Internet-Abstimmung für kritischen „Public Eye Publikumspreis 2010“

Die übelsten Unternehmen des Jahres - Warum gerät eine Firma wie der Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche ins Fadenkreuz einer kritischen Internet-Abstimmung?
Titelbild
Public Eye People's Award. Screenshot 18. Januar 2010/SFR
Von 18. Januar 2010

Seit dem 14. Januar läuft in der Schweiz auf www.publiceye.ch in drei Sprachen wieder die berühmt-berüchtigte Publikumsabstimmung über das übelste Unternehmen des Jahres.

Die entwicklungspolitische schweizerische Organisation „Erklärung von Bern“ vergibt zusammen mit Greenpeace Schweiz jedes Jahr den Kritikpreis „Public Eye People’s Award“. Eine Jury entscheidet, welche der nominierten Schweizer Konzerne im letzten Jahr besonders durch ethisch fragwürdige Praktiken aufgefallen sind und diesen Negativpreis verdient haben.

In diesem Jahr gehören neben anderen auch das Internationale Olympische Komitee mit Sitz in Lausanne dazu, die Royal Bank of Canada und der Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche.

Der Schmähpreis

Zum Start des Eröffnungstages des World Economic Forum (WEF) am 27. Januar werden die „Public Eye Awards 2010“ vergeben. Der Pharmariese Roche scheint bisher die größte Chance auf den Publikums-Schmähpreis zu haben, denn er ist bei den Internet-Abstimmungen sofort an die Spitze gegangen.

{Q} Beschuldigt wird Roche, medizinische Studien in China zur Zeit an etwa 300 Transplantations-Patienten durchzuführen, ohne angeben zu können, woher die transplantierten Organe stammen. Die Firma Roche vertreibt ihr Medikament Cell Cept, das die Abstoßung transplantierter Organe verhindert, trotz dieser unethischen Transplantationspraktiken auch in China. Seit einigen Jahren produziert Roche Cell Cept sogar in China.

Mehr als 90 Prozent aller transplantierten Organe in China sollen laut Vize-Gesundheitsminister Huang Jiefu von hingerichteten Gefangenen stammen.  Da ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Organe in diesen Studien auch von Gefangenen stammen.

Die UN-Kommission gegen Folter ist darüber hinaus besorgt, dass auch Organe von Gewissensgefangenen der Glaubensgemeinschaft Falun Gong für Transplantationen verwendet werden könnten und fordert von der chinesischen Regierung eine unabhängige Untersuchung dieses Verdachts. Die Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaft werden in China als angebliche Staatsfeinde oft jahrelang und meist ohne Gerichtsurteil in Umerziehungs- und Arbeitslagern gefangen gehalten und kommen dabei häufig unter ungeklärten Umständen zu Tode.

Die fundierten Hinweise darauf, dass möglicherweise auch Organe von Gewissensgefangenen für Transplantationen verwendet werden, beantwortete die Firma lapidar, dass sie keinerlei Informationen über die Herkunft der transplantierten Organe habe.

Ein Menschenrechtspreis

Nahezu zeitgleich hat die Schweizer Sektion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mit ihrem diesjährigen Menschenrechtspreis zwei Kanadier für ihren unermüdlichen Kampf gegen den Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden in China geehrt. David Kilgour, ehemaliger kanadischer Staatssekretär für Asien und den Pazifikraum, und der international bekannte Menschenrechtsanwalt David Matas waren die Empfänger der Auszeichnung, die am 16. Januar im Inselspital in Bern vergeben wurde.

Die Ergebnisse ihrer Recherchen wurden im November 2009 in dem Buch „Bloody Harvest: The Killing of Falun Gong for their Organs“ detailliert zusammengetragen. „Es ist die Stimme jedes Einzelnen in der Welt, die zur Einhaltung der Menschenrechte führt“, sagte David Matas.

Chinas Bestimmungen

Die Firma Roche erklärt, den chinesischen Gesetzen zu genügen. Sie erforscht die Wirkung ihres Medikaments in zwei Studien mit ca. 300 transplantierten Organen in zahlreichen chinesischen Kliniken. Die Bestimmungen erlauben dort – trotz internationaler Proteste – nach wie vor, dass Organe von Gefangenen transplantiert werden. International gilt dies als unethisch, da die Einwilligung von Gefangenen nicht als freiwillig gelten kann.

Die Abstimmenden stellen bisher die Firma Roche an die Spitze für den Schmähpreis „Public Eye Publikumspreis 2010“. Bis zum 26. Januar bleibt die Abstimmung geöffnet.

 

Weitergehende Information: Public Eye People’s Award


 

 



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