Gruppenvergewaltigung in Italien – Meloni: Staat wird für Gerechtigkeit sorgen

Eine Gruppenvergewaltigung wühlt die historische Hafenstadt Catania an der Ostküste Siziliens in Italien auf. Das Opfer ist erst 13 Jahre alt. Die Polizei identifizierte sieben Tatverdächtige.
Titelbild
Catania, am Fuße des Ätna.Foto: IstockPhoto
Von 7. Februar 2024

In Catania, der zweitgrößten Stadt Siziliens, protestieren Menschen auf der Straße und diskutieren im TV. Es gab eine Gruppenvergewaltigung. Ein 13-jähriges Mädchen beschuldigt sieben Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 15 und 19 Jahren, in ein Sexualdelikt am Abend des 30. Januar verwickelt gewesen zu sein. Zwei der Beschuldigten hätten sie vergewaltigt, die anderen hätten ihren Freund in Schach gehalten.

Mittlerweile ist die Identifizierung der Tatverdächtigen abgeschlossen. Eine verdeckte Gegenüberstellung fand am 3. Februar statt und zwei Tage später, am Montag, wurden sie dem Ermittlungsrichter im Justizpalast von Catania vorgeführt.

Laut Italiens öffentlich-rechtlichem Rundfunksender Rai (Radiotelevisione italiana) protestierten „die Frauen von Catania“ am 31. Januar mit einem Sitzstreik vor der Präfektur. Sie wollten vom Präfekten empfangen werden und ihre „große Sorge um die Sicherheit der Stadt“ zum Ausdruck bringen, „die sich auf einem gefährlichen sozialen, wirtschaftlichen und ethischen Abstieg befindet“.

Meloni betroffen, Salvini fordert „chemische Kastration“

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni äußerte sich zu dem Fall in Catania: „Ein dreizehnjähriges Mädchen, das Opfer von Bandengewalt wurde, macht mich betroffen, und die Tatsache, dass dies an dem Tag geschah, an dem wir eine Märtyrerin des christlichen Glaubens feiern [die Schutzheilige Agatha, Anm. d. Red.], lässt uns eine Märtyrerin der sexuellen Gewalt sehen. Ich stehe der Familie nahe und versichere ihr, dass der Staat für sie da sein und für Gerechtigkeit sorgen wird. Die Nachricht hat mich sehr berührt.“

Angesichts des Falls brachte Italiens stellvertretender Ministerpräsident und Lega-Nord-Vorsitzender Matteo Salvini wieder die Diskussion um harte Strafen für Sexualstraftäter ins Gespräch. Salvini sprach auf Facebook von einer „Bande von sieben Ägyptern“, die ein „kleines Mädchen“ vor ihrem Freund vergewaltigt haben, der bedroht und ferngehalten worden sei: „Erzählen Sie mir nichts von ‚Toleranz‘ oder ‚Fehler‘. Angesichts solcher Schrecken kann es keine Gnade geben, sondern nur ein Heilmittel: chemische Kastration.“ Salvini erklärte in dem Post, dass er darauf zähle, „dass über den von der Liga vorgelegten Vorschlag so bald wie möglich abgestimmt wird“.

Nach Angaben von „Corriere della Sera“ habe Salvini und die Lega Nord nach der Gruppenvergewaltigung im Sommer 2023 in Palermo einen Gesetzentwurf im Senat vorgelegt, der eine pharmakologische Behandlung einer vollständigen Androgenblockade (männliche Geschlechtshormone) auf freiwilliger oder erzwungener Basis durch einen Richter vorsehe.

Im Park umringt und vergewaltigt

Auf Basis von Informationen des Staatsanwalts von Catania, Sebastiano Ardita, berichtete die italienische Nachrichtenseite „Il Post“, dass sich der Fall am Dienstagabend, 30. Januar, gegen 19:30 Uhr zugetragen hatte. Das Mädchen war mit seinem Freund, einem siebzehnjährigen Italiener, in der über Italien hinaus bekannten Parkanlage Villa Bellini im Zentrum von Catania unterwegs. Das Mädchen habe ausgesagt, dass zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Menschen in der Nähe waren.

