Interne Kreml-Dokumente: Russland will US-Wahlkampf mit Fake-Websites beeinflussen

Im Vorfeld der amerikanischen Präsidentschaftswahlen veröffentlichen vier US-Behörden Dokumente, die russische Versuche zur Beeinflussung der anstehenden Wahl belegen sollen. Zwei Russen werden angeklagt. Das FBI bezeichnet „Deutschland als besonders leichtes Ziel“ für Kreml-Propaganda. Putin reagierte amüsiert auf die Vorwürfe.
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US-Justizminister Merrick Garland (Mitte) kündigte während einer Sitzung der Taskforce für Wahlbedrohungen im Justizministerium am 4. September 2024 in Washington, D.C., zwei Maßnahmen gegen Russland wegen versuchter verdeckter Einflussnahme an. Rechts neben ihm FBI-Direktor Christopher Wray.Foto: Andrew Harnik/Getty Images
Von 6. September 2024

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Für den russischen Staatschef Wladimir Putin ist die US-Demokratin Kamala Harris der Favorit bei der US-Präsidentschaftswahl im November. Er wolle sie unterstützen, erklärte Putin am 5. September mit einem Lächeln gegenüber der Presse in Wladiwostok.

Dort kommen anlässlich des jährlichen Eastern Economic Forums ausländische Wirtschaftsvertreter zusammen, die Interesse an Investitionen im russischen Fernen Osten haben. Putin weiter: Er schätze zudem das „ansteckende Lachen“ von Harris.

Die ironischen Bemerkungen des Kreml-Chefs fielen einen Tag, nachdem das US-Justizministerium zwei in den USA tätige Mitarbeiter des russischen Staatssenders RT angeklagt hatten. Ihre Absicht sei gewesen, ein US-Unternehmen mit der Produktion von Onlineinhalten zu beauftragen, um die diesjährige US-Wahl zu beeinflussen, hieß es in der Anklage.

Moskau werde als Reaktion darauf US-Medien ins Visier nehmen, sagte laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, am Donnerstag.

Anschlag auf „gutgläubige Amerikaner“

Vier Regierungsinstitutionen gingen am 3. und 4. September mit Informationen über die Absicht Russlands, die US-Wahl zu beeinflussen, an die Öffentlichkeit: das Finanz-, Justiz- und Außenministerium sowie das FBI. „Das Finanzministerium ergreift Maßnahmen als Teil einer Reaktion der US-Regierung auf Russlands ausländische, böswillige Einflussoperationen“, hieß es in einer Presseerklärung.

FBI-Direktor Christopher Wray äußerte gegenüber der Presse in Washington: „Die von der russischen Regierung gelenkten Einflusskampagnen“ auf Fake-Websites würden darauf abzielen, amerikanische Nutzer zu täuschen. Es gehe um vom Kreml betriebene Medien, Onlineplattformen und sogenannte Doppelgänger, die darauf ausgelegt seien, Amerikaner dazu zu verleiten, gutgläubig russische Propaganda zu lesen, teilte das Justizministerium in einer Pressemitteilung mit.

Unter den gefakten „Doppelgängerseiten“ befand sich eine täuschend echt nachgemachte Dublette der „Washington Post“ (siehe Seite 16 und 19). Auch von Dubletten europäischer Leitmedien wie „Der Spiegel“, „Bild“, „Le Monde“ und „Le Parisien“ ist in dem FBI-Dokument die Rede.

Der Kreml habe Medien wie RT, ehemals „Russia Today“, und von ihm unterstützte Onlineplattformen genutzt, um US-Wähler mit Desinformation in die Irre zu führen, teilten die US-Behörden mit. Deshalb würden 32 Internetdomänen stillgelegt werden. Russische Unternehmen, die unter der Kontrolle der russischen Präsidialverwaltung stünden, hätten diese Domänen genutzt, um Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen zu nehmen. Außerdem habe es Inhalte gegeben, die darauf abzielten, die internationale Unterstützung für die Ukraine zu senken, gab das Justizministerium bekannt.

Zwei Russen sollen angeklagt werden

In diesem Zusammenhang wurden die beiden russischen Staatsangehörigen und RT-Mitarbeiter Kostiantyn Kalashnikov und Elena Afanasyeva angeklagt. Ihnen wird „Verletzung des Foreign Agents Registration Act (FARA) und Geldwäsche“ zur Last gelegt. Beide sind noch auf freiem Fuß.

Ein Verstoß gegen das FARA-Gesetz sieht eine Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis vor. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1938 und richtete sich damals gegen deutsche und japanische Propaganda in den USA. Es schreibt vor, dass Personen, die in den USA politisch für ausländische Rechtspersonen tätig sind, diese Tätigkeit anmelden, dokumentieren und genehmigen lassen müssen.

