Inside The Volcano – Spektakuläres Höhlenabenteuer in Island

Auf Island gibt es eine besondere Attraktion für Vulkanologen und abenteuerlustige Vulkan-Verrückte. Fast einzigartig auf der Welt, kann man sich hier in das Innere eines Vulkans abseilen lassen und seine vor viertausend Jahren erstarrte, riesige Magmakammer erkunden.
Titelbild
Island am Polarkreis ist ein Naturparadies und Sehnsuchtsziel.Foto: iStock Mumeories
Von 11. Juli 2023

Island, der Inselstaat im Nordatlantik, nur 3,5 Flugstunden von Deutschland entfernt, ist Sehnsuchtsziel für viele, nicht zuletzt durch seine vielen Naturwunder: speiende Geysire, vulkanische Mondlandschaften, gigantische Wasserfälle. Dazu kommen zahlreiche dampfende, heiße Quellen, durch die der Aufenthalt im Land am Polarkreis zugleich zum Natur- und Wellness-Erlebnis werden kann.

Geysir am Golden Circle bei Reykjavik. Foto: iStock Manuscule

Viele dieser Natursehenswürdigkeiten befinden sich nahe der Hauptstadt Reykjavik am „Golden Circle“. In seiner Nähe sind einige der populärsten Naturattraktionen Islands wie die Blaue Lagune, das geothermale Planschbecken der Vulkaninsel, der mächtige Wasserfall Gullfoss und der Thingvellir Nationalpark zu finden.

Auf halber Strecke dazu, rund 40 Autominuten und noch mal so viel Wanderzeit von Islands Hauptstadt entfernt und in einer regenreichen Region mit aktiven Vulkanen, liegt das wohl spektakulärste Abenteuer Islands – und zwar unter der Erde. In Island ist es möglich, einen Vulkan von innen zu erleben.

Abenteuer in die Magmakammer

Der unaussprechliche isländische Name Thrihnukagigur (auf Isländisch Þríhnúkagígur) für den Vulkan bedeutet Krater mit drei Spitzen und beschreibt das, was man aus der Entfernung im Bláfjöll-Nationalpark am Horizont sehen kann.

Das Abenteuer beginnt mit einer Wanderung durch eine Art Mondlandschaft aus schroffen, mit Moos bewachsenen Lavabrocken. Zwei Kilometer lang über das Lavafeld geht es in Richtung eines spitzen Kegels, dem Ziel: Dem Vulkan Thrihnukagigur, besser gesagt seinem Inneren, der Magmakammer.

Auf dem Weg zum Vulkan. Foto: privat

Während andere Vulkane in ihrem Inneren geschmolzenes Gestein kochen und gelegentlich ausbrechen, ist der „begehbare“ Vulkan inaktiv und seit seinem letzten Ausbruch vor 4.000 Jahren von innen hohl; sein Magma ist zu soliden Wänden erstarrt.

Die Decke der Kammer ist nach dem Ausbruch nicht zusammengebrochen, sondern hat eine riesige Höhle ausgebildet. Der Thrihnukagigur ist einer der wenigen Vulkane auf der Erde, der so sicher ist, dass auch sein Inneres erforscht werden kann. Und wohl der Einzige, in den man einen Fahrstuhl in das Herz der Magmakammer nehmen kann.

Der Eingang zum Vulkan ist eigentlich nur ein länglicher Spalt inmitten eines Lavafeldes aus moosbewachsenen Brocken. Über die Krateröffnung ist eine Art Leiter gelegt, nicht viel breiter als ein Sprungbrett im Schwimmbad, aber mit hohen Geländern, auch, um sich mit einem Karabiner festzumachen.

An dieser Leiter ist mit Stahlseilen die Gondel aus Metall befestigt, die quasi in der Krateröffnung schwebt. In dieser Art Korb, wie man ihn von den Fensterputzern an New Yorks Wolkenkratzern kennt, wird man dann ins Vulkaninnere abgeseilt. Zuvor aber werden die Abenteuerwilligen im Basecamp mit Helm, Grubenlampe und Gurten ausgestattet.

Fahrstuhl in den Vulkan. Foto: Screenshot von Youtube strumndrum Ukulele & Djembe

Fünf oder sechs Personen haben Platz in dem Lift, der garantiert nichts für Feiglinge ist. Ruckelnd senkt sich die Gondel in den Vulkanschlund ab. Es geht 120 Meter durch einen erst mal engen Kamin in die düstere Tiefe. An einer Stelle ist die Felsöffnung so eng, dass man nicht mal den Arm ausstrecken muss, um die bunten Gesteinsschichten um sich herum zu berühren.

Manchmal wird die Spalte so eng, dass der Guide die Gondel manuell regulieren muss, um sie an den Felswänden vorbeizuleiten. Wenige Meter nach diesem Nadelöhr aber tut sich ein riesiger Raum auf. Die Wände schimmern schwefelig gelb oder schichtweise rot wie rostiges Eisen.

Mit der Gondel ins Innere des Vulkans. Foto: privat

Nach sieben Minuten ist der Aufzug auf dem Boden angelangt – „inside the vulcano“.  In der 80 Meter breiten Höhle kraxeln gleichzeitig zwei Gruppen mit ihrem Guide durch die Lavabrocken.

