Idlib – Die letzte Hochburg der Islamisten in Syrien

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Ein am 29. Juni 2021 aufgenommenes Drohnenbild zeigt den Sonnenuntergang über der von Rebellen gehaltenen nordwestlichen Stadt Idlib.Foto: OMAR HAJ KADOUR/AFP über Getty Images
Epoch Times13. Juli 2021

Nach zehn Jahren Krieg ist die Region Idlib die letzte Hochburg der Islamisten in Syrien. Verschiedenste islamistische Gruppen und andere Milizen kontrollieren fast die ganze Provinz an der Grenze zur Türkei sowie angrenzende Gebiete der Provinzen Aleppo, Hama und Latakia. Die Zukunft der Region, in der Hunderttausende Flüchtlinge leben, ist völlig ungewiss.

Stärkste Kraft ist Hajat Tahrir al Scham (HTS), früher der syrische Ableger des Terrornetzwerkes El Kaida. HTS dominiert auch die zivile Verwaltung der Region, die so genannte Regierung der Rettung.

2,9 Millionen Menschen leben in dem Gebiet, zwei Drittel von ihnen sind laut UNO Vertriebene. Sie flohen aus anderen Rebellenhochburgen, als diese von den Regierungstruppen zurückerobert wurden. Mehr als eine Million von ihnen wohnt in improvisierten Lagern.

Durch mehrere Offensiven der syrischen Armee und ihrer russischen Verbündeten gegen Idlib verloren die Islamisten Territorium. „Jetzt kontrollieren sie 3.000 Quadratkilometer“, sagt der Geograf und Politikwissenschaftler Fabrice Balanche. „Im September 2017 waren es noch 9.000 Quadratkilometer.“ Trotz sporadischer Zusammenstöße profitiert die Region seit März 2020 von dem von Moskau und Ankara ausgehandelten Waffenstillstand.

HTS hat geschätzt 10.000 Kämpfer

Die von den Vereinten Nationen und der EU als „terroristisch“ eingestufte HTS zählt laut einem UN-Bericht etwa 10.000 Kämpfer, meist Syrer. Die Islamistengruppe kontrolliert den Treibstoffhandel und verdient damit dem Bericht zufolge etwa eine Million Dollar monatlich. Auch über die Verteilung der humanitären Hilfe wache HTS. Ein Teil der Hilfsgüter werde „konfisziert, um das Netzwerk ihrer Günstlinge zu stärken“, heißt es in dem Bericht.

Die islamistischen Gruppen in Idlib bekriegen sich auch untereinander. Gegenspieler von HTS ist unter anderen Hurras el Din („Wächter der Religion“), ein weiterer syrischer Ableger von El Kaida mit laut UNO etwa 2.000 bis 2.500 Kämpfern. Eine weitere Gruppierung ist die Islamische Turkestan Partei, deren Anhänger meist aus der uigurischen muslimischen Minderheit in China stammen. Sie hat rund 3.000 bis 4.500 Kämpfer.

Tausende Ausländer, darunter viele Franzosen, Briten und Tschetschenen, kämpfen auf der Seite der Islamisten, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet. Auch von der Türkei finanzierte, ebenfalls islamistische Milizen operieren in Idlib.

Ankara will weitere Fluchtwelle von Syrern in die Türkei verhindern

Ankara will auf jeden Fall verhindern, dass noch mehr Syrer in die Türkei flüchten. 3,6 Millionen Flüchtlinge hat das Land bereits aufgenommen. „Eine neue Welle von syrischen Flüchtlingen würde Ankara vor ernsthafte politische, wirtschaftliche und humanitäre Herausforderungen stellen“, sagt Dareen Khalifa von der International Crisis Group (ICG).

Das Land versuche daher eine „Balance“ zwischen seinen Interessen zu finden, Idlib nicht an Damaskus fallen zu lassen und gleichzeitig „die Beziehungen zu Moskau zu pflegen und eine riskante Konfrontation zu vermeiden“, sagt Khalifa weiter.

Syrische Regierung will gesamte Provinz zurückerobern

Die syrische Regierung hingegen will die gesamte Provinz zurückerobern. Sie hat bereits Gebiete entlang der strategisch wichtigen Autobahn M4 eingenommen, die die Metropole Aleppo mit Latakia verbindet, der Hochburg der Herrscherfamilie Assad.

Verfolgt Damaskus diese Strategie weiter, würde Ankara „etwas im Austausch dafür wollen“, sagt der Politologe Balanche. „Meiner Meinung nach ein neues kurdisches Gebiet.“ In den vergangenen Jahren hat die Türkei mit ihren syrischen Milizen bereits mehrere Gebiete der kurdischen Minderheit in Nordsyrien erobert.

Eine syrisch-russische Offensive gegen Idlib würde „einen frontalen Zusammenstoß mit der türkischen Armee“ bedeuten, sagt ein westlicher Diplomat und verweist darauf, dass die Türkei bereits 15.000 Mann in der Enklave habe. Die Folge wären Millionen Vertriebene und „eine direkte Bedrohung der Türkei und des Westens durch bestimmte terroristische Gruppen“.

Gebiete der Islamisten könnten als „türkisches Protektorat“ bestehen bleiben, als „neuer Gazastreifen“, sagt der Politologe Balanche. „Ein schmaler Streifen unter der Kontrolle von islamistischen Gruppen wie HTS, die eine Flüchtlingsbevölkerung verwalten – abhängig von internationaler humanitärer Hilfe.“ (afp)



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