Auch gegen Margarita Simonyan, Chefredakteurin von RT, und Yelizaveta Brodskaya, stellvertretende Chefredakteurin von RT, sowie gegen acht weitere Russen in den USA werde ermittelt, teilten die Behörden mit.

Kopfgeld für Ergreifung russischer Hacker

Auch das amerikanische Außenministerium kündigte am 4. September „Maßnahmen zur Bekämpfung des russischen Einflusses und der Einmischung in US-Wahlen“ an. Unter anderem seien Visabeschränkungen für Personen vorgesehen, die im Namen von Medien handeln, die seitens des Kremls unterstützt würden.

Hier vermutet das Außenministerium, dass diese Journalisten ihr Medium „als Deckmantel für verdeckte Aktivitäten“ nutzten und sich an heimlicher Einflussnahme beteiligen würden. Des Weiteren kündigte das Außenministerium eine Belohnung von bis zu 10 Millionen Dollar zur Ergreifung von Personen an, die für eine Organisation namens RaHDit (Russian Angry Hackers Did It) tätig seien. Die Gruppe beteilige sich an Wahlbeeinflussung in Ländern außerhalb Russlands und stelle eine „Bedrohung für die US-Wahl 2024 dar, insbesondere durch cybergestützte Beeinflussungsoperationen“, erklärte das Außenministerium.

Von Putin direkt beauftragt

Generalstaatsanwalt Merrick Garland ging in seiner Pressemitteilung noch weiter: „Wie in unseren Gerichtsakten nachzulesen ist, hat der engste Kreis von Präsident Wladimir Putin sowie [der erste stellvertretende Stabschef] Sergei Kirijenko russische PR-Unternehmen angewiesen, Desinformation und staatlich geförderte Narrative als Teil einer Kampagne zur Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl 2024 zu fördern“, schreibt Garland in seiner Pressemitteilung.

Ein internes Planungsdokument des Kremls besage, dass ein Ziel des Wahlkampfs darin bestehe, Russlands bevorzugtes Wahlergebnis in den USA sicherzustellen. Garland schwieg sich indes über das konkrete „bevorzugte Wahlergebnis“ aus. Die Dokumente wurden vom FBI beschafft und in einer eidesstattlichen Erklärung als Teil der Anklageerhebung am 4. September vorgelegt. Das Dossier umfasst 277 Seiten.

„Die Deutschen sind abhängig“

Im besagten Dossier ist auch mehrfach die Rede von Deutschland und Frankreich. Besonders Deutschland wird darin vom FBI als anfällig für russische Propaganda genannt und als „gefährdetes Ziel“ für russischen Einfluss identifiziert. Das FBI bezieht sich zum Beispiel auf abgefangene Aussagen von Ilya Andreevich Gambashidze, einem der russischen „Masterminds“ auf dem Feld der Desinformaton.

Hier ein übersetzter Auszug von Seite 22 des Dossiers, auf der ein FBI-Agent folgendes zu Protokoll gibt: „Gambashidze stellte fest, ‚die Deutschen sind abhängiger als die Franzosen‘ und beschloss, seine Bemühungen auf die Deutschen zu konzentrieren. Insbesondere war sich die Gruppe [der Desinformationsstrategen] einig, ‚als allererstes müssen wir die USA, Großbritannien und die NATO diskreditieren, und zweitens müssen wir die Wahrheit über den Krieg in der Ukraine vermitteln‘.

Außerdem sei es noch nötig, die Deutschen davon zu überzeugen, sich der ‚ineffizienten Sanktionspolitik‘ zu widersetzen. Dem [internen FBI-]Vermerk zufolge nutzten die Teilnehmer den Rest der Sitzung zur Diskussion, wie anti-ukrainische und pro-russische Narrative verbreitet werden könnten, mit Schwerpunkt auf Deutschland“, so der FBI-Agent.

Was die Bemerkung zur „Abhängigkeit Deutschlands“ angeht, wird hier wohl Bezug genommen auf eine mögliche wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas und Erdöl. Beides fließt seit geraumer Zeit nicht mehr nach Deutschland.

Botschaft an Europa

Im Weiteren sind in dem Dossier auch vermeintliche russische Desinformationsstrategien in anderen europäischen Staaten aufgeführt. Jedoch scheint nach Einschätzung des FBI kein Land so sehr gefährdet zu sein, auf russische Propaganda hereinzufallen, wie Deutschland.

Mit dieser expliziten Veröffentlichung solcher gesammelten Geheimdokumente des FBI wird auch den Europäern, auch den Deutschen, eine Botschaft aus Washington übermittelt. Amerika warnt gewissermaßen zwischen den Zeilen die Bundesregierung und die deutschen Parteien davor, Russland gegenüber wankelmütig zu werden.

 

Über den Autor:

Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C., und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.



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