Internationale Analyse: Die ungarische Regierung ist die „stabilste“ in der EU

Der EU-Stabilitätsindex zeigt: Viktor Orbáns Fidesz Partei ist seit 2010 ununterbrochen an der Macht, während es anderen Regierungen schwerfällt, ihre Wahlperiode zu Ende zu führen.
Titelbild
Die ungarische Nationalflagge spiegelt sich auf dem Wasser vor dem Parlamentsgebäude in Budapest.Foto: ATTILA KISBENEDEK/AFP via Getty Images
Von 10. November 2022

Pantarhei, ein in Wien ansässiges Analyse- und Beratungsunternehmen, analysierte die Lage der Regierungen der 27 EU-Staaten. Daraus entstand der jüngste EU-Stabilitätsindex mit dem Titel „Das Ende der politischen Stabilität in Europa“.

Die Analyse konzentrierte sich auf die Anzahl der Parteien in der Regierung eines EU-Landes sowie die Anzahl der Regierungskrisen in den letzten beiden Wahlperioden. Ende September wurden die Ergebnisse veröffentlicht.

Regierungen kommen und gehen, doch „der aktuelle Grad an Instabilität“ sei neu und bisher unerreicht. „Die Art des Regierens hat sich in ganz Europa erheblich verändert: Es ist viel fragmentierter und unbeständiger geworden. Das hat es schwieriger gemacht, eine gemeinsame Basis für wichtige politische Entscheidungen im Europäischen Rat zu finden“, sagte Pantarhei-CEO Gilbert Rukschcio gegenüber „Euractiv“.

Mehrheiten in der EU zu bilden, sei schwieriger geworden. Auch Allianzen, die früher die treibende Kraft der EU waren, funktionieren der Studie zufolge nicht mehr richtig, wie etwa die früher dominierende deutsch-französische Achse. Da es keine einheitliche Meinung gebe, blockierten die Mitgliedstaaten häufiger denn je Maßnahmen der Europäischen Kommission.

„Als Gewinner dieser Entwicklung kann die Europäische Kommission genannt werden“, bilanzieren die Autoren. Die Europäische Kommission ziehe neue Kompetenzen an sich oder bekomme sie durch den Rat übertragen.

„Orbán hat sein Land fest im Griff“

Als stabilstes Land wurde Ungarn ermittelt, im Paper setzen die Autoren das Wort „vermeintlich“ davor. Seit 2010 gab es in Ungarn keine Regierungskrise. Die Zweiparteienkoalition aus Fidesz und KDNP (Christlich-Demokratische Volkspartei) ist seit 2010 an der Macht und erreichte bei den letzten vier Wahlen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Dazu heißt es: „Viktor Orbán gehört mittlerweile zu den längst dienenden Regierungschefs – und hat sein Land fest im Griff“.

Zypern, Litauen, Luxemburg und Deutschland folgen auf den nächsten Plätzen. Am anderen Ende stehen Spanien, Bulgarien und Italien. Diese Länder werden von relativ schwachen Mehrparteien-Koalitionsregierungen regiert und haben in den letzten Jahren zahlreiche Regierungskrisen erlebt.

Kontinuierlicher Wahlmodus in ganz Europa

Den Analysten von Pantarhei zufolge fällt es den Regierungen in der gesamten Europäischen Union schwer, bis zum Ende der Legislaturperiode an der Macht zu bleiben.

„Dies hat zu einer Situation geführt, in der der Wandel nahezu konstant geworden ist und die Parteien in einem nahezu konstanten Wahlmodus arbeiten“, schreiben sie. Dies wiederum schränkt ihre Fähigkeiten ein, auf große, wichtige politische Themen effektiv zu reagieren, da sie ständig Wahlkampf machen müssen. „Die Versuchung, populistische Antworten auf komplexe Fragen zu geben, wird sicherlich zunehmen“, schreiben die Analysten.

In sechs der 27 EU-Staaten wurden die letzten beiden Legislaturperioden tatsächlich von den amtierenden Regierungskabinetten beendet. In 21 Staaten gab es mindestens einen Regierungswechsel, in Bulgarien vier, sechs in Österreich und sieben in Italien und Rumänien.

Bunte Koalitionen statt großer Parteien

Was die Zusammensetzung der Regierungen anbelangt, so würden immer häufiger „Koalitionen aus drei oder mehr Parteien“ gebildet.

Die nationalen Regierungen würden von ihren Mehrheitsbeschaffern, „oft kleinen Parteien am Rande des demokratischen Spektrums, erpresst“ und seien ständig von ihrem Sturz bedroht. „Die Ära der großen Parteien und der reinen Politik scheint in den EU-Mitgliedstaaten vorbei zu sein.“

Bei fünf EU-Staaten hat die Regierung keine Mehrheit im Parlament: Frankreich, Spanien, Schweden, Dänemark und Lettland.

 



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