Fischer verklagen Zementkonzern Holcim AG auf Schadensersatz für Klimafolgen
Vier Fischer von der indonesischen Insel Pari wollen in der Schweiz gegen den weltgrößten Zementkonzern Holcim AG mit Sitz im Kanton Zug vor Gericht ziehen. Das berichtet „n-tv“. Der Grund: Der Meeresspiegel im Umfeld der Insel sei in den vergangenen Jahren um etwa 20 Zentimeter angestiegen und dies bedrohe die Existenz der Bewohner.
Klimawandel auf der Insel spürbar
Elf Prozent der Landfläche habe das Meer bereits an sich gezogen, so die Kläger. Die Fischerei und der hauptsächlich aus Jakarta ankommende Tourismus leide unter den nach Einschätzung der Inselbewohner zunehmenden extremen Wetterlagen.
Unter Berufung auf ein Papier des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) wollen sie nun gegen den Zementkonzern vorgehen. Sie sehen im Klimawandel den Grund für die Bedrohung ihrer Heimat – und meinen, dass insbesondere der Weltkonzern in hohem Maße zur Umweltzerstörung beigetragen habe. Deshalb verlange man nun Schadensersatz und die Finanzierung von Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Beeinträchtigung der Insel.
Das US-amerikanische Climate Accountability Institute macht Holcim für 0,42 Prozent der gesamten – das Klima potenziell beeinflussenden – Treibhausgase verantwortlich, die seit dem Jahr 1750 weltweit in die Luft geblasen wurden. Allein in der Zeit zwischen 1950 und 2020 habe der Schweizer Konzern sieben Milliarden Tonnen Zement produziert. Umweltforscher halten die Zementerzeugung, was die Emissionen von CO₂ anbelangt, für dreimal so intensiv wie den Flugverkehr. Klima-Aktivisten hoffen, dass von einem möglichen Erfolg einer Klage gegen Holcim eine Vorbildwirkung für mögliches weiteres Vorgehen gegen Unternehmen ausgeht.
Holcim arbeitet bereits jetzt an emissionsärmeren Zement-Lösungen
Dass ausgerechnet die Holcim AG zum Ziel einer solchen Klage wird, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Der Konzern präsentiert sich selbst als „global führender Anbieter innovativer und nachhaltiger Baulösungen“, der „grünere Städte“ ermögliche.
Es sei grundsätzlich machbar, emissionsarm mit Zement zu bauen, allerdings nicht in jedem Kontext. Zudem sei Nachhaltigkeit auch in diesem Bereich eine Preisfrage. Der CO₂-emissionsintensive Bereich ist das Material, aus dem der Zement hergestellt wird. Indem Zementklinker im Drehrohrofen gebrannt werden, wird im Kalkstein gebundenes CO₂ freigesetzt. Klinker macht jedoch bis zu 95 Prozent des handelsüblichen Zements aus.
Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) berichtet, hat Holcim bereits ein knappes Viertel seiner Produktion auf sogenannten „Susteno“-Zement umgestellt. In diesem aus Bauschutt gewonnenen Mischgranulat mit höherem Anteil an Gips und Ölschiefer fällt der Klinkeranteil demnach auf 55 Prozent. Mit dieser Innovation ist der Konzern ein Vorreiter. Er hofft nun auf eine Anpassung der Baunormen und eine Zulassung in der EU. Zudem nehmen Zement und Beton während des Aushärtens große Mengen CO₂ aus der Umgebung wieder auf – erst dadurch erhält der Baustoff seine Festigkeit.
Umweltfreundlichere Varianten nicht flächendeckend verfügbar
Allerdings macht man vonseiten der Holcim AG auch darauf aufmerksam, dass es derzeit problemlos möglich sei, einzelne Bauwerke mit dem klinkerarmen Zement zu bauen. Eine Lösung auf breiter Ebene sei dies jedoch nicht. „Wir können eine Brücke ohne Klinker bauen, aber keine Städte“, äußert sich Holcim-Schweiz-Chef Simon Kronenberg gegenüber der NZZ.
Die Mischung, die den Klinker ersetzen kann, muss eine bestimmte Zusammensetzung aufweisen. Diese sind jedoch nicht überall im ausreichenden Maße und schnell genug verfügbar, zudem muss der Transportweg kurz und einfach genug sein, um Kostenexplosionen zu verhindern. Im Asien- und Pazifikraum, wo Städte schnell wachsen und Transportwege weit sein können, ist eine Verwendung des nachhaltigen Zements häufig nicht wirtschaftlich.
Die aktuelle Klage – deren Erfolgsaussichten aufgrund der Beweislastverteilung und komplexer Adäquanzzusammenhänge ungewiss erscheinen – trifft allenfalls einen potenziellen Helfer aus der angespannten Situation der Inselbewohner.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 53, vom 16. Juli 2022.
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