Harsche Kritik im EU-Parlament an Erdogans verbalen Entgleisungen

"Wir müssen die Verhandlungen auf Eis legen", forderte der Vorsitzende der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt, am Mittwoch während einer Debatte zur Zukunft der EU, mit Blick auf die Türkei-Beitrittsverhandlungen.
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EU-Parlament in Straßburg, Frankreich.Foto: Christopher Furlong/Getty Images
Epoch Times15. März 2017

Nach den jüngsten verbalen Entgleisungen des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan ist im Europaparlament der Ruf nach einem Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei wieder lautgeworden. „Wir müssen die Verhandlungen auf Eis legen“, forderte der Vorsitzende der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt, am Mittwoch während einer Debatte zur Zukunft der EU.

Ausgerechnet Erdogan, der in der Türkei ein autoritäres System einführen wolle, nenne einige EU-Staaten faschistisch. „Das ist zynisch“, sagte der ehemalige belgische Regierungschef. Sollte Erdogan „eines Tages wieder vernünftig werden, können wir uns wieder an den Verhandlungstisch setzen.“

Mehrere Redner betonten, aus heutiger Sicht sei ein Beitritt der Türkei zur EU völlig unrealistisch. Dem Mittelmeerland solle daher eine andere Art der Partnerschaft angeboten werden. Notwendig sei „mehr Ehrlichkeit“ gegenüber Ankara, forderte die CSU-Abgeordnete Angelika Niebler. „Wir müssen uns positionieren und die Verhandlungen einfrieren.“

Erdogan hatte die Niederlande vergangene Woche als „Überbleibsel der Nazis“ beschimpft, nachdem dort Wahlkampfauftritte türkischer Politiker verboten worden waren. Zuvor hatte er mit verbalen Angriffen auf Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Empörung gesorgt.

Mehrere EU-Spitzenpolitiker wiesen diese Äußerungen vor dem Europaparlament scharf zurück. Niemand habe das Recht, ein demokratisches Land zu beleidigen, sagte Parlamentspräsident Antonio Tajani. Wer das tue, beleidige alle Europäer und die Werte, die sie verteidigten. „Die Niederlande, das ist Europa“, sagte auch EU-Ratspräsident Donald Tusk. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies Erdogan in die Schranken. „Wir werden nicht akzeptieren, dass unsere Regierungen mit den Nazis verglichen werden“, sagte er unter lautem Applaus der Europaabgeordneten.

Die Türkei liegt seit Wochen im Streit mit mehreren EU-Ländern wegen Wahlkampfauftritten türkischer Minister. Sie wollen bei im Ausland lebenden Türken für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems werben, über das am 16. April mit einem Verfassungsreferendum abgestimmt wird.

Das Europaparlament hatte schon im November in einer Resolution „ein vorläufiges Einfrieren“ der Beitrittsverhandlungen mit Ankara gefordert. Die EU-Mitgliedstaaten beschlossen dann im Dezember, vorerst keine weiteren Beitrittskapitel zu eröffnen. (afp)



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