Nächtliche Suche: Irans Präsident Raisi in Helikopter-Unfall verwickelt

In der iranischen Präsidentenflotte gab es einen Unfall, das Schicksal von Präsident Raisi und seinem Außenminister ist ungewiss. Drohnen, Rettungsteams und Suchhunde sind im Einsatz – bei Nebel und schlechtem Wetter. Die EU aktivierte als Unterstützung das Copernicus-System, die Türkei schickt spezielle Bergretter.
Fahrzeuge von Rettungsteams in der Nähe des Unglücksortes.
Fahrzeuge von Rettungsteams in der Nähe des Unglücksortes, an dem der Hubschrauber mit Raisi vermutet wird.Foto: Azin Haghighi/Moj News Agency via AP/dpa
Epoch Times19. Mai 2024

Nach einem „Unfall“ eines Hubschraubers der iranischen Präsidentenflotte am Sonntag ist das Schicksal des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi unklar. Nach Angaben von Innenminister Ahmed Wahidi ereignete sich der Unfall im Waldgebiet von Dismar in der Nähe der Stadt Warsaghan.

Der Minister bestätigte zunächst nicht, dass sich Raisi an Bord des Hubschraubers befand, der Teil eines Konvois von insgesamt drei Hubschraubern der Präsidentendelegation war. Zwei der Helikopter landeten sicher in der Stadt Täbris im Nordwesten, nicht aber der Hubschrauber mit Raisi an Bord.

Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete, neben Raisi sei auch Außenminister Hossein Amir-Abdollahian unter den neun Menschen des vermissten Hubschraubers. Auch der Gouverneur der Provinz und der wichtigste Imam der Region sollen an Bord gewesen sein.

Das staatliche Fernsehen meldete: „Es hat sich ein Unfall mit dem Hubschrauber mit dem Präsidenten an Bord ereignet.“ Die Wetterbedingungen seien schlecht, es herrsche dichter Nebel. Die Retter suchten auch nach Einbruch der Dunkelheit zu Fuß weiter – bei Regen in einer bergigen Region.

EU aktivierte als Unterstützung Copernicus-System

Die EU aktivierte nach eigenen Angaben ihren Dienst zur Bereitstellung von Geo-Daten, um den Hubschrauber des iranischen Präsidenten zu finden. „Auf Anfrage des Iran“ werde Copernicus EMS aktiviert, schrieb der Kommissar für humanitäre Hilfe, Janez Lenarcic, im Onlinedienst X.

Über den Dienst können etwa Satellitendaten für Katastrophengebiete bereitgestellt werden. Die Regierung in Washington erklärte, sie verfolge die Geschehnisse.

Die Nachbarländer Irak und Aserbaidschan boten ihre Hilfe bei der Suche nach Raisi an, sogar der langjährige Erzrivale Saudi-Arabien bot „jede Unterstützung“ an, um Präsident Raisi zu finden.

Die Türkei schickte am Abend speziell ausgebildete Bergretter. Ein Team von 32 Bergrettungsspezialisten sowie sechs Fahrzeuge würden in den Iran gebracht, erklärte der staatliche Rettungsdienst Afad. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Teheran zuvor „jede notwendige Hilfe“ zugesagt.

Laut dem türkischen Rettungsdienst forderte der Iran zudem einen Spezial-Hubschrauber mit Ausrüstung für die Suche bei nächtlicher Dunkelheit an. Weitere Rettungsteams hielten sich in der Türkei bereit.

„Absturz“ oder „harte Landung“?

Laut Irna wurden „mehr als 20 Rettungsteams mit voller Ausrüstung, insbesondere mit Drohnen und Rettungshunden“ vor Ort geschickt. Pir-Hossein Koulivand, Leiter des iranischen Roten Halbmonds, sprach von 40 Teams.

Sollten Raisi und Amirabdollahian bei dem Unglück ums Leben gekommen sein, dürfte die Islamische Republik in eine innen- und außenpolitische Krise stürzen. Insbesondere Irans Außenminister war seit Beginn des Gaza-Kriegs mehr in die Öffentlichkeit gerückt und bei zahlreichen Reisen zu Gast bei Verbündeten. Auch dürfte es der Staatsführung schwerfallen, den Regierungschef mangels Alternativen schnell zu ersetzen.

Nach der Eröffnung des Staudammes hebt der Hubschrauber mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord ab.

Nach der Eröffnung des Staudammes hebt der Hubschrauber mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord ab. Foto: Ali Hamed Haghdoust/IRNA/AP

Die reformistische Zeitung „Scharg“ berichtete, dass „der Hubschrauber mit Raisi an Bord abgestürzt“ sei. Innenminister Wahidi sprach hingegen von einer „harten Landung wegen der schlechten Wetterbedingungen“. Es sei schwierig, eine Kommunikationsverbindung zu dem Helikopter herzustellen.

Wie iranische Medien berichteten, liegt der Unglücksort mehr als 600 Kilometer von der Hauptstadt Teheran entfernt, nahe der Grenze zu Aserbaidschan.

Ajatollah: Iraner sollen sich „keine Sorgen“ machen

Der oberste geistliche Führer des Landes hat die Bevölkerung aufgerufen, sich „keine Sorgen“ zu machen. „Das iranische Volk sollte sich keine Sorgen machen, es wird keine Unterbrechung im Handeln des Landes geben“, sagte Ajatollah Ali Chamenei am Sonntag in einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Rede vor Familien von Revolutionsgardisten. Er hoffe, „dass Gott den Präsidenten und seine Begleiter in die Arme der Nation zurückbringt“.

Raisi war am 19. Mai zu Besuch in der Provinz Ost-Aserbaidschan im Nordwesten des Iran. Dort hatte er zusammen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew einen Staudamm an der Grenze der beiden Länder eingeweiht. Iran setzt viele Hubschrauber ein, hat jedoch durch internationale Sanktionen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzteilen.

Kaum Sicht in der Nähe des Unglücksortes.

Kaum Sicht in der Nähe des Unglücksortes. Foto: Azin Haghighi/Moj News Agency via AP/dpa

Laut Verfassung ist Präsidenten Raisi die Nummer zwei im Land, weil Chamenei das eigentliche Staatsoberhaupt ist und auch das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat.

Raisis Anhänger sind besorgt

In Raisis Heimatstadt Maschhad im Nordosten des Landes versammelten sich Dutzende Gläubige in dem zentralen Pilgerschrein, wie der staatliche Rundfunk berichtete. Auch in anderen Landesteilen, wie der religiösen Hochburg Ghom, strömten Anhänger in die Moscheen.

Die Sorge war groß, dass Raisi und auch Außenminister Hussein Amirabdollahian etwas zugestoßen sein könnte. Irans Regierung warnte vor unbestätigten Informationen.

Die Europäische Union beobachte die Situation, schrieb Ratspräsident Charles Michel auf der Plattform X. „Wir verfolgen aufmerksam die Berichte, dass der Hubschrauber mit dem iranischen Präsidenten und dem Außenminister an Bord unerwartet landen musste.“

Ultrakonservativ und sanktioniert

Raisi ist seit Sommer 2021 der Präsident des Iran. Er wird als möglicher Nachfolger des derzeitigen Obersten Führers Ali Chamenei gehandelt

Der 63-Jährige, der immer einen schwarzen Turban trägt und einen langen religiösen Mantel, gilt als Ultrakonservativer. Er ist der Nachfolger des Gemäßigten Hassan Ruhani, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl hatte antreten können.

Als Präsident präsentiert sich Raisi als „unerbittlicher“ Kämpfer gegen Armut und Korruption. Sechs Monate nach Amtsantritt war die Lage am Kapitalmarkt jedoch enttäuschend mit fallenden Kursen. Unter Raisi reichert der Iran Uran in nahezu waffenfähiger Menge an.

Lange Zeit ging der Iran indirekt über die Hisbollah und die Hutei-Milizen gegen Israel vor. Im April 2024 kam es jedoch zu einer direkten Konfrontation zwischen dem Iran und Israel: Von iranischem Boden aus beschoss der Iran das israelische Staatsgebiet mit Drohnen und Raketen, nachdem die israelische Armee nach iranischen Angaben zwei hochrangige Vertreter der iranischen Revolutionsgarden in Syrien getötet hatte.

Der 63-Jährige ist nicht nur Politiker, sondern auch schiitischer Geistlicher. Im November 1960 in der heiligen Stadt Maschhad im Nordosten des Iran geboren, stand Raisi immer für einen Law-and-Order-Kurs. Er hatte vor seiner Präsidentschaft vor allem im Justizsystem des Landes Karriere gemacht, so war er Generalstaatsanwalt von Teheran von 1989 bis 1994, Vize-Justizchef ab 2004 und danach Generalstaatsanwalt des Iran 2014.

Seit 2019 steht Raisi auf einer Sanktionsliste der USA. Ihm werden „schwere Menschenrechtsverbrechen“ zur Last gelegt, was die Behörden in Teheran nachdrücklich zurückweisen. (afp/red)



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