Hilfslieferungen in den Gazastreifen aus Ägypten soll beginnen
Kurz vor der drohenden Bodenoffensive Israels gegen die islamistischen Hamas-Angreifer im Gazastreifen kommt in das Ringen um die dringend nötige Hilfe für die verzweifelte Bevölkerung Bewegung. Die in Ägypten am Grenzübergang Rafah lagernden Hilfsgüter sollen laut eines israelischen Armeesprechers spätestens am Samstag im Gazastreifen ankommen.
Die beabsichtigte Öffnung des Grenzübergangs Rafah zwischen Ägypten und dem Palästinensergebiet wurde am Donnerstag vom staatsnahen ägyptischen TV-Sender Al Kahera News gemeldet.
Am Grenzübergang Rafah, dem einzigen nicht von Israel kontrollierten Zugang zum Gazastreifen, wurden am Donnerstag durch israelische Luftangriffe verursachte Schäden beseitigt. Die Öffnung war von US-Präsident Joe Biden und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi vereinbart worden. Zuvor hatte Israel, das den Gazastreifen seit dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober komplett abgeriegelt hat, auf Ersuchen Bidens den Lieferungen zugestimmt. Nach den Worten des US-Präsidenten sollen zunächst 20 Lastwagen in den Gazastreifen fahren dürfen.
Seit Tagen warten laut Augenzeugen „150 Lastwagen in Rafah“, die Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen wollen. Auf der anderen Seite der Grenze warteten derweil dutzende Palästinenser und hofften darauf, nach Ägypten zu gelangen.
EU-Ratspräsident Charles Michel wird am Samstag nach Ägypten reisen und angesichts einer möglichen Flüchtlingswelle aus dem Gazastreifen um Unterstützung für das Land werben. „Ägypten braucht Unterstützung, also lassen Sie uns Ägypten unterstützen“, sagte Michel, der während seines Besuchs Präsident al-Sisi treffen wird.
Israels Bodenoffensive: „Der Befehl wird kommen“
Israels Verteidigungsminister Joav Galant kündigte derweil Medienberichten zufolge eine baldige Bodenoffensive an. „Der Befehl wird kommen“, sagte er demnach den nahe der Grenze zur von Israel abgeriegelten Küstenenklave aufmarschierten Truppen. US-Präsident Joe Biden will unterdessen beim Kongress ein Hilfspaket beantragen, das auch „beispiellose Hilfe für Israel“ enthalten soll.
„Wir werden dafür sorgen, dass andere feindliche Akteure in der Region wissen, dass Israel stärker ist als je zuvor, und verhindern, dass sich dieser Konflikt ausweitet“, sagte Biden gestern Abend (Ortszeit) in einer Rede an die Nation. Israel und die Palästinenser verdienten es gleichermaßen, in Sicherheit, Würde und Frieden zu leben. „Wir dürfen den Frieden nicht aufgeben. Wir dürfen eine Zweistaatenlösung nicht aufgeben“, sagte Biden. Von Frieden können die Menschen in der Region jedoch derzeit nicht einmal träumen.
Blutiger Häuserkampf droht
Experten warnen vor einem blutigen Häuserkampf, sollte Israel wie erwartet Bodentruppen in den dicht besiedelten Gazastreifen am Mittelmeer schicken. Israel will nach den verheerenden Terroranschlägen der Hamas am 7. Oktober die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der islamistischen Organisation ausschalten. Mehr als 1400 Menschen sind in Israel den Hamas-Angriffen zum Opfer gefallen und mehr als 200 Menschen von ihr in den Gazastreifen entführt worden. Darunter sollen israelischen Medienberichten zufolge auch knapp 30 Kinder und Jugendliche sein. 100 bis 200 Menschen würden vermisst.
Seither greift Israels Luftwaffe Ziele im Gazastreifen an. In der Nacht wurde laut der israelischen Armee ein weiteres an den Terrorattacken beteiligtes Hamas-Mitglied getötet. Militante Palästinenser im Gazastreifen feuerten wiederum gestern am späten Abend erneut Raketen auf Tel Aviv und Israels Zentrum.
Nach Angaben des Innenministeriums der Hamas kamen am Donnerstagabend bei einem Angriff auf das Gelände einer Kirche mehrere Menschen ums Leben, die dort Zuflucht gesucht hatten. Die Hamas erklärte, bei dem Angriff auf die griechisch-orthodoxe St. Porphyrius-Kirche in Gaza habe es eine „hohe Zahl von Märtyrern und Verletzten“ gegeben und machte Israel verantwortlich.
Die israelische Armee erklärte auf Anfrage von AFP, ihre Kampfjets hätten ein Kommando- und Kontrollzentrum getroffen, das am Beschuss auf Israel beteiligt sei. Infolge des Angriffs sei eine Mauer von einer Kirche in dem Bereich beschädigt worden. „Uns sind Berichte über Opfer bekannt“, erklärte das Militär weiter. Die Armee prüfe den Vorfall.
Deutschland kündigt Hilfe für Menschen in Gaza an
Deutschland verstärkt seine Unterstützung für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit einer humanitären Soforthilfe in Höhe von 50 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm, das UN-Kinderhilfswerk Unicef und vor allem das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) unterstützt werden, wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gestern in Jordanien ankündigte. Heute wollte sie nach Israel und danach in den Libanon reisen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat seinem israelischen Kollegen Joav Galant die Unterstützung Deutschlands beim Kampf gegen die Hamas zugesichert. Vordringlichste Aufgabe sei es, eine Freilassung der Verschleppten zu erreichen, sagte der SPD-Politiker gestern in Tel Aviv bei einem Treffen mit Galant. Deutschland wolle auch dies unterstützen, wo immer möglich und sei bereit, Israels Militär mit Material zu unterstützen. (dpa/afp)
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