Horn von Afrika: Streit um Wasserressourcen am Nil droht zu eskalieren
Am Horn von Afrika droht eine militärische Eskalation. Grund dafür ist die anhaltende Befüllung des seit 2011 im Bau befindlichen Renaissance-Staudamms am Nil durch Äthiopien. Das Land hat 2022 mit dieser begonnen. Die Anrainerstaaten Sudan und Ägypten befürchten, durch die Fortführung des Vorhabens zunehmend von der Wasserversorgung durch den nordwärts ins Mittelmeer fließenden Strom abgeschnitten zu werden.
Nil trägt zu 98 Prozent zu Wasserversorgung in Oberägypten bei
Eine Vereinbarung zur Nutzung der Wasserressourcen des in Ruanda entspringenden Nils gibt es nicht. Dies unterscheidet die Lage am Nil von jener am Senegal-Fluss, wo sich die Anrainerstaaten Senegal, Mauretanien, Guinea und Mali bereits 1972 auf eine Kooperation zur Nutzung geeinigt hatten.
Bereits 2021 warnte der internationale Sicherheitsexperte Franck Galland gegenüber „Vatican News“ vor dem Eskalationspotenzial, das mit dem Staudamm zusammenhängt. Eine Einigung war schon damals nicht in Sicht. Äthiopien mit seinen mehr als 120 Millionen Einwohnern sichert durch die Wasserkraft den größten Teil seiner Stromversorgung. Dabei kommt dem Dammbauprojekt eine Schlüsselrolle zu.
Allerdings sind auch der Sudan und vor allem Ägypten von der Wasserversorgung durch den Nil abhängig. Stocke diese, sei die Funktionsfähigkeit der Turbinen des Assuan-Damms in Gefahr. Der Fluss sichere 98 Prozent der Wasserversorgung in Oberägypten. Galland äußerte über die Versorgung Ägyptens:
„Es braucht das Wasser einfach, vor allem für seine Lebensmittel. Man kann also schon verstehen, dass Ägypten diese Frage des Staudamms als eine Frage seiner nationalen Sicherheit behandelt.“
Will al-Sisi durch nationalistische Rhetorik Protesten in Ägypten vorbeugen?
Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi hat dies auch jüngst erneut betont und militärische Schritte nicht ausgeschlossen. Wie auch der Sudan fordert Ägypten von Äthiopien die Bereitschaft zu einer bindenden Vereinbarung über Betrieb und Stauvolumen des Projekts. In Addis Abeba steht man hingegen auf dem Standpunkt, weder der Wasserzufluss in den Sudan noch nach Ägypten seien gefährdet.
Vielmehr sei die „Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre“ (GERD), wie sie in Äthiopien heißt, ein Ausdruck nationaler Souveränitätsrechte. In Kairo beharrt man demgegenüber auf der Gültigkeit des 1929 mit der Kolonialmacht Großbritannien abgeschlossenen Nilvertrages. Dieser sichert Ägypten den größten Teil der Wasserressourcen des Nil zu, während Äthiopien gar nicht erst erwähnt wird.
Direkte Kampfhandlungen um den Staudamm am Nil hätten unkalkulierbare Folgen
Im Jahr 2013 hatte al-Sisi durch einen blutigen Militärputsch die Regierung des 2012 gewählten Präsidenten Muhammad Mursi gestürzt. Seither geht die Führung massiv gegen die Muslimbruderschaft vor. Die Vereinigung ist dadurch stark geschwächt, allerdings ist die wirtschaftliche Lage im Land angespannt und könnte Unzufriedenheit verstärken.
Eine Eskalation des Konflikts rund um die GERD könnte für die gesamte Region schwerwiegende Folgen haben. Ägypten gehört zu den stärksten Militärmächten Afrikas, während der Sudan und Äthiopien durch bewaffnete Konflikte im Inneren geschwächt sind. Allerdings ist die Reichweite der ägyptischen Luftwaffe beschränkt und eine mögliche Beschädigung des Staudamms könnte für den Wasserfluss unkalkulierbare Folgen haben.
Die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation erscheint noch nicht als akut. Allerdings sind mehrere Formen der Konfrontation jenseits einer solchen möglich. Eine davon sind wechselseitige Handelsembargos oder Blockaden. Ein Risiko bleiben auch mögliche Cyberangriffe auf Einrichtungen der Wasserversorgung.
Ägypten vor Verlegung von Soldaten nach Somalia
In einigen Grenzgebieten zwischen Ägypten, dem Sudan und Äthiopien gibt es ungelöste Fragen bezüglich des Verlaufs, was ebenfalls in bewaffnete Auseinandersetzungen münden könnte. Ägypten plant außerdem im Einvernehmen mit der dortigen Zentralregierung eine Entsendung von Truppen nach Somalia, um dort dschihadistische Aufständische zu bekämpfen. Dies könnte jedoch auch zu einer direkten Konfrontation mit äthiopischen Truppen an der Grenze zwischen beiden Ländern führen.
Als denkbare Form der Eskalation der Spannungen sind auch wechselseitige Versuche in Betracht zu ziehen, lokale Milizen oder bewaffnete Oppositionsgruppen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Um eine mögliche Lösung des Staudamm-Konflikts bemühen sich unterschiedliche Akteure wie die UNO, die USA, die Türkei oder das chinesische KP-Regime. Ein Durchbruch ist jedoch nach wie vor nicht in Sicht.
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