Von der Hitze der Lava schon lange keine Spur mehr, das ist Jahrtausende her. Der isländische Vulkanologe Haraldur Sigurðsson, Mitherausgeber der „Encyclopedia of Volcanoes“, der zu einem recht exklusiven Club von einigen Hundert Forschern gehört, die sich darüber Gedanken machen, wie es im Inneren der Erde aussieht, sagt, dass es in dieser erkalteten Vulkanhöhle so ist, als hätte jemand den Stöpsel gezogen und das Magma wäre einfach abgeflossen, zurück in die Tiefen der Erde. Oder sie wurde zu den soliden Wänden der Höhle.

An denen ein Farbspiel von Violett über Gelb bis Rot, das durch Scheinwerfer angeleuchtet, noch einmal mehr unwirklich erstrahlt. Die Grubenlampen an den Helmen der Besucher beleuchten zusätzlich diffus das Farbspiel an den tropfenden Wänden. Von weit oben aus der kleinen Tageslicht-Öffnung fallen wie ein Fächer Sonnenstrahlen und Wassertropfen in die Lavahöhle.

Dem Mittelpunkt der Erde ein Stückchen näher

Die Magmakammer ist riesig, kalt und feucht. Reykjaviks Halgríms-Kirche, das Wahrzeichen der isländischen Hauptstadt, oder auch die New Yorker Freiheitsstatue könnten darin stehen. Die Tiefe beträgt 213 Meter. Der unterirdische Hohlraum hat eine besondere Akustik, seine surreale Atmosphäre diente schon Künstlern als Konzertsaal.

Die isländische Band Kaleo nahm „Way down we go“ in der Magmakammer auf, im Video kann man sehen, wie sie ihr Equipment vor den herabregnenden Wassertropfen mit Regenschirmen schützen. Als Chino Moreno, Sänger und Gitarrist der Rockband Deftones, eine exklusive Akustik-Session in der Hríhnúkagígur-Kammer als Teil des Secret Solstice Festivals zum Midsummer 2016 spielte, wurde das sogar von „BBC“ übertragen.

Der Höhlenforscher Árni B. Stefánsson war es, der die Magmakammer 1974 entdeckte. Als 1970 das Skigebiet Bláfjöll eröffnet wurde, hörte Árni, der schon als Kind von Höhlen begeistert war, von Þríhnúkagígur und kam, um sich die Höhle anzuschauen. „Ich warf einen Stein hinein“, erinnert er sich, „und es dauerte etwa vier Sekunden, bis er auf dem Boden aufschlug, was bedeutete, dass die Höhle 100 Meter oder noch tiefer war.“ Er lieh sich ein 200 Meter langes Seil für den ersten Abstieg – zusammen mit acht anderen Höhlenforschern und Bergsteigern – am Mittsommerabend des Jahres 1974.

Im Thríhnúkagígur Vulkan. Foto: iStock Pedro Carrilho

Árnis Hoffnungen auf das, was er vorfinden würde, wurden zunächst enttäuscht: „Ich stellte mir einen riesigen Abflusskanal vor, mit Lavafällen und Teichen, Stalagmiten und Stalaktiten und Formationen, die noch nie ein Mensch gesehen hat.“  Stattdessen dann nackter Fels und ein Haufen Geröll auf dem Grund. „Ich dachte nicht daran, was für eine Leistung es war, der erste Mensch zu sein, der den Vulkan betreten hat.“

Zusammen mit seinen Brüdern Einar und Björn, dem seinerzeit besten Bergsteiger-Team Islands, übernahm er im Frühjahr 1991 zwei Expeditionen und erforschte die Kammer weiter. Dabei kamen sie zu der Erkenntnis, dass dies eines der „bemerkenswertesten Phänomene seiner Art auf der Erde ist“.

Es dauerte einige Zeit, bis es gelang, den Ort der Allgemeinheit zu öffnen. Erst seit 2012 sind Touren in die Magmakammer erlaubt. Árnis Bruder Einar arbeitet hier immer noch als Guide.

Touren gibt es von Mai bis September, den Rest des Jahres müssen alle Spuren zum Schutz der Natur vollständig aus der bizarren Lava-Landschaft entfernt werden. Es verschwinden die Container des Besucherzentrums, der Rezeption und auch die Erfrischungshütte – wo die Besucher nach ihrem Vulkanabenteuer, gemütlich auf Schaffellen sitzend, eine klassische isländische Lammfleischsuppe zur Stärkung bekommen.

Die Halgrimskirche, das Wahrzeichen von Islands Hauptstadt Reykjavik, passt einmal in die erstarrte Magmakammer des Vulkans Thrihnukagigur. Foto: iStock Gestur Gislason

Island ist das Zuhause von 32 Vulkan-Systemen mit etwa 130 Vulkanen, 18 davon sind seit der Besiedlung der Insel im Jahr 871 ausgebrochen. Allein im 20. Jahrhundert gab es 39 Ausbrüche. Etwa die Hälfte von Islands Oberfläche besteht aus Vulkanwüsten. Die Insel im Nordatlantik ist durch vulkanische Aktivitäten entstanden.

Ein Grund für die hohe vulkanische Aktivität ist, dass die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte durch Island verlaufen. Die Platten driften auseinander, wodurch die Insel ständig wächst. Zudem befindet sich unter der Insel ein sogenannter Hotspot, bei dem Magma aus Tiefen bis zu 2.900 Kilometern aufsteigt. Der Hotspot ist ortsfest, die Platten bewegen sich darüber hinweg.

Mehr Informationen: Wanderung durchs Lavafeld und Abstieg in das Innere einer erkalteten Lavakammer inklusive Lunch am Basecamp (ca. 6 Stunden): Kosten circa 320 EUR.  https://insidethevolcano.com

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion