Helfer entdecken an der Küste Libyens 74 ertrunkene Flüchtlinge
Helfer des Roten Halbmondes haben an der Küste Libyens 74 ertrunkene Flüchtlingen entdeckt. Wie die Hilfsorganisation am Dienstag mitteilte, kamen die Menschen bei dem Versuch ums Leben, mit dem Boot über das Mittelmeer Richtung Europa zu gelangen. Der UN-Sondergesandte Martin Kobler bezeichnete die Zustände in den libyschen Flüchtlingslagern als „furchtbar, entsetzlich, grauenhaft“.
Dorfbewohner entdeckten die Gestrandeten bei Zawiya, 45 Kilometer westlich der Hauptstadt Tripolis. Es wurde befürchtet, dass bei dem Unglück bis zu hundert Menschen ums Leben kamen. „Einige Leichen treiben noch im Wasser“, erklärte der Rote Halbmond.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) teilte mit, das Boot sei vermutlich am Sonntag gekentert. Schlepper hätten den Motor gestohlen und das Boot im Mittelmeer treiben lassen. Laut IOM kamen in diesem Jahr bereits mindestens 365 Menschen bei dem Versuch ums Leben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die sich auf die gefährliche Reise über das Mittelmeer begeben, ist laut IOM gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen. Bis zum vergangenen Wochenende sei 10.120 Menschen die Überfahrt gelungen, im Vorjahr seien es im Vergleichszeitraum 6589 gewesen. Die meisten Boote legen im Westen Libyens ab, um nach Italien zu gelangen. Die Entfernung beträgt rund 300 Kilometer.
Libyen ist derzeit „Kein funktionierender Staat“
Kobler sagte nach dem Besuch von Flüchtlingslagern in Libyen, die dortigen Zustände seien „menschenunwürdig“. Wer es in Erwägung ziehe, die Flüchtlinge durch die Unterbringung in Aufnahmelagern in Libyen an der Überfahrt nach Europa zu hindern, solle sich einmal „eines dieser 21 Lager, in denen Fluchtwillige festgehalten werden, selbst anschauen“, sagte Kobler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Menschen werden im Dunkeln eingepfercht, müssen in Schichten schlafen, leiden unter Unterernährung.“
Libyen sei derzeit „kein funktionierender Staat“, sagte Kobler. Deutschland unterhalte dort „nicht einmal eine eigene Botschaft“. Zunächst müssten staatliche Institutionen wie Armee und Polizei aufgebaut werden. „Dann kann man sich über weitere Schritte unterhalten.“
Am Dienstag suchte Kobler ein Flüchtlingslager in Tripolis auf. Das nordafrikanische Land wird in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert, obwohl im vergangenen Jahr ein Versuch gestartet wurde, eine Einheitsregierung zu bilden.
Die EU sieht sich nach den Worten von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos besser für einen Andrang von Flüchtlingen über die Mittelmeerroute gewappnet als im vergangenen Jahr. „Wir müssen zumindest sagen, dass wir die Situation besser im Griff haben“, sagte Avramopoulos am Dienstag bei einem Treffen mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin. Die Lage in Libyen habe sich „etwas verbessert“, auch wenn das nordafrikanische Land weiter kein stabiler Staat sei. Die EU-Kommission stehe bereit, der italienischen Regierung notfalls „Hilfestellung“ zu leisten.
In Italien kamen im vergangenen Jahr 181.000 Flüchtlinge an – 90 Prozent von ihnen über Libyen. Nach Angaben von EU-Vertretern gibt es Schätzungen, wonach derzeit 300.000 bis 350.000 Flüchtlinge in Libyen auf die Überfahrt nach Europa warten. De Maizière verwies darauf, dass die Zusammenarbeit mit Transitstaaten wie Niger und Mali erste Früchte trage. So sei etwa die Zahl der Migranten, die über Niger nach Libyen reisten, jüngst zurückgegangen. (afp)
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