Plötzlich seien sie von den sieben Tatverdächtigen ägyptischer Herkunft umzingelt und in Richtung einer öffentlichen Toilette gedrängt worden. „Dort, sagte das Mädchen, sei sie von zwei der Jungen vergewaltigt worden, während die anderen fünf ihren Freund festhielten und ihn zwangen, Zeuge der Vergewaltigung zu sein“, schilderte „Il Post“ das weitere Geschehen nach Angaben des Opfers. Nach Angaben von Rai wurde der 17-Jährige geschlagen und festgehalten, während das Mädchen in der Toilette vergewaltigt wurde. Zwei der Tatverdächtigen hätten das Geschehen von oberhalb der Toilettentrennwand beobachtet.

Das Mädchen habe nach Angaben der italienischen Zeitung „La Repubblica“ später der Polizei gegenüber berichtet, sie habe die Vergewaltiger angefleht, damit aufzuhören und sie gehen zu lassen.

Dem Mädchen sei es erst nach der zweiten Vergewaltigung gelungen, sich zu befreien und gemeinsam mit ihrem Freund zu entfliehen. Sie gelangten auf die viel befahrene Hauptstraße Via Etnea im historischen Zentrum der Stadt und baten Passanten um Hilfe. Polizei und Rettungswagen wurden alarmiert und das Mädchen anschließend ins Krankenhaus gefahren.

Schnelle Identifikation und Gegenüberstellung

Bei den rasch aufgenommenen Ermittlungen wurden Aufnahmen des Videoüberwachungssystems in der Gegend der Parkeingänge analysiert, da die Kameras im Park noch nicht aktiv gewesen waren. Auch die Bekleidung des Mädchens wurde ausgewertet. Nach Rai-Angaben wurden „biologische Proben, Blut-, Samen- und Speichelspuren“ entdeckt. Forensische Untersuchungen des RIS (Reparto Investigation Scientifiche) Messina brachten eine Übereinstimmung mit mindestens einem der später identifizierten minderjährigen Tatverdächtigen.

Laut Rai hatte die Bezirksstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen damit begonnen, nach einer Gruppe entsprechenden Alters und ägyptischen Ursprungs zu suchen. Es fand eine Überprüfung in den Aufnahmegemeinden statt. Einer der Vorgeladenen erklärte sich und nannte zwei weitere Namen. Er stellte sich als „Zeuge“ zur Verfügung. Laut „Il Post“ habe er jedoch bestritten, an der Gewalt beteiligt gewesen zu sein. Über TikTok-Kontakte wurden weitere Verbindungen offenbar. Am Ende hatte man sieben Namen und damit sieben Verdächtige.

„Ich will Gerechtigkeit“

Wenige Tage später, am 3. Februar, fand hinter einer Spiegelfront in der Polizeikaserne die Identifikation der Tatverdächtigen durch das 13-jährige Opfer statt. Rai zitiert das Mädchen: „Ich habe nur drei von ihnen gesehen: Zwei haben mich vergewaltigt, der andere hat zugeschaut, aber mein Freund hat sie alle gesehen“. Mehr habe sie nicht sagen wollen, weil sie verschwommene Gesichter im Kopf habe und keine unschuldigen Menschen beschuldigen wolle. Den Angaben zufolge stehe das Mädchen unter Schock, habe jedoch bekräftigt: „Ich will Gerechtigkeit.“

Im weiteren Verlauf schickten die Behörden drei der Beteiligten ins Gefängnis Piazza Lanza in Catania, während die anderen drei ins Aufnahmezentrum der Stadt für Migranten gebracht wurden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft, so „Il Post“, seien beide Hauptverdächtige minderjährig. Der siebte Verdächtige, der „Zeuge“, wurde unter Hausarrest gