Historischer US-Bundesprozess: Trump plädiert auf nicht schuldig

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat sich am Dienstag vor einem US-Bundesgericht in Miami in 37 Anklagepunkten zu seinem Umgang mit geheimen Regierungsdokumenten für nicht schuldig erklärt.
Titelbild
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump trifft zum Parteitag der Republikaner Georgias am 10. Juni ein. In einer Rede warf er dort Joe Biden und dem US-Justizministerium im Zusammenhang mit seiner Anklage Gesinnungsjustiz vor.Foto: Anna Moneymaker/Getty Images
Von 14. Juni 2023

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„Einer der traurigsten Tage in der Geschichte unseres Landes“, schrieb Trump am 13. Juni auf Truth Social, als er auf dem Weg zum Bundesgericht war. „Wir sind eine Nation im Niedergang!!!“

Trump und seine republikanischen Unterstützer haben die Anschuldigungen als politisch motiviert bezeichnet, während andere darin den Beweis sehen, dass niemand über dem Gesetz steht.

Die Anklage ist der jüngste Schritt in einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Justizministerium (DOJ) und dem ehemaligen Präsidenten, der nun ernsthafte Auswirkungen auf das Präsidentschaftsrennen 2024 hat, bei dem Trump der führende republikanische Kandidat ist.

Die Anklageverlesung

Der ehemalige Präsident traf mehr als eine Stunde vor der für 15 Uhr angesetzten Anklageverlesung im Bundesgericht in Miami ein. Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Präsident der Vereinigten Staaten formell angeklagt wird, gegen Bundesgesetze verstoßen zu haben.

Trump wurde festgenommen. Das Gerichtspersonal nahm seine Fingerabdrücke elektronisch ab. Der Präsident wurde nicht fotografiert. Die Festnahme dauerte rund zehn Minuten.

Mehrere Hundert Trump-Anhänger versammelten sich zwischen den Palmenreihen auf dem weitläufigen Gerichtsplatz. Zahlreiche Beamte der lokalen, staatlichen und Bundespolizei waren ebenfalls anwesend.

Während der etwa 35-minütigen Anklageverlesung wirkte Trump in seinem blauen Anzug und der roten Krawatte, die zu seinen Markenzeichen zählen, ruhig und gelassen.

Trump erschien vor Bezirksrichter Jonathan Goodman, begleitet von seinen Anwälten Todd Blanche, einem ehemaligen Bundesstaatsanwalt, und Christopher Kise.

Im Gerichtssaal saßen eine Handvoll Zuschauer aus der Bevölkerung. Auf der Galerie befanden sich etwa 45 Reporter, die nach dem Zufallsprinzip aus einer großen Zahl von Journalisten vor Ort ausgewählt worden waren, sowie drei Zeichner.

In der Anklageschrift heißt es, Trump habe 31 Regierungsdokumente, von denen einige als streng geheim eingestuft waren, unrechtmäßig zurückgehalten.

Die Dokumente enthielten „Informationen über die Verteidigungs- und Waffenkapazitäten der Vereinigten Staaten und anderer Länder, über die Nuklearprogramme der Vereinigten Staaten, über die mögliche Verwundbarkeit der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten durch militärische Angriffe und über Pläne für mögliche Vergeltungsmaßnahmen im Falle eines ausländischen Angriffs“, heißt es in der Anklageschrift.

Die Anklageschrift argumentiert auch, dass Trump im Jahr 2021 in zwei Fällen geheime Dokumente an andere Personen weitergegeben habe, was einen möglichen Verstoß gegen das Bundesgesetz über Spionage darstellt.

Die schwersten Anklagepunkte können mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft werden.

Auf die Frage, ob er ein Geständnis ablegen wolle, sagte Blanche im Namen seines Mandanten: „Wir plädieren auf jeden Fall auf nicht schuldig.“

Trump beteuerte beharrlich seine Unschuld und bezeichnete die Vorwürfe als „Justizfarce“, „Wahlmanipulation“ und „Hexenjagd“.

Ein Mann hält ein Trump-Schild vor dem Bundesgerichtshof in Miami am 13. Juni 2023. Foto: Madalina Vasiliu/Epoch Times

Chronologie des Falles

Der Fall dreht sich um eine Kette von Ereignissen, die vor mehr als zwei Jahren mit einem Antrag der National Archives and Records Administration (NARA, das Nationalarchiv der Vereinigten Staaten) auf Rückgabe von Regierungsdokumenten begann. Sie führte schließlich zur Vollstreckung eines Durchsuchungsbefehls in Mar-a-Lago, zur Einsetzung eines Sonderstaatsanwalts und zur Anklageerhebung gegen den ehemaligen Präsidenten am 8. Juni.

Am 6. Mai 2021 forderte die NARA Unterlagen von Trump an, da sie vermutete, dass etliche Regierungsdokumente fehlten. Im Dezember desselben Jahres teilte ein Vertreter Trumps der NARA mit, dass in Mar-a-Lago etwa ein Dutzend Kisten mit Dokumenten des Präsidenten gefunden worden seien und Mitarbeiter nach weiteren Dokumenten suchten.

Im Januar 2022 übergaben Vertreter Trumps 15 Kisten mit Dokumenten an die NARA.

Im Februar gab die NARA bekannt, dass sie unter den Trump-Dokumenten „als geheim eingestufte Informationen über die nationale Sicherheit“ gefunden habe. Im April forderte das Anwaltsbüro des Weißen Hauses die NARA auf, dem FBI Zugang zu den 15 Mar-a-Lago-Kisten zu gewähren. Das FBI gab später bekannt, dass die Agenten 67 Dokumente mit dem Vermerk „vertraulich“, 92 mit dem Vermerk „geheim“ und 25 mit dem Vermerk „streng geheim“ gefunden hätten.

Trump behauptete, er habe das Material freigegeben.

Im Juni übergaben Trumps Anwälte der NARA weitere 38 Dokumente mit Geheimhaltungskennzeichen, darunter fünf mit dem Vermerk „vertraulich“, 16 mit dem Vermerk „geheim“ und 17 mit dem Vermerk „streng geheim“. Trumps Anwälte bestätigten damals, dass sie nach sorgfältiger Suche davon ausgingen, dass sich keine weiteren klassifizierten Dokumente in Mar-a-Lago befänden.

Im August durchsuchten FBI-Agenten mit einem Durchsuchungsbefehl Mar-a-Lago, was viele als Razzia im Haus des ehemaligen Präsidenten bezeichnen. Die Beamten beschlagnahmten 36 Gegenstände mit etwa 100 geheimen Dokumenten. Das Justizministerium (DOJ) erklärte später, dass das geheime Material „wahrscheinlich versteckt und aus einem Lagerraum in Mar-a-Lago entfernt“ worden sei, um die Ermittlungen zu behindern.

Trump kündigte seine Präsidentschaftskampagne 2024 am 15. November 2022 an. Drei Tage später ernannte das Justizministerium Jack Smith zum Sonderermittler, der die Ermittlungen gegen Trump leiten sollte.

Am 8. Juni 2023 gab Trump in den sozialen Medien bekannt, dass seine Anwälte ihn über die Anklage informiert hätten.

Alina Habba, eine Sprecherin von Donald Trump, am 13. Juni 2023 vor dem Bundesgerichtshof in Miami. Foto: Madalina Vasiliu/Epoch Times

Trump unbeeindruckt

Zwei Tage nach Bekanntwerden der Anklage setzte Trump seine Wahlkampftour fort. In einer Rede vor Anhängern in Columbus, Georgia, ging der Ex-Präsident sowohl gegen das Justizministerium als auch gegen Präsident Joe Biden in die Offensive.

„Die lächerliche und unbegründete Anklage durch die Instrumentalisierung des Justizministeriums der Biden-Regierung wird als einer der schrecklichsten Machtmissbräuche in die Geschichte unseres Landes eingehen“, sagte er vor rund 3.000 Menschen, die sich am 10. Juni zum Parteitag der Republikaner versammelt hatten.

Trump und andere argumentieren, dass die Anklage gegen ihn darauf abziele, die Aufmerksamkeit von einem sich anbahnenden angeblichen Korruptionsskandal abzulenken, in dessen Mittelpunkt der demokratische Präsident Joe Biden steht. Das besagen Informationen, die die Republikaner im Repräsentantenhaus herausgefunden haben wollen.

„Biden versucht, seinen wichtigsten politischen Gegner ins Gefängnis zu bringen, genau wie im stalinistischen Russland oder im kommunistischen China“, sagte Trump dem Publikum.

Trump wies auch darauf hin, dass Biden geheime Dokumente aus seiner Zeit als US-Senator besitze.

„Biden hatte weder die Befugnis noch das Recht, diese Dokumente zu besitzen“, sagte Trump. „Aber dem ‚Crooked Joe‘ [betrügerischen Joe] ist nichts passiert.“

Sowohl Biden als auch der ehemalige Vizepräsident Mike Pence übergaben im vergangenen Jahr freiwillig geheime Dokumente, die sie in ihren Akten entdeckt hatten, an die Bundesregierung.

Ein Demonstrant hält ein Schild vor dem Bundesgerichtshof in Miami am 13. Juni 2023. Foto: Madalina Vasiliu/Epoch Times

Politiker reagieren

Die meisten republikanischen Politiker sehen in der Anklage einen politischen Angriff auf Trump.

„Es ist unanständig, dass ein Präsident den Spitzenkandidaten seines Gegners anklagt. Joe Biden hat jahrzehntelang geheime Dokumente aufbewahrt“, schrieb der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy, auf Twitter.

„Joe Biden hat heute Abend sein Justizministerium benutzt, um seinen größten politischen Gegner Trump anzuklagen. Er hat die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten, um sich selbst zu begünstigen. Er hat das Land in große Gefahr gebracht“, schrieb der republikanische Senator Josh Hawley auf Twitter.

Die Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 schlugen im Allgemeinen in die gleiche Kerbe und attackierten eher das Justizministerium als ihren politischen Gegner Trump.

Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, prangerte die „Instrumentalisierung der Strafverfolgung auf Bundesebene“ an. Die ehemalige Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sagte, das amerikanische Volk sei „müde von der Übermacht der Staatsanwälte“.

Nur die ehemaligen Gouverneure Chris Christie aus New Jersey und Asa Hutchinson aus Arkansas kritisierten Trump wegen der Anklage.

Die Wagenkolonne des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kommt am 13. Juni 2023 am Wilkie D. Ferguson Jr. United States Courthouse in Miami, Florida, an. Foto: REUTERS/Brendan Mcdermid

Christie sagte in einem am 9. Juni ausgestrahlten „Fox-News“-Interview, Trumps „Wunden“ seien „selbst verschuldet“. „Das ist eine Bürde, die Donald Trump tragen muss, wenn er im November bei den Präsidentschaftswahlen antritt. Warum sollten wir dieses Risiko eingehen?“, so Christie.

Hutchinson forderte Trump in einer Erklärung am 8. Juni auf, sich aus dem Präsidentschaftswahlkampf zurückzuziehen. „Dies unterstreicht die Notwendigkeit für Donald Trump, das Amt zu respektieren und seine Kampagne zu beenden.“

Die Demokraten werteten die Anklage als Beweis, dass das amerikanische Justizsystem funktioniere.

Der demokratische Kongressabgeordnete Adam Schiff schrieb auf Twitter, die Anklage bestätige die Rechtsstaatlichkeit. „Vier Jahre lang hat er so getan, als stünde er über dem Gesetz. Aber er sollte wie jeder andere Gesetzesbrecher behandelt werden. Und heute ist es geschehen“, schrieb Schiff.

„Trumps Chaos geht weiter“, schrieb der demokratische Abgeordnete Greg Landsman auf Twitter. „Was er diesem Land antut, der Extremismus und die Gefahr, die er und seine Verbündeten darstellen, müssen ein Ende haben.“

Der weitere Weg

Trump wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Die meisten Bedingungen für eine Freilassung vor dem Prozess wurden fallen gelassen.

Goodman erließ eine einstweilige Verfügung, die es Trump verbot, mit Zeugen oder Opfern zu sprechen, es sei denn über deren Anwälte. Eine Ausnahme machte der Richter für Zeugen, mit denen Trump regelmäßig Kontakt hat, darunter sein Mitangeklagter und Mitarbeiter Walt Nauta. In diesen Fällen verbot der Richter Trump, über den Fall zu sprechen.

Rechtsexperten gehen davon aus, dass Trumps Verteidiger versuchen werden, den Prozess so lange wie möglich hinauszuzögern.

Für Trump geht der Wahlkampf 2024 weiter. Auch wenn er wegen der Vorwürfe verurteilt wird, hindert ihn kein Gesetz daran, für die Präsidentschaft zu kandidieren oder sie zu gewinnen.

Nach dem Verlassen des Gerichtsgebäudes hielt Trumps Autokolonne an einem kubanischen Restaurant namens Versailles, wo er sich mit Anhängern traf. Einige Gäste beteten mit ihm. Andere sangen ein Geburtstagsständchen zum 14. Juni, dem 77. Geburtstag des ehemaligen Präsidenten.

Trump rief der Menge „Essen für alle“ zu.

Der ehemalige Präsident beklagte auch den Zustand der Nation und sagte: „Wir haben ein Land, das im Niedergang begriffen ist, und das können wir nicht zulassen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Trump Pleads Not Guilty in Historic Federal Case“ (deutsche Bearbeitung jw)



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