Indien baut Einfluss auf Weltmarkt für Halbleiter aus – Europa droht Chance zu verschenken
Am 13. März hatte Indiens Premierminister Narendra Modi virtuell gleich an drei Grundsteinlegungen für Halbleiterfabriken teilgenommen. Zwei davon befinden sich in seinem Heimatbundesstaat Gujarat, das Dritte in Assam. Modi erklärte, die Werke, die bis Ende des Jahres stehen sollen, würden Indien helfen, im Bereich der Halbleiter zum führenden Player zu werden.
Joint Ventures mehrerer Länder werden mit Micron Technology zusammenarbeiten
Insgesamt sollen die drei Fabriken, sobald sie betriebsfähig sind, einen Gesamtwert von deutlich mehr als 20 Milliarden US-Dollar aufweisen. Wie der „Business Standard“ berichtet, werden die Werke in Dholera und Morigaon von der Tata-Gruppe initiiert. Beim Erstgenannten ist Taiwans Powerchip-Gruppe der Partner und die Investition hat einen Wert von etwa elf Milliarden. Im zweiten Fall arbeitet man mit der Test Pvt. Ltd. zusammen – dort ist das Werk etwa 3,3 Milliarden US-Dollar wert.
In Sanand errichtet CG Power zusammen mit Japans Renesas Electronics und Thailands Star Microelectronics ein Chip-Packaging-Werk im Wert von zehn Milliarden US-Dollar. Spätestens 2026 sollen alle genannten Werke produzieren. Ihr primärer Partner wird die erste High-End-Halbleiterfabrik im Land sein. Diese will der US-Chiphersteller Micron Technology bis Ende dieses Jahres fertigstellen.
Die hergestellten Teile sollen in einer Vielzahl an Endgeräten Verwendung finden – von Elektroautos über Fahrzeugteile, Mobiltelefone und weitere elektronische Geräte. Infrastrukturminister Ashwini Vaishnaw kündigte an, Indien werde „bis 2029 zu den Top 5 der Chip-Ökosysteme in der Welt gehören“.
Halbleiter werden entscheidender Faktor für Industrie der Zukunft sein
In einem Exklusivinterview mit der englischsprachigen Epoch Times erläuterte Akhil Ramesh, Direktor des Indien-Programms des in Honolulu ansässigen Pacific Forum, die Bedeutung der Investitionen für Indien. Die Halbleiter werden, so Ramesh, der zentrale Faktor in der „Industrie 4.0“ sein.
Die bisherigen industriellen Revolutionen seien durch Dampf, Elektrizität sowie durch Automatisierung und Maschinen geprägt gewesen. Nun gehe es um intelligente Computer – und Halbleiter seien der Schlüsselfaktor dazu. Gelinge Indien der Aufstieg in diesem Bereich, werde dies auch ein wichtiger Faktor für den geopolitischen Einfluss des Landes sein. Dafür müsse man in der Lage sein, Standards zu setzen.
Die Regierung Modi hatte 2021 die Halbleiter-Offensive verkündet. Die jetzt ins Auge gefassten Werke sollen etwa 20.000 direkte und 60.000 indirekte Arbeitsplätze schaffen. Von besonderer Bedeutung sei allerdings, dass man jetzt seine eigenen Lieferketten diversifiziere und anderen selbst diese Möglichkeit biete.
Invasion von Peking in Taiwan hätte verheerende Konsequenzen in der Lieferkette
Dabei gehe es auch um die Beseitigung von Abhängigkeiten von potenziellen geopolitischen Rivalen, erläutert Ramesh. Dies sei nicht zuletzt auch ein Angebot an den Westen:
„Indiens jüngste Ankündigungen zu Halbleiterfabriken sind Teil der breiteren ‚China+1-Strategie‘ des Westens, die darauf abzielt, wichtige Lieferketten von China weg zu diversifizieren.“
Für Indien sei es ebenso wie für andere Länder unerlässlich, ihre Lieferketten vor gegnerischen Mächten zu schützen und verlässliche Partnerschaften mit gleichgesinnten Nationen zu schließen.
Derzeit kontrolliere China im Halbleitersegment vor allem die Bereiche Montage, Prüfung und Verpackung. Der Westen habe in den Bereichen Design und Patente noch einen nennenswerten eigenen Einfluss, Taiwan dominiert die Fertigung. Eine mögliche Invasion des KP-Regimes im freien Teil Chinas hätte schwerste Konsequenzen für den gesamten Weltmarkt.
USA investieren – Europäer sanktionieren
Die USA haben diesen Zusammenhang erkannt. Dies macht sich unter anderem daran bemerkbar, dass ein Unternehmen wie Micron Technology, derzeit Platz 5 unter den weltgrößten Herstellern von Halbleitern, verstärkt in Indien investiert und Partnerschaften aufbaut.
Partnerschaften in Indien seien für US-Unternehmen bedeutsam, weil Neu-Delhi Bedenken hat, multilaterale Handelsabkommen in diesem Bereich einzugehen. Zu groß ist die Sorge um einen Verlust der eigenen Industrie und vor allem chinesischen Dumpingpraktiken auf dem Weltmarkt.
In Europa meint man demgegenüber, Indien gegenüber ideologisch auftreten zu können. Ohne überhaupt nähere Gründe dafür anzugeben, hat die EU den indischen Mikroelektronikhersteller Si2 Microsystems auf eine Sanktionsliste gesetzt.
Wahrscheinlicher Grund dafür ist die Lieferung von Dual-Use-Gütern an Russland. Si2 entwirft integrierte Schaltungen für die kommerzielle, militärische und Raumfahrtindustrie. Die Komponenten könnten dementsprechend auch im Ukraine-Krieg zur Anwendung kommen.
Ausbau der Weltmarktstellung bei Halbleitern von Herausforderung begleitet
Für Indien sei es „von entscheidender Bedeutung, dass Indien einen zukunftsorientierten Handelsansatz verfolgt“, äußert Ramesh gegenüber der Epoch Times. Dazu dürfe sich Indien nicht in sein „geografisches Schicksal“ fügen, das den primären Handel mit seinen Nachbarstaaten nahelege. Vielmehr müsse das Land seine heimische Produktion in eine exportorientierte Produktion umwandeln.
Probleme dabei seien Ineffizienz und Steuergeldverschwendung wegen unzureichender Kontrollmaßnahmen. Dies habe im Vorjahr ein geplantes Joint Venture zwischen Taiwans Foxconn und dem indischen Bergbauunternehmen Vedanta vereitelt.
Zudem sei die Infrastruktur in vielen Teilen Indiens – sogar entwickelten Großstädten – oft unzureichend ausgebaut und es komme zu Stromausfällen. Die Halbleiterindustrie sei zudem für die Umwelt belastend, insbesondere aufgrund des enormen Wasserbedarfs. Außerdem sieht Ramesh nach wie vor eine hohe Abhängigkeit von ostasiatischen Partnern bei der Herstellung von Hochtechnologie. Diese schaffe etwa Probleme bei der Gewinnung von Arbeitskräften und Personal – die allenthalben knapp seien.
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