„Ich will mein altes Leben wiederhaben“: Sufian, ein deutscher Terrorist in kurdischer Haft hofft auf baldige Heimkehr
Sufian will nur noch nach Hause. Der deutsche Konvertit, der sich vor drei Jahren der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) in Syrien angeschlossen hatte, bereut heute seine Begeisterung für die sunnitische Islamistengruppe und hofft auf eine rasche Heimkehr.
„Ich will nur mein altes Leben wiederhaben“, sagt der 36-jährige Stuttgarter im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP im nordsyrischen Rmelan, wo er mit seiner Frau und seinem Sohn seit über einem Jahr in kurdischer Haft sitzt.
Wie der deutsche Konvertit sind hunderte ausländische IS-Kämpfer in den Gefängnissen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien in Haft. Die Kurden lehnen es ab, ihnen den Prozess zu machen, doch die Heimatländer der Terroristen haben wenig Lust, die Extremisten heimzuholen. Auch Deutschland hat, soweit bekannt, bisher keine deutschen IS-Kämpfer zurückgeholt. Sufian hat jedoch noch nicht die Hoffnung aufgegeben.
„Jeder macht Fehler. Ich war naiv“, sagt Sufian auf Englisch, das mit arabischen Wörtern durchmischt ist. Der bärtige junge Mann, der seinen deutschen Namen nicht nennen will, trägt einen schwarzen Kapuzenpullover bei dem Gespräch, das in Gegenwart eines kurdischen Kämpfers stattfindet. „Wenn ich nach Deutschland zurückkehren kann, und Deutschland mich bestrafen will, werde ich das akzeptieren und ins Gefängnis gehen.“ Er hoffe auf „Milde“, wie sie Deutschland schon öfter gezeigt habe.
Der Stuttgarter sagt, er habe sich im März 2015 den islamischen Terroristen angeschlossen, die im Vorjahr ein „Kalifat“ in Teilen Syriens und des Iraks ausgerufen hatten. Zunächst sei er einen Monat mit anderen Ausländern aus Australien und Russland gefangen gehalten worden, habe dann aber eine einmonatige Militärausbildung erhalten, bevor er einem Bataillon zugeteilt worden sei. „Ich habe nicht gekämpft, ich habe niemals jemanden getötet“, versichert Sufian.
Nach eigener Aussage fand er dank seiner langjährigen Arbeitserfahrung in der Herstellung orthopädischer Schuhe in der syrischen IS-Hauptstadt Raka eine Anstellung in einem Krankenhaus. „Sie haben mir beigebracht, Prothesen herzustellen. Bis zur Ankunft der YPG war dies meine Arbeit: Ich habe Prothesen und orthopädische Schuhe produziert“, sagt Sufian und bestreitet jede direkte Beteiligung an der IS-Schreckensherrschaft.
Vor knapp zwei Jahren heiratete Sufian eine Syrerin aus der Provinz Idlib und bekam mit ihr einen Sohn. Als die YPG und verbündete arabische Milizen mit Unterstützung der US-Streitkräfte die Stadt Raka einkreisten, seien sie nach Majadin im äußersten Osten Syriens geflohen, sagt er. Als auch diese Stadt unter Beschuss syrischer und russischer Truppen geriet, hätten sie entschieden, sich den kurdischen Kämpfern zu stellen.
Während Sufian ins Gefängnis wanderte, kamen seine Frau und sein Sohn in ein Lager für IS-Angehörige. Heute sind 900 ausländische Terroristen sowie knapp 550 Frauen und rund 1200 Kinder in den Händen der Kurden. Früher sei er nicht immer stolz darauf gewesen, Deutscher zu sein, doch heute sei dies anders, sagt Sufian. In Syrien gelte Deutschland „als Paradies“, sagt er. „Ich will in mein Land, meine Mutter, meinen Vater sehen.“
Als er seine Eltern kontaktierte, waren sie erleichtert, dass er noch am Leben ist. Ihrer Schwiegertochter und ihrem Enkel schickten sie einen Brief – darin ein wenig Geld und das Foto eines Fahrrads, das sie für den kleinen Jungen bereithalten. Sufian hofft nun auf einen Neuanfang. „Ich weiß nicht, welche Strafe ich erhalten werde. Ich hoffe, sie wird nicht zu lang sein. Meine Frau und mein Sohn fehlen mir“, sagt der einstige islamische Terrorist. (afp/so)
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