Hunderte Journalisten demonstrieren in Malta nach Mord an Journalistin – Sohn schreibt: „Wir sind ein Mafia-Staat“
Drei Tage nach der Ermordung der maltesischen Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia haben hunderte Journalisten vor dem Parlament in Valetta demonstriert. Sie hielten am Donnerstag Plakate und „blutbefleckte“ Zeitungstitelseiten in die Höhe, auf denen es hieß, sie würden sich nicht einschüchtern lassen. Die drei Söhne der Ermordeten forderten unterdessen den maltesischen Regierungschef Joseph Muscat zum Rücktritt auf.
Vom Parlament zogen die Journalisten mit einer „blutbefleckten“ Malta-Fahne zum Justizpalast. Dort hinterließen sie einen Antrag, bei den Ermittlungen zu dem Mord die Quellen der Journalistin zu schützen.
Am Sonntag werden in Malta alle Zeitungen, Radio- und Fernsehsender sowie Online-Medien mit demselben Aufmacher zur Verteidigung der Pressefreiheit erscheinen. „Wir haben eine nationale Kampagne beschlossen unter dem Motto ‚Der Stift besiegt die Angst'“, sagte die Vorsitzende des maltesischen Journalismus-Instituts, Norma Saliba, der Nachrichtenagentur AFP.
Ebenfalls für Sonntag riefen Journalisten zu einer weiteren landesweiten Demonstration für Gerechtigkeit und gegen Einschüchterung der Medien auf. Der Polizeichef Lawrence Cutajar hielt unterdessen eine Pressekonferenz ab, auf der er für Freitag die Autopsie des Leichnams ankündigte. Unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen sagte er sonst kaum etwas.
Die drei Söhne lehnten einen Vorschlag Muscats ab, mit einer hohen Belohnung die Fahndung nach den mutmaßlichen Attentätern zu forcieren. Am Mittwoch hatte der Sozialdemokrat im Parlament vorgeschlagen, eine „substanzielle und beispiellose Belohnung“ aussetzen zu lassen, um die Mörder Caruana Galizias zu finden.
Nach Angaben der drei Söhne sind rund eine Million Euro im Gespräch. Allerdings zeigten sich die Söhne „nicht an einer strafrechtlichen Verurteilung interessiert“, die nur denen in der Regierung nutze, die von dem „Mord an unserer Mutter profitieren“ und die dann sagen wollten, „der Gerechtigkeit wurde Genüge getan“.
Der Regierungschef habe sie um Zustimmung zu der Auslobung der Belohnung gebeten, sagten die Söhne der 53-Jährigen, Matthew, Andrew und Paul. „So kann er sie bekommen: Zeigen Sie politische Verantwortung und treten Sie zurück.“ Und vor einem Rücktritt könne Muscat noch dafür sorgen, dass der Polizeichef und der Generalstaatsanwalt durch furchtlose Beamte ersetzt würden, die gegen „ihn und diejenigen, die er deckt“, ermittelten.
Sie warfen Muscat vor, ihre Mutter „finanziell kaputt gemacht und so brutal und wirksam entmenschlicht“ zu haben, dass sie sich nicht mehr sicher gefühlt habe. Tatsächlich hatte Muscat die Journalistin erst jüngst in der italienischen Zeitung „La Repubblica“ erneut als seine „größte Gegnerin“ bezeichnet. Caruana Galizia habe ihn seit seiner Zeit als Oppositionsführer „angegriffen“.
Sohn schreibt: „Wir sind ein Mafia-Staat“
„Meine Mutter wurde ermordet, weil sie zwischen dem Gesetz und jenen stand, die es verletzen wollen“, schrieb Sohn Matthew auf Facebook. Unter der Regierung Muscat herrsche eine Kultur der Straflosigkeit, die eine solch grausame Tat überhaupt erst ermöglicht habe. „Wir sind ein Mafia-Staat“, schrieb er weiter.
Die 53-jährige Journalistin war am Montag durch eine unter ihrem Auto befestigte Bombe getötet worden. Caruana Galizia hatte mehrere Korruptionsaffären aufgedeckt. Die Vorwürfe im Zusammenhang mit den „Panama Papers“ richteten sich unter anderem gegen Muscats Frau und andere Vertraute des Regierungschefs.
Aus einem Bericht des „Tagesspiegel“ geht hervor, dass die Journalistin dem Team des International Consortium of Investigative Journalists angehört hatte, das im April 2016 die „Panama Papers“ veröffentlichte. In dem Dossier spielte nicht nur Panama, sondern auch Malta eine wichtige Rolle – als Steuerparadies und Sitz von mehr als 70 000 Offshore-Firmen. Daphne Galizia entdeckte, dass die Gattin des Premierministers, Michelle Muscat, bei einer Bank in Panama ein Konto besaß, auf das Schmiergelder in Millionenhöhe aus Aserbaidschan geflossen waren. Vorwürfe im Zusammenhang mit Offshore-Konten richteten sich auch gegen den Energieminister sowie gegen Muscats Kabinettschef. Unter dem Eindruck des Skandals musste Muscat zurücktreten und Neuwahlen ansetzen. Trotz der Affäre gewann er die Wahlen und kehrte ins Amt zurück.
Weiter heißt es, vor dem Anschlag auf die Bloggerin seien in Malta in den vergangenen zwölf Monaten bereits fünf weitere Menschen durch Bomben getötet worden. Daphne Caruana Galizia habe gewusst, dass sie gefährlich lebte: Vor 15 Tagen habe sie sich noch wegen Morddrohungen bei den Behörden gemeldet. Zu ihrem Schutz sei aber nichts unternommen worden. „Wo du auch hinschaust, überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos“, schrieb sie am Montag um 14.35 Uhr. Es war der letzte Eintrag in ihren Blog – 25 Minuten später war sie tot.
(afp/mcd)
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