Indien-Pakistan: Kriegsgefahr

„Die Beziehungen zwischen den verfeindeten Brüdern Pakistan und Indien sind nie besser gewesen.“ Das galt noch bis vor zwei Wochen. Einige Tage später schlugen die Attentäter in der schönen Stadt Bombay zu.
Titelbild
Protestierende mit der indischen Nationalflagge. Sie verbrennen Bilder des pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardari und des mutmaßlichen Kopfes der Anschläge in Mumbai 1993, Verbrecher Dawood Ibrahim. (AP Photo/Ajit Solanki)
Von 8. Dezember 2008

In Wahrheit ist nicht zu ersehen, wer tatsächlich hinter dem 60-stündigen Gemetzel steckt. Was natürlich dabei klar wurde, ist, dass die Mujahedeen den gerade erst eingeleiteten Prozess der Aussöhnung im Ansatz verhindern möchten. Nun stellt sich die Frage: Werden die Attentäter jemals in der Lage sein, ihre schrecklichen und wahren Ziele zu erreichen? Zurzeit wird in Indien gewählt und die landesweiten Wahlen sind für das Frühjahr angesetzt. Auch die Feinde des Friedens haben wieder Oberwasser.

Die Gründe dafür sind hauptsächlich im Innenpolitischen zu suchen. Es ist die Zeit für religiöse Parteien wie die oppositionelle Partei BJP. Die Hindus haben die Macht, alle Vorurteilsregister gegen die Muslime zu mobilisieren. Unter anderen ist die Kongresspartei von Sonja Gandhi unter Druck geraten. Sie steht im permanenten Verdacht, muslimischen Wählerstimmen des angriffslustigen Islamismus nicht entschieden genug entgegenzutreten.

Schon am Tag nach dem Beginn der Bombay-Attacken wies Premierminister Manmohan Singh mit dem Finger in Richtung Pakistan, damit dem Vorwurf frühzeitig begegnet werden konnte. Gegen den Versöhnungsprozess stellen sich gewichtige Gegner in beiden Staaten, weswegen er am seidenen Faden hängt. Der militärische Nachrichtendienst der Streitkräfte Pakistans ISI steht in schlechtem Ruf, und das Militär in Pakistan unter chronischem Verdacht, die Aktivitäten islamistischer Terrorgruppen zu unterstützen, wenn nicht gar im eigenen Land unterzubringen.

Die indische Regierung fordert von Pakistan die unverzügliche Auslieferung von 20 Terror-Verdächtigen. Das muss in der Hauptstadt Islamabad als Herausforderung angesehen werden. Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari, der bereits als korrupter Straftäter und politischer Opportunist aufgefallen war, muss die Forderung als Demütigung auffassen. Ginge er darauf ein, würde er es riskieren, einen weiteren Putsch der pakistanischen Armee heraufzubeschwören.

Zardari will Versöhnung

Angeblich möchte der Präsident unter sechs Jahrzehnte der Feindseligkeiten und des Misstrauens zwischen Indien und Pakistan einen Schlussstrich ziehen. Doch das vertraute Feindbild in der indischen Regierung hat sich mit den vergangenen drei Kriegen und zahllosen Terrorattacken um Kaschmir längst befestigt. Es ist äußerst bequem und wirkungsvoll, Pakistan die Schuld tragen zu lassen, die Bombay-Attacken gesteuert zu haben. Das sind die von den indischen Medien begierig ausgemalten, angeblichen Wünsche des Volkes nach einem neuen Waffengang gegen den schlimmsten Feind. Das ist zwar Teil des Wahlkampfs, was aber nicht heißen muss, dass es deshalb ungefährlich sei. Der einzige Sonnenschein, der die jahrelangen Konflikte beenden könnte, ist in Vernunft und Gelassenheit zu sehen. Eine Auseinandersetzung auf die gewohnte Weise würde eine Vereinigung Pakistans mit den militanten Islamisten und den Taliban zur Folge haben.

Die Taliban und Al Qaida profitieren durch die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern. Die Lage ist angespannter denn je, da die Religion zwischen Hindu und Muslimen eine große Rolle spielt. Die religiösen Unterschiede führten die Länder mehrmals in Kriegsgefahr. Pakistan und Indien besitzen schwere Atomkraft, was die Situation noch mehr verschlimmert. Außerdem sitzen die Politiker schon bereit, den Drücker für die Atombomben zu betätigen. Wobei der pakistanische Präsident vor einigen Tagen versprochen hat, „sein Land wird nicht das erste sein, das Atomwaffen einsetzt“. Die Weisheit seiner Frau Benazir Bhutto, die vor einem Jahr ermordet wurde, war: „in jeden Pakistaner steckt ein Stück Indien, in jedem Inder ein Stück Pakistan“.

Shams Ul Haq schreibt als internationaler Journalist für Zeitungen aus London und Pakistan sowie für deutschsprachige Zeitungen, unter anderem für die Wiener Zeitung und den Bund aus der Schweiz. Der in Pakistan geborene Asien-, Terrorismus- und Migrations-Experte lebt derzeit abwechselnd in Deutschland, Pakistan und London.



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