Internationaler Tag der Freundschaft

Freundschaft zwischen den Völkern und Kulturen ist eigentlich der Gründungsgedanke der Vereinten Nationen und das ist etwas sehr Wertvolles.
Titelbild
Die Bilder der Trauer in Norwegen und des gegenseitigen Trostes werden länger im kollektiven Gedächtnis bleiben, als die Schreckensbilder von Tod und Verwüstung. Eine weitgehend intakte Gemeinschaft kann in Zeiten des partiellen Schreckens eine besondere tragende Kraft des Miteinanders und der Freundschaft entwickeln. Kräfte, die im Menschen existieren und die sich im gegenseitigen Zuspruch, in Kerzen und einfachen Blumenangebinden zeigten.Foto: Jonathan Nackstrand/AFP/Getty Images
Von 31. Juli 2011

Nicht ganz neu sind Feiern zum Tag der Freundschaft am 30. Juli, aber seit einem offiziellen UN-Beschluss vom 11. April dieses Jahres wurde aus diesem Tag der „Internationale Tag der Freundschaft“ gemacht. Er soll der Freundschaft zwischen den Menschen, den Kulturen und den Ländern dienen.

„Es ist eigentlich erstaunlich, dass die UNO erst jetzt diesen Tag der Freundschaft international einrichtet“, sagte dazu Prof. Dr. Michael Grünbart zur Epoch Times, „denn die Freundschaft zwischen den Völkern und Kulturen ist an sich der Gründungsgedanke der Vereinten Nationen und sie ist etwas sehr Wertvolles. Es lohnt sich, darauf besonders aufmerksam zu machen.“

Freundschaften und Freundschaftsnetzwerke hätten sich in der Geschichte immer wieder als wichtige soziale Werkzeuge erwiesen, sagt der Historiker und Byzantinist vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster. Prof. Grünbart sieht viele Parallelen zwischen Geschichte und Gegenwart: Zur Pflege politischer Verbindungen hätten etwa in byzantinischer Zeit (330-1453) – seinem speziellen Forschungsgebiet – genauso wie heute Bankette zu Staatsbesuchen, Gastgeschenke, rote Teppiche und festliche Empfänge gedient. Die Feinheiten im diplomatischen Zeremoniell ähnelten sich ebenfalls stark, wenn man historische und gegenwärtige Abläufe vergleiche. Grünbart gehört dem internationalen Forschungsprojekt „Medieval Friendship Networks“ an, das über verschiedene mittelalterliche Kulturen hinweg vergleicht, wie Freundschaften funktionierten.
Parallelen zu sozialen Netzwerken

Überlieferte Briefe weisen nach den Worten des Wissenschaftlers gewisse Parallelen zu sozialen Netzwerken wie Facebook auf: „Dem Verfasser von Briefen ging es mitunter schlicht darum, ein Lebenszeichen zu geben, Neuigkeiten auszutauschen, sich in Erinnerung zu rufen oder einfach sein Schreib- und Lesebedürfnis zu stillen.“

„Auch heute“, so sagt Grünbart, „gibt es ein immerwährendes Bedürfnis nach Kommunikation, nach Bestätigung, auch nach Selbstdarstellung, das mit Facebook oder Twitter leicht befriedigt werden kann. Netzwerke entstehen und weltweite Verbindungen, die noch vor wenigen Jahren nicht zur Verfügung standen, allerdings auch mit Gefahren der Täuschung und des Missbrauchs.“

Wenn allerdings das Wort „Freundschaft“ in einem historischen Text fällt, rät Grünbart zur Vorsicht. Man kann dessen Bedeutung nicht mit heutigen Vorstellungen von emotionaler und uneigennütziger Verbundenheit zwischen Freunden gleichsetzen. „Ganz offen schrieb beispielsweise 1158 ein Zeitgenosse über ein Abkommen zwischen Wilhelm I. von Sizilien und dem byzantinischen Kaiser Manuel I., dass keine ‚ehrliche Eintracht‘, sondern der gegenseitige Nutzen im Vordergrund stand. Obwohl die vermeintliche Freundschaft der beiden Herrscher alles andere als uneigennützig war, profitierten Kriegsgefangene und Soldaten sehr davon.“

Ein pragmatischer Freundschaftsbegriff

Die Menschen im mittelalterlichen byzantinischen Reich pflegten laut Grünbart einen pragmatischen Freundschaftsbegriff: „Man durfte Freundschaft einsetzen, um etwas zu erreichen.“ In der damaligen Politik sei Freundschaft häufig ein erster Schritt zur Anbahnung einer Verwandtschaftsverbindung gewesen, erläuterte der Experte. „Wollte das Kaiserhaus seine Beziehungen zu anderen Mächten festigen, ließ es freundschaftliche Bündnisse möglichst mit verwandtschaftlichen Verhältnissen untermauern.“
Die nach Byzanz verheirateten Prinzessinnen hätten einen griechischen Namen annehmen müssen. Wie Piroschka von Ungarn, die zu Beginn des 12. Jahrhunderts Johannes II. heiratete, wurden viele von ihnen zu ihrer Hochzeit auf den Namen „Eirene“, also „Frieden“, getauft.

Freundschaft als gesellschaftlicher Kitt

Wie wichtig staatliche Freundschaft in ihrer Funktion als gesellschaftlicher Kitt war, zeigte laut Prof. Grünbart auch eine Episode ihrer Abwesenheit. Quellen hätten die Herrschaft von Andronikos I. Komnenos 1183 bis 1185 als unerträgliche „Zeit des Zwietrachts“ bezeichnet, in der „alle Bande des Vertrauens, selbst zwischen den engsten Verwandten, zerrissen waren“.

Geht man noch tiefer in die europäische Kulturgeschichte, dann findet man in der Mythologie der Griechen den Göttervater Zeus als Hüter der Gastfreundschaft. Man traf sich mit Freunden zum Gastmahl oder diese wurden die Grundlagen von Freundschaften. Berühmtestes Zeugnis davon legt Platons „Gastmahl“ ab. Die Rituale sind bis heute erhalten auch im offiziellen Rahmen der Arbeitsessen von Politikern oder Geschäftsleuten oder des gemeinsamen Festessens bei Staatsbesuchen. Aber auch im persönlichen Freundeskreis spielt das gemeinsame Essen eine verbindende Rolle.

Freundschaftsrituale gibt es privat und im öffentlichen Rahmen in Form von Gastgeschenken, die der Gast mitbringt, sie sind unerlässlich, um die Wertschätzung der Beziehung zu zeigen. Auch früher, so der Forscher Grünbart, hätte man den Briefen, die zwischen Gelehrten getauscht wurden, Geschenke beigefügt, um eine besondere Verbindung herzustellen.

Der persönliche Kontext

Ein besonders trauriges Kapitel ist der Verrat unter Freunden, den viele Menschen, die in Diktaturen gelebt haben, erleiden mussten. Diese Wunden gehen so tief und sind so schmerzhaft, dass auch die Nachforschungen darüber oft weit hinausgeschoben werden – bei der Stasi-Unterlagenbehörde gehen immer noch Anfragen ein von ehemaligen DDR-Bürgern, die erst jetzt die Kraft finden, einen Rückblick in ihr eigenes Schicksal zu wagen.

„Am tiefsten schmerzen Wunden, uns geschlagen // Von Feinden, die der Freundschaft Larve tragen.“ – Das dichtete der deutsche Schriftsteller Friedrich von Bodenstedt im Jahr 1882. Und daran zerbrechen Freundschaften. „Hier muss man unterscheiden zwischen denen, die aktiv beendet werden und solchen, die einfach auslaufen“, erklärt Dr. Horst Heidbrink, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FernUni Hagen. „Die bewusste Entscheidung, sich von einem Freund oder einer Freundin zu trennen, ist oft die Folge eines Vertrauensbruchs. Wenn etwa intime Informationen an Dritte weitergegeben werden, verkraften das viele Freundschaften nicht.“

Als wichtigste Voraussetzung für die Beständigkeit einer Freundschaft fand Heidbrink heraus, dass ein Gleichgewicht im Nehmen und Geben bestehen müsse. „Dabei geht es nicht darum, dass der eine dem anderen nicht ohne Gegenleistung hilft. Insgesamt und über einen längeren Zeitraum muss das Verhältnis ausgeglichen sein“, betont Heidbrink.

Ein verlogenes Beispiel, wie die Hoffnungen auf Freundschaft missbraucht werden können, lieferte der Begrüßungsruf „Freundschaft“ der FDJ, dem Jugendverband in der ehemaligen DDR. Denn bei dem Wunsch nach Meinungsfreiheit und Reisefreiheit hörte die „Freundschaft“ ganz schnell wieder auf.

Und ein bewegendes Beispiel, wie ein ganzes Volk in freundschaftlicher Weise etwas Unfassbares erträgt, gibt Norwegen in diesen Tagen ab. Kronprinz Haakon sprach von einer „mit Liebe“ gefüllten Straße. „Wir haben die Kraft, dem Hass mit Zusammengehörigkeit zu begegnen. Wir haben gewählt, wofür wir stehen.“

 

 



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