Indien-Wahl: Modi-Partei verliert absolute Mehrheit

In Indien hat die Partei von Premierminister Modi erstmals seit zehn Jahren ihre absolute Mehrheit verloren, bleibt jedoch stärkste Kraft im Parlament. Die Opposition gewann deutlich zu. Kritiker sehen in Modis Hindu-Nationalismus eine Gefahr für die säkulare Demokratie.
Titelbild
Indien alter und neuer Premierminister Narendra Modi (r). im Hintergrund der Chef der Bharatiya Janata Party (BJP), Jagat Prakash Nadda. Modi gewann die Parlamentswahlen am 4. Juni 2024 in Neu-Delhi.Foto: Money Sharma/AFP via Getty Images
Epoch Times5. Juni 2024

Bei der Parlamentswahl in Indien hat die Partei von Premierminister Narendra Modi das erste Mal seit zehn Jahren ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren. Die BJP sicherte sich 240 der insgesamt 543 zur Wahl stehenden Sitze, wie Daten der Wahlkommission nach dem Auszählen aller Stimmen am Mittwoch zeigten.

Sie bleibt aber weiter stärkste Kraft. Zusammen mit ihren Koalitionspartnern kommen die Hindu-Nationalisten nach Auswertung örtlicher Medien auf 292 Sitze, die eine Regierungsbildung zuließen. Es wurde erwartet, dass Modi nach Premier Jawaharlal Nehru der zweite Regierungschef seines Landes wird, der drei Amtszeiten in Folge regieren kann.

Opposition legte deutlich zu

Bei der vorherigen Wahl im Jahr 2019 hatte die BJP noch allein 303 Sitze gewonnen – und damit deutlich mehr als die zum Regieren erforderliche Mehrheit von 272 Mandaten. Zusammen mit ihren Verbündeten hatte sie vor fünf Jahren 353 Sitze und damit eine satte Mehrheit.

Vor dieser Wahl hatte Modi als Ziel ausgegeben, diese Mehrheit auf mehr als 400 Sitze auszubauen. Doch ein solch überwältigender Sieg blieb aus.

Stattdessen konnte das Oppositionslager unter der Führung der Kongresspartei überraschend zulegen. Die Kongresspartei verdoppelte ihre Sitzzahl im Vergleich zu der vergangenen Wahl im Jahr 2019 beinahe – von 52 auf 99 Sitze – und bleibt zweitstärkste Kraft. Ihr Oppositionsbündnis kam lokalen Medien zufolge auf 234 Sitze.

Die Wahl in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt dauerte mehr als sechs Wochen. Knapp eine Milliarde Menschen war wahlberechtigt – mehr als die Bevölkerung der Europäischen Union und der USA zusammen. Mehr als 8.000 Kandidaten waren angetreten.

Modis Hindu-Nation

Kritiker sehen in Modis Hindu-Nationalismus eine Gefahr für die säkulare Demokratie Indiens und die Rechte von Minderheiten.

Narendra Modi und seine Bharatiya Janata Party (BJP) verfolgen eine hindu-nationalistische Agenda, die als Hindutva bekannt ist. Diese zielt darauf ab, die Dominanz der hinduistischen Religion und Kultur in Indien zu etablieren. Dies zeigt sich in verschiedenen Maßnahmen.

Modi nutzt hindu-nationalistische Symbole und Rhetorik, wie die Einweihung des Ram-Tempels in Ayodhya an der Stelle einer abgerissenen Moschee, um Anhänger zu gewinnen. Seine Teilnahme an der Einweihung des Ram-Tempels hat Indien symbolisch von einem säkularen Staat in einen Hindu-Staat verwandelt und Minderheiten untergeordnet.

Die BJP versucht, die Geschichte umzuschreiben und Namen zu ändern, um die Hindu-Identität zu fördern. Beispiele sind die Umbenennung von Allahabad in Prayagraj und die Bezeichnung Indiens als „Bharat“.

Angriffe, Gewalt und Diskriminierung gegen religiöse Minderheiten, insbesondere Muslime und Christen, haben zugenommen. Die Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um die Rechte und den Status von Minderheiten zu untergraben. Dazu gehört die Aufhebung des Sonderstatus des mehrheitlich muslimischen Kaschmir und die Einführung eines Staatsbürgerschaftsgesetzes, das muslimische Einwanderer diskriminiert.

In BJP-regierten Bundesstaaten wurden Anti-Konversionsgesetze erlassen, die die Möglichkeiten von Minderheiten zur freien Ausübung ihres Glaubens einschränken. (dpa/red)



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