Widersprüchliche Angaben: Hamas antwortet auf Vorschlag für Gaza-Waffenruhe

Die Unterstützung des UN-Sicherheitsrats hat Bidens Plan schon. Jetzt muss noch die Hamas zustimmen – die Angaben über die jüngste Antwort der Organisation sind widersprüchlich. Doch auch Israel hat sich bislang nicht eindeutig geäußert. UN-Ermittler werfen Israel und Palästinensergruppen Kriegsverbrechen vor.
Titelbild
Ein israelischer Soldat hält Wache in einem Armeefahrzeug, das sich am 10. Juni 2024 in Südisrael entlang der Grenze zum Gazastreifen bewegt.Foto: Amir Levy/Getty Images
Epoch Times12. Juni 2024

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Elf Tage nach der Vorstellung eines Fahrplans zu einer dauerhaften Waffenruhe im Gazastreifen hat die islamistische Hamas nach eigenen Angaben ihre Antwort auf den Vorschlag von US-Präsident Joe Biden übermittelt.

Die Hamas und die militante Gruppe Palästinensischer Islamischer Dschihad bekundeten in einer gemeinsamen Erklärung an die katarischen und ägyptischen Vermittler, sich „positiv zu verhalten“, um eine Einigung zur Beendigung des Kriegs zu erzielen. Darin hieß es, die Priorität für Hamas und Islamischen Dschihad bestehe darin, dass der Krieg im Gazastreifen vollständig beendet wird und sich Israels Armee komplett zurückzieht.

Widersprüchliche Angaben

Über den genauen Inhalt der Antwort gibt es am Mittwoch unterschiedlich lautende Berichte.

Hamas und Islamischer Dschihad erklärten, ihre Antwort stelle „die Interessen unseres palästinensischen Volkes in den Vordergrund“ und betone „die Notwendigkeit eines vollständigen Stopps der anhaltenden Aggression gegen den Gazastreifen“. Beide Gruppen seien „bereit, sich zu engagieren, um eine Vereinbarung zu erreichen, die diesen Krieg beendet“.

Eine mit den Vorgängen vertraute Quelle, die anonym bleiben wollte, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Antwort der Hamas auf den israelischen Vorschlag enthalte „Änderungen“.

Israelische Medien und das US-Nachrichtenportal Axios berichteten, dass die Hamas den Plan abgelehnt habe.

Daraufhin veröffentlichte Hamas-Vertreter Issat al-Rischk eine Stellungnahme und schrieb, die Antwort der Palästinenserorganisation sei „verantwortungsvoll, ernsthaft und positiv“ und öffne „den Weg zu einem Abkommen“. Die israelischen Medienberichte zeugten „von Versuchen, Israel von den Verpflichtungen des Abkommens zu entbinden“, erklärte er.

„Wir haben die Antwort, die die Hamas an Katar und Ägypten übermittelt hat, erhalten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. „Wir werten sie nun aus.“

Auch Israel hat noch nicht klar zugestimmt

Ende Mai hatte US-Präsident Joe Biden einen dreistufigen Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg vorgestellt. Der Plan sieht vor, dass eine vorübergehende Waffenruhe eingehalten und währenddessen eine bestimmte Gruppe israelischer Geiseln freigelassen wird.

Im Gegenzug würden in Israel Inhaftierte freikommen. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.

Den USA zufolge hat nur die Hamas dem Plan bislang nicht zugestimmt. Eine klare und öffentliche Zustimmung gibt es bislang aber auch von der israelischen Regierung nicht. Ein Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, Benny Gantz, ist vor kurzem aus Protest aus der Notstandsregierung zurückgetreten, die unmittelbar nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober gebildet wurde.

Der UN-Sicherheitsrat hat sich inzwischen für den Vorschlag ausgesprochen und eine entsprechende Resolution angenommen.

US-Außenminister Blinken nimmt Hamas in die Pflicht

US-Außenminister Antony Blinken rief die Hamas dazu auf, dem Vorschlag zuzustimmen. „Es gibt nur eine Sache, die dem Zustandekommen dieses Abkommens im Wege steht, und das ist die Hamas“, sagte er in Jordanien auf einer Regierungskonferenz zur Lage im Gazastreifen.

„Deshalb ist meine erste und wichtigste Botschaft an jede Regierung, an jede multilaterale Institution, an jede humanitäre Organisation, die das große Leid in Gaza lindern will: Bringt die Hamas dazu, das Abkommen anzunehmen. Drängt sie öffentlich. Drängt sie privat.“

Unterdessen kündigte Blinken am Dienstag bei einer Hilfskonferenz für den Gazastreifen in Jordanien zusätzliche US-Hilfen für die Palästinenser in Höhe von 404 Millionen Dollar (knapp 377 Millionen Euro) an. Auch forderte er andere Staaten auf, ebenfalls mehr zu geben. „Einige haben ihre große Besorgnis über das Leid des palästinensischen Volks im Gazastreifen geäußert, darunter auch Länder, welche die Fähigkeit haben, viel zu geben und wenig oder nichts getan haben“, sagte der US-Chefdiplomat.

UN-Menschenrechtsrat spricht von Kriegsverbrechen

Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat Israel und mehreren Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Israel habe „die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Ausrottung, des Mordes, der geschlechtsspezifischen Verfolgung, die auf palästinensische Männer und Jungen abzielt, der Zwangsumsiedlung, der Folter und der unmenschlichen und grausamen Behandlung“ begangen, erklärte die im Mai 2021 vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Kommission in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

Zudem hätten der bewaffnete Arm der Hamas und sechs weitere Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen begangen.

Die Botschafterin Israels beim UN-Menschenrechtsrat in Genf, Meirav Shadar, warf der Kommission anti-israelische Parteilichkeit vor. Diese habe „erneut bewiesen, dass all ihre Handlungen einer politischen Agenda dienen, die sich gegen Israel richtet“, erklärte Shadar.

Die Vorsitzende der Kommission, die frühere UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay, erklärte, es sei „zwingend notwendig, dass alle, die Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden“. Die „einzige Möglichkeit, die immer wiederkehrenden Kreisläufe der Gewalt, einschließlich Aggression und Vergeltung von beiden Seiten zu beenden“, bestehe darin, „die strikte Einhaltung des Völkerrechts zu gewährleisten“.

Die UN-Untersuchungskommission war vom Menschenrechtsrat im Mai 2021 beauftragt worden, Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht in Israel und in den Palästinensergebieten zu untersuchen. Inzwischen konzentrieren sich die Ermittler auf den Großangriff der islamistischen Hamas und anderer Gruppen auf Israel 7. Oktober sowie das nachfolgende massive Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen.

Gewalt im Westjordanland

Seit dem Beginn des Krieges hat auch die Gewalt im von Israel besetzten Westjordanland massiv zugenommen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministerium und des Rote Halbmonds wurden bei einem israelischen Armeeeinsatz am Dienstag sechs Palästinenser im Alter zwischen 21 und 32 Jahren getötet. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Unterdessen wurde nach Angaben der Hisbollah-Miliz am Dienstag ein hochrangiger Kommandant der vom Iran unterstützten radikalislamischen Gruppe bei einem israelischen Angriff im Südlibanon getötet. Die Hisbollah benannte den Kommandanten als Sami Abdallah, genannt Abu Taleb, und gab zu einem späteren Zeitpunkt auch den Tod eines weiteren Hisbollah-Kämpfers bekannt. (afp/dpa/red)



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