auch Israels Staatschef Isaak Herzog nahm an der Gedenkzeremonie nahe Reim teil. Er nannte den 7. Oktober 2023 einen Tag, der „eine Narbe auf der Menschheit“ hinterlasse. Es sei ein Tag gewesen, „an dem Tausende von grausamen Terroristen in unsere Häuser einbrachen, unsere Familien vergewaltigten, verbrannten, zerstückelten, entführten und unsere Bürger, unsere Brüder und Schwestern verschleppten“.

Unweit von Reim strömten derweil Tausende Menschen zu einer Zeremonie im Kibbuz Nir Oz. Von dessen einst 400 Bewohnern wurde bei dem Hamas-Angriff vor einem Jahr jeder vierte entweder getötet, in den Gazastreifen verschleppt oder gilt seither als vermisst.

Weitere Gedenkveranstaltungen wurden zudem in Jerusalem und Tel Aviv abgehalten. In Jerusalem versammelten sich Angehörige der Geiseln nahe der Residenz von Regierungschef Benjamin Netanjahu, darunter Schir Siegel, deren Vater Keith Siegel vor einem Jahr aus dem Kibbuz Kfar Aza entführt wurde. „Ein Jahr ist vergangen, aber eigentlich ist nur ein langer Tag vergangen, der sich wie eine Ewigkeit anfühlt“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.

In Tel Aviv kamen zahlreiche Opferfamilien bereits vor Sonnenaufgang zu einer Mahnwache zusammen. Viele von ihnen trugen Transparente und Plakate mit den Bildern ihrer verschleppten Familienmitglieder, die nach einem Jahr noch immer als Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden.

Ministerpräsident Netanjahu betonte anlässlich des Jahrestages die Notwendigkeit, die verbliebenen Geiseln zu retten. Er erklärte auch, Israel verändere die Sicherheitslage in der Region, „um sicherzustellen, dass sich ein Anschlag wie der vom 7. Oktober nicht wiederholt“.

Gedenken auch in Europa und den USA

Trotz der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen fanden in Israel den ganzen Tag über zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt. Gedenkfeiern wurden zudem unter anderem in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien abgehalten.

US-Präsident Joe Biden und Vize Kamala Harris prangerten die Hamas-Verbrechen an und gedachten der Opfer. Biden erklärte, der 7. Oktober werde wegen des von der Hamas entfachten Krieges als „schwarzer Tag“ für das palästinensische Volk in die Geschichte eingehen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb unter einem Post auf Hebräisch in Richtung Israels: „Wir fühlen mit Euch.“ Der britische Premier Keir Starmer bezeichnete den 7. Oktober als einen „Tag des Schmerzes und der Trauer“.

Kämpfe gehen weiter

Unterdessen hat die israelische Armee ihre Angriffe auf Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon fortgesetzt. Unter anderem wurde am Montag ein südlicher Vorort von Beirut attackiert, wie das Militär mitteilte.

Libanesischen Angaben zufolge wurde dabei auch die Umgebung des internationalen Flughafens der Hauptstadt getroffen. Die Hisbollah griff ihrerseits nach eigenen Angaben israelische Stellungen im Südlibanon mit Raketen an.

Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie habe einen „gezielten“ Angriff gegen den südlichen Vorort Dahijeh geflogen, eine „wichtige Hisbollah-Hochburg“. Bereits zuvor hatte das Militär mitgeteilt, es führe „bedeutende“ Angriffe auf Hisbollah-Ziele im Südlibanon aus.

Libanesische Staatsmedien berichteten von „Dutzenden“ Angriffen auf Ortschaften im Süden. Innerhalb einer halben Stunde seien mehr als 30 Städte und Dörfer im Bezirk Tyros getroffen worden.

Der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant kündigte an, der Kampf gegen die „Feinde“ Israels werde fortgesetzt. „Wir haben die große Verpflichtung, jede notwendige Maßnahme zu ergreifen, um unsere Feinde zu besiegen und unser Heimatland zu verteidigen“, erklärte er.

Zum Hauptquartier des Hisbollah-Geheimdienstes gehörende Ziele in Beirut getroffen

Die israelische Armee hatte bereits in der Nacht zum Montag laut eigenen Angaben „terroristische Ziele“ der Hisbollah-Miliz und Einrichtungen zur Lagerung von Waffen in südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt angegriffen. Zudem hätten israelische Kampfflugzeuge Ziele getroffen, die zum Hauptquartier des Hisbollah-Geheimdienstes in Beirut gehörten, erklärte das Militär.

Die israelische Armee verstärkte zudem laut eigenen Angaben auch ihre Truppenstärke im Libanon. Für die Bodeneinsätze gegen Hisbollah-Ziele wurde eine weitere Division entsandt, teilte die Armee mit. Es ist die dritte Truppengruppierung in Divisionsstärke, die gegen die Hisbollah eingesetzt wird.

Die israelischen Streitkräfte gaben auch den Tod zwei weiterer ihrer Soldaten bei Kämpfen an der libanesischen Grenze bekannt.

In einem Jahr insgesamt 115 Einsatz- und Rettungskräfte im Libanon getötet

Im Libanon wurden nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums zehn Feuerwehrleute bei einem nächtlichen israelischen Angriff auf eine Feuerwache in Baraaschit im Süden des Landes getötet. Die Einsatzkräfte waren demnach zu dem Zeitpunkt gerade dabei, die Wache für einen Rettungseinsatz zu verlassen.

Damit wurden laut einer auf offiziellen libanesischen Zahlen basierenden Berechnung der Nachrichtenagentur AFP binnen eines Jahres mindestens 115 Mitglieder von Einsatz- und Rettungskräften im Libanon bei dem Konflikt zwischen der pro-iranischen Hisbollah und der israelischen Armee getötet.

Insgesamt wurden seit dem Beginn der Kämpfe zwischen der Hisbollah-Miliz und der israelischen Armee vor einem Jahr laut libanesischen Angaben 2.000 Menschen getötet.

Der jordanische Außenminister Ajman Safadi sagte bei einem Besuch im Libanon, die „israelische Aggression, (…) die in Gaza begonnen hat und jetzt im Libanon weitergeht, treibt die gesamte Region in den Abgrund eines ausgewachsenen Krieges“.

Hisbollah zielt auf israelische Stellungen

Vom Gazastreifen aus feuerte die radikalislamische Hamas nach eigenen Angaben nur wenige Minuten nach Beginn der israelischen Gedenkfeiern erneut Raketen auf den Süden Israels ab. Die israelische Armee fing nach eigenen Angaben drei Raketen ab, eine vierte schlug demnach auf unbewohntem Gebiet ein. Zudem habe die Luftwaffe Raketen-Abschussbasen der Hamas und „unterirdische terroristische Infrastruktur“ im gesamten Gazastreifen beschossen, erklärte ein Armeesprecher.

Auch im Großraum Tel Aviv gab es Luftalarm: Die Hamas erklärte, sie habe Tel Aviv mit einer Raketensalve beschossen. Auch in anderen Orten in der Mitte des Landes heulten am Jahrestag ebenfalls die Sirenen, mutmaßlich in Zusammenhang mit Raketenbeschuss der im Jemen ansässigen Huthi-Miliz. Das israelische Militär teilte mit, die genauem Umstände zu untersuchen. Der Angriff sei jedenfalls erfolgreich abgewehrt worden. Ein AFP-Reporter in der Küstenmetropole hörte Detonationen von Abfangraketen.

Zuvor hatte die Armee Beschuss mit „135 Geschossen“ von der Hisbollah aus dem Libanon gemeldet. Auch hier wurde großflächig im Norden Israels Raketenalarm ausgelöst. Angaben über mögliche Opfer oder Sachschäden lagen zunächst nicht vor.

Die Hisbollah feuerte nach eigenen Angaben Raketen auf israelische Stellungen in Marun al-Ras im Südlibanon ab. Zudem seien israelische Truppen im nahegelegenen Dorf Blida mit einem „Sperrfeuer aus Raketen und Artilleriegranaten“ bombardiert.

Zuvor hatte die Hisbollah erklärt, einen Militärstützpunkt nahe der nordisraelischen Stadt Haifa angegriffen zu haben und zudem zwei Drohnenangriffe auf einen weiteren Militärstützpunkt in dem Gebiet im Norden von Israel ausgeführt zu haben. Laut der israelischen Armee feuerte die Hisbollah am Montag bis zum Nachmittag etwa 135 Geschosse auf Israel ab.

Die Kämpfe gegen Israel würden unvermindert weitergeführt, kündigte die Hisbollah-Miliz am Jahrestag des Hamas-Überfalls an. Die Hisbollah und der Libanon hätten einen „hohen Preis“ dafür gezahlt, dass die Miliz ab dem 8. Oktober 2023 eine „Unterstützungsfront“ im Kampf gegen Israel eröffnet habe. Dennoch werde die Hisbollah ihren „Widerstand gegen die israelische Aggression fortsetzen“, hieß es in einer Erklärung.

Hunderte Terroristen der Hamas und verbündeter islamistischer Palästinensergruppen hatten vor einem Jahr den Grenzzaun zwischen dem Gazastreifen und Israel durchbrochen. In mehreren südisraelischen Ortschaften, auf dem Nova-Musikfestival und als Geiseln im Gazastreifen wurden israelischen Angaben zufolge insgesamt 1.205 Menschen getötet, überwiegend Zivilisten.

Von den 251 von der Hamas verschleppten Geiseln werden derzeit noch 97 im Gazastreifen festgehalten, 34 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee tot. Israel geht seit dem Hamas-Terrorangriff vor einem Jahr massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, mehr als 41.900 Menschen getötet.

Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 mit Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Israel verstärkte zuletzt seinerseits seine Angriffe gegen Hisbollah-Ziele, dabei wurden Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und andere hochrangige Kommandeure der Miliz getötet.

Vor rund einer Woche gab Israel zudem den Beginn von „begrenzten und gezielten“ Bodeneinsätzen gegen die Hisbollah im Südlibanon bekannt. Der Iran reagierte mit Raketenangriffen auf Israel, das daraufhin mit Vergeltung droht. Eine israelische Reaktion wird schon bald erwartet. (afp/dts/red)

 



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