Immer mehr Länder Europas verhängen neuen Corona-Lockdown – Slowakei testet alle 4,5 Millionen Einwohner
Der britische Premierminister Boris Johnson verkündete am Samstag einen zweiten Lockdown in England, der vier Wochen dauern soll. In Österreich gilt ab Dienstag eine nächtliche Ausgangssperre, Portugal und Griechenland verhängten ebenfalls Teil-Lockdowns. Die Slowakei begann mit flächendeckenden Corona-Tests der gesamten Bevölkerung.
Großbritannien schließt Schulen bis 2. Dezember
„Jetzt ist die Zeit um Handeln, weil es keine Alternative gibt“, sagte der britische Premier Johnson. SARS-CoV-2 verbreite sich „noch schneller als im schlimmsten Szenario der wissenschaftlichen Berater“. Unmittelbar vor der Bekanntgabe des erneuten Lockdowns hatte die Zahl der Positivtests in Großbritannien die Schwelle von einer Million überschritten, nachdem fast 22.000 positive Ergebnisse binnen 24 Stunden gemeldet worden waren.
Der Lockdown in England beginnt am Donnerstag und ist befristet bis zum 2. Dezember. Die Schulen sollen geöffnet bleiben. Geschäfte der Grundversorgung dürfen öffnen, die Bevölkerung soll abgesehen vom Gang zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt zu Hause bleiben.
Österreich mit nächtlicher Ausgangssperre
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete einen erneuten Lockdown bis Ende November. Betroffen sind wie in Deutschland Gastronomie, Kultur- und Sportstätten. Der Einzelhandel darf offen bleiben, ebenso Kindergärten und Schulen. Oberstufenschüler und Studenten müssen jedoch auf Fernunterricht ausweichen. Zudem gilt eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 20.00 und 06.00 Uhr.
Auch in Griechenland gilt ab Dienstag ein Teil-Lockdown mit einer Schließung von Restaurants, Cafés, Museen und Kinos. In Portugal tritt am Mittwoch ein Teil-Lockdown in Kraft, der für rund drei Viertel der Bevölkerung gilt. In den betroffenen Kommunen sollen sich die Bürger in ihre Wohnungen zurückziehen, sie dürfen aber zur Arbeit gehen, wenn Heimarbeit nicht möglich ist, und ihre Kinder in die Schule bringen. Geschäfte müssen spätestens um 22.00 Uhr schließen
Tschechien verlängerte den Corona-bedingten Ausnahmezustand bis zum 20. November.
Slowakei testet flächendeckend gesamte Bevölkerung
Einen Sonderweg geht die Slowakei: Dort ging am Samstag die erste Phase flächendeckender Corona-Tests für die gesamte Bevölkerung zu Ende. In etwa 5.000 Testzentren im ganzen Land standen rund 45.000 medizinische Fachkräfte, Soldaten und Polizisten bereit, um alle Bürger ab zehn Jahren kostenlosen Schnelltests zu unterziehen. Ministerpräsident Igor Matovic erklärte, mit den Massentests könnten „hunderte Menschenleben“ gerettet werden. Bei einem Erfolg sieht er sie zudem als Vorbild für andere Länder: Die ganze Welt werde das Experiment aufmerksam verfolgen.
Seit Freitag wurden unter der Regie des Verteidigungsministeriums in vier besonders stark betroffenen Bezirken an der Grenze zu Polen alle mehr als zehn Jahre alten Bewohner einem Antigen-Schnelltest unterzogen. An den beiden nächsten Wochenenden soll der Rest des Landes folgen – immerhin rund fünf Millionen Menschen.
Regierungschef Igor Matovic nannte die Durchführung einen Erfolg. Schon in dieser ersten Phase seien „schätzungsweise an die 6000 potenziellen Verbreiter des Virus entdeckt worden, die unter normalen Umständen gar nicht hätten auffallen können“, erklärte Matovic.
Die Armee stellte für die nächsten Massentests rund 8.000 Soldaten ab. Matovic gab Zweifeln von Experten an der Treffsicherheit der eingesetzten Schnelltests teilweise Recht und warnte vor einem „trügerischen Sicherheitsgefühl“. Auch mit einem negativen Testergebnis solle man weiterhin auf Sicherheitsregeln wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes achten.
Die rund 5,4 Millionen Einwohner zählende Slowakei ist das erste Land dieser Größe, das seine gesamte Bevölkerung testet. In Europa haben bisher nur kleinere Länder wie Luxemburg und Monaco flächendeckende Tests angekündigt.
Spanien und Italien: Der Unmut wächst
In Italien und Spanien wächst derweil der Unmut über die Corona-Maßnahmen. Dort lieferten sich Demonstranten am Wochenende gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei, es gab Verletzte und Festnahmen.
In Rom versammelten sich am Samstagabend mehrere hundert Menschen auf dem zentralen Campo de‘ Fiori im Stadtzentrum. Weil einige Demonstranten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern warfen, löste die Polizei die Demonstration mit Schlagstöcken auf. Auch eine zweite Protestaktion in Rom endete mit Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
In den vergangenen Tagen hatte es bereits in anderen italienischen Städten – darunter auch Mailand, Neapel und Turin – teils gewaltsame Proteste gegen die Corona-Beschränkungen gegeben.
Um die rasante Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen, erwägt die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte Medienberichten zufolge inzwischen auch einen Lockdown in Großstädten wie Mailand und Neapel. (afp)
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