Iran-Proteste: Dreitägiger Streik soll Wirtschaft des Landes treffen
Aktivisten im Iran haben zu neuen landesweiten Protesten und Streiks aufgerufen. Die sogenannten 14-15-16-Proteste – die Zahlen sind das Datum im persischen Kalendermonat Azar – sollen von Montag bis Mittwoch dauern und insbesondere das islamische System wirtschaftlich treffen. Die iranischen Bürger wurden aufgerufen, an diesen drei Tagen Einkäufe zu vermeiden, um so jegliche Geldzirkulation im iranischen Bankensystem zu verhindern.
Besonders in den wirtschaftlichen Zentren wie Basars in Großstädten sollen möglichst viele Geschäfte geschlossen bleiben, so die Aktivisten. Tweets der deutsch-iranischen Journalistin Natalie Amiri zeigen, wie die iranische Bevölkerung als Ankündigung auf den Streik Flugblätter verteilt.
Für die nächsten drei Tage ruft Protestbewegung im #Iran zu Generalstreik und weiteren Demonstrationen auf. Auf den Flugblättern, übrigens bereits ein Mittel der Informationsverbreitung während der Revolution 1979, steht Revolution.. #IranRevoIution2022 pic.twitter.com/q78YabohhW
— Natalie Amiri (@NatalieAmiri) December 4, 2022
In anderen Tweets der Fernsehmoderatorin sind Bilder von geschlossenen Geschäften und leeren Basars in Teheran, Shiraz, Isfahan, Tabriz zu sehen. Sie deuten darauf hin, dass sich die Bevölkerung an den Streiks beteiligt. Epoch Times konnte die Echtheit der Videos nicht unabhängig nachprüfen.
Im #Iran wurde von Protestbewegung zu landesweiten Streiks für drei Tage aufgerufen. Scheint, dass Bevölkerung Aufruf nachgeht. Hier Bilder aus Teheran, Shiraz, Isfahan, Tabriz… und noch viele weitere Städte #IranRevoIution2022 pic.twitter.com/tYokU9uDJX
— Natalie Amiri (@NatalieAmiri) December 5, 2022
Ablenkungsmanöver
Vor den dreitägigen Protesten sorgte die Aussage des iranischen Generalstaatsanwalts über die Auflösung der Sittenpolizei für Diskussionen im Land. Einerseits wurde dies als ein Etappensieg für die Frauenbewegung im Iran angesehen.
Politikexperte Ali Fatollah Nejad und andere sehen darin ein Ablenkungsmanöver. Es gehe gar nicht um die Abschaffung der Sittenpolizei, sie würde künftig über Überwachungskameras und Geldbußen agieren, so der Experte gegenüber „ntv.de“
Das Regime will damit vermeiden, dass Bilder gegen das gewaltsame Vorgehen der Frauen durch die Sittenpolizei weitergeleitet werden“ unter anderem an den UN Menschenrechtsrat, so der Experte.
Brutale Niederschlagung in den kurdischen Regionen
In den kurdischen Regionen im Nordwesten des Iran hat das Regime mit aller Härte die Revolutionsgarden gegen die Bevölkerung eingesetzt. Dort ist das Internet stark gedrosselt und der Strom abgestellt. Laut Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi, die im Kontakt mit Iranern vor Ort steht, sei die Situation dort seit eineinhalb Wochen sehr unklar, weil kaum Informationen nach außen dringen.
Das harte Vorgehen gegen die kurdischen Minderheiten sei jedoch „der Versuch, das Narrativ selbst wieder in die Hand zu nehmen“, sagte Sahebi im Interview mit „t-online“. Dann könne das Regime behaupten, kurdische Rebellen würde die Separatisten in den kurdischen Regionen mit Waffen beliefern. „Nichts davon ist richtig, aber diese Angriffe zielen darauf ab, das alte Narrativ zu untermauern. Und dann hat das zur Folge, dass der internationale Aufschrei ausbleibt.“
Im Iran sei die Solidarität unter der Bevölkerung für die kurdischen Gebiete sehr hoch. Sie bekomme immer wieder Nachrichten aus anderen Teilen des Irans: „Bitte schaut auf die kurdischen Gebiete, weil es da noch blutiger ist“. Die Bevölkerung mache sich Sorgen.
Iran-Expertin hält Militärputsch für unwahrscheinlich
Einen Militärputsch hält die Iran-Wissenschaftlerin für unwahrscheinlich, die größte militärische Kraft im Iran seien die Revolutionsgarden und nicht das Militär. Ihr Ziel ist es, die Führer zu beschützen. „Wenn sie putschen würden, würden sie gegen sich selbst putschen. Das ist unwahrscheinlich“, so Sahebi.
Allerdings sei der Miliz bereits bewusst, wie interne Aufzeichnungen belegen würden, dass die Demonstranten sich auf einen langen Kampf eingestellt haben. Sie seien keinesfalls bereit, sich „den alten Männern in der Regierung“ wieder zu unterwerfen.
Mehr als 18.000 Menschen sitzen derzeit in iranischen Gefängnissen. Täglich werden Todesurteile verhängt und auch vollstreckt.
Tod von Mahsa Amini als Auslöser der Proteste
Die Sittenpolizei war der Auslöser der seit über zwei Monaten andauernden systemkritischen Aufstände in dem Land. Mitte September verhafteten die islamischen Sittenwächter die 22-jährige Mahsa Amini, weil unter ihrem Kopftuch angeblich ein paar Haarsträhnen hervorgetreten waren. Amini starb wenige Tage später im Gewahrsam der Sittenpolizei. Seitdem protestieren im Iran Menschen gegen das islamische System und dessen unzeitgemäße Gesetze und Vorschriften.
Für Beobachter sind Aussagen wie Auflösung der Sittenpolizei, Versprechen im Parlament über eine Revision der Gesetze oder geplante Untersuchungsausschüsse nur der Versuch des Systems, die angespannte Lage vor den dreitägigen Protesten zu beruhigen. (nh)
(Mit Material von Nachrichtenagenturen)
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