IS-Gruppe will USA und Taliban gleichzeitig bekämpfen: Wer steckt hinter ISKP?
Noch am Tag des schweren Anschlags auf den Flughafen von Kabul, bei dem am Donnerstag (26.8.) mindestens 12 US-Soldaten und 60 Zivilisten ums Leben gekommen waren, hat sich die Terrororganisation „Islamischer Staat – Provinz Khorasan“ (ISKP oder ISIS-K) zu der Selbstmordattacke bekannt.
Der Anschlag kam nur wenige Tage nach einer Warnung vor erhöhter Terrorgefahr im Umfeld des Flughafens, von dem aus die USA noch bis 31. August die Evakuierung von Hilfskräften nach der Machtübernahme durch die Taliban koordinieren.
USA rechneten mit möglichen Angriffen
Der IS-Ableger ISKP entstand bereits vor sechs Jahren im Osten Afghanistans. Bereits damals warnten US-Geheimdienste vor den Gefahren, die von der Abspaltung ausgehen könne. Einem ihrer Kämpfer gelang es am Donnerstag, sich mit einer am Körper befestigten Bombe in eine Menge von Afghanen vor den von US-Soldaten kontrollierten Flughafentoren zu schmuggeln.
Die US-Geheimdienste hatten bereits in den vergangenen Tagen mit einer Offensive der Gruppe gerechnet, die in Afghanistan und mehreren Nachbarländern aktiv ist. US-Präsident Joe Biden hatte auch das Risiko von Anschlägen durch den IS als Grund genannt, am Dienstag als Fristende für den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan festzuhalten.
In einem Gespräch mit CNN hatte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, bereits am Sonntag geäußert:
Eine der Eventualitäten, auf die wir uns sehr konzentrieren, ist das Potenzial für einen Terroranschlag durch eine Gruppe wie ISIS-K, die natürlich ein eingeschworener Feind der Taliban ist, also werden wir weiter daran arbeiten, die Risiken zu minimieren und die Zahl der Menschen in Flugzeugen zu maximieren.“
Noch Ende 2019 galt ISKP als weitgehend eliminiert
Die Gründung von ISKP ist eine Konsequenz der Bemühungen des terroristischen IS, Mitte der 2010er-Jahre ihre geografische Reichweite über den Irak und Syrien hinaus auszudehnen.
Die Gründung des Ablegers erfolgte im Januar 2015 in der ostafghanischen Provinz Nangarhar und setzte sich vorwiegend aus Überläufern der Taliban zusammen, die damals von den NATO-Truppen und deren afghanischen Verbündeten vor Ort verhältnismäßig erfolgreich militärisch in Schach gehalten wurden.
Das Center for Strategic and International Studies macht die Gruppe für fast 100 Angriffe auf Zivilisten in Afghanistan und Pakistan sowie für rund 250 Zusammenstöße mit den US-amerikanischen, afghanischen und pakistanischen Sicherheitskräften seit Januar 2017 verantwortlich.
Sowohl die USA als auch die Taliban gingen im Osten Afghanistans massiv gegen die Gruppe vor, die USA setzten 2017 sogar die wirkungsstärkste nichtatomare Bombe aus ihrem Arsenal gegen den ISKP ein. Ende 2019 galt die Vereinigung als „fast ausgerottet“.
Taliban sagen Kampf gegen Terroristen zu
Ausgangspunkt der Fehde zwischen ISKP und Taliban war die Verhaftung dreier Drogenhändler durch den IS-Ableger im Jahr 2017, die mit dem Verkauf von Opium für die Taliban Geld sammeln wollten. Die anders als die Taliban in der Bevölkerung kaum verwurzelten IS-Terroristen hatten diesen militärisch wenig entgegenzusetzen, dazu kam das Vorgehen der US-geführten Truppen und der regulären afghanischen Armee.
Die Taliban haben erst jüngst wieder erklärt, sie würden weiter gegen den IS vorgehen, der die Milizen als zu wenig radikal brandmarkt. Gegenüber dem staatlichen russischen Medienkanal „Sputniknews“ äußerte ein Taliban-Sprecher:
„Wir versichern Ihnen, dass wir nicht zulassen werden, dass ISIS in den von uns kontrollierten Gebieten des Landes aktiv wird. Was die Anwesenheit von Terroristen aus anderen Ländern angeht, so bestreite ich diese entschieden. Es gibt keine Terroristen aus Zentralasien oder China im Lande. Wir versichern Ihnen, dass wir sie daran hindern werden, das Land zu betreten.“
ISKP-Terroristen auch bei Gefängnisausbruch freigekommen
Allerdings dürften die Taliban selbst dazu beigetragen haben, dass die Gefahr durch den ISKP in Kabul, wo die Gruppe bereits zwischen 2016 und 2018 die meisten ihrer Anschläge verübt hatte, wieder größer geworden ist. Als bei der Einnahme der Hauptstadt Mitte August etwa 5.000 Gefangene aus dem Pul-e-Chakri-Gefängnis auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram entkamen, befanden sich darunter auch zahlreiche Angehörige des IS-Ablegers.
US-Präsident Joe Biden erklärte unterdessen, die Sicherheitslage in Afghanistan sei unbeständig und die Regierung versuche, angesichts der Bedrohung durch die Kämpfer von ISKP alle ihre Staatsangehörigen so schnell wie möglich zu evakuieren.
Viele Experten sind der Meinung, dass der Abzug der US-Truppen und das damit verbundene Chaos bei den Evakuierungen die perfekte Gelegenheit für den IS bieten, US-Ziele anzugreifen. Biden drohte den Terroristen Vergeltung an. Diese könnte beispielsweise in Form einer abschließenden Militäraktion gegen identifizierte IS-Positionen oder gezielter Drohnenschläge gegen verantwortliche Anführer vonstattengehen.
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