Hongkong: „Stand News“ und Ex-Redakteure wegen Volksverhetzung verurteilt
Rückschlag für die Pressefreiheit in Hongkong: Ein Gericht hat den Betreiber der pro-demokratischen Nachrichtenplattform „Stand News“ und deren beiden Ex-Chefredakteure wegen „Volksverhetzung“ verurteilt.
„Ich erkläre die drei Angeklagten für schuldig“, sagte Richter Kwok Wai-kin am Donnerstag im Gericht des Verwaltungsbezirks Wan Chai.
Die Journalisten Chung Pui Kuen und Patrick Lam sowie die Betreiber der 2021 geschlossenen Website waren wegen „Verschwörung zur Veröffentlichung und Vervielfältigung aufrührerischer Publikationen“ angeklagt.
Angeklagte unterstützten die „Autonomie Hongkongs“
In der schriftlichen Begründung des Urteils erklärte der Richter, „Stand News“ habe die „Autonomie Hongkongs unterstützt und vorangetrieben“. Zudem sei die Plattform zu einem Werkzeug geworden, um die Behörden der Zentralregierung in Peking und die Hongkonger Regierung zu „verleumden und zu diffamieren“.
Auch das Mutterunternehmen Best Pencil Limited wurde für schuldig befunden. Das Vergehen kann mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.
Es ist die erste Verurteilung dieser Art seit die britische Kronkolonie Hongkong 1997 an China gegeben wurde.
Das Urteil ist ein weiterer herber Rückschlag für die Pressefreiheit im Land. Auf der Liste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen ist die Sonderverwaltungszone in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Platz 18 auf Platz 135 abgerutscht.
Kritik an Peking unerwünscht
„Stand News“ erreichte während der pro-demokratischen Proteste in Hongkong 2019 eine große Leserschaft.
Die Staatsanwaltschaft führte in dem Prozess zahlreiche Artikel des Mediums als Beweismittel an, in denen die Beschneidung von Freiheiten in der früheren britischen Kronkolonie seit der gewaltsamen Niederschlagen massiver pro-demokratischer Proteste durch die Zentralregierung in Peking kritisiert wurde.
Mehr als 100 Menschen hatten sich zur Urteilsverkündung vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Vertreter mehrere Konsulate, darunter die USA, Großbritannien und die Europäische Union, wohnten der Urteilsverkündung bei.
Der Vorwurf der Volksverhetzung stammt noch aus der britischen Kolonialzeit. Er kam jahrzehntelang nicht zur Anwendung, wird jedoch seit 2020 von den Behörden gegen Regierungsgegner eingesetzt.
In einem weiteren Prozess wurde am Donnerstag ein Angeklagter wegen eines angeblich geplanten Bombenanschlags auf die Polizei in Hongkong während der Proteste im Jahr 2019 verurteilt.
Sechs weitere Angeklagte wurden Medienberichten zufolge von der Jury freigesprochen. Dem Verurteilten Lai Chun-pong droht eine Strafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis.
50 Jahre „Ein Land, zwei Systeme“?
Die Übergabe Hongkongs von Großbritannien an China erfolgte am 1. Juli 1997. In einer gemeinsamen Erklärung von 1984 hatten sich Großbritannien und China darauf geeinigt, Hongkong den Status einer Sonderverwaltungszone zu gewähren.
Unter dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ sollte Hongkong für 50 Jahre, also bis 2047, weitgehende Autonomie behalten.
Dies beinhaltete die Beibehaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems sowie bestimmter Grundrechte wie Pressefreiheit, Religionsfreiheit und Demonstrationsrecht.
Beobachter stellen in den letzten Jahren eine starke und zunehmende Einschränkung dieser Freiheiten durch die KP Chinas fest, insbesondere seit der Einführung des nationalen Sicherheitsgesetzes im Jahr 2020. (afp/red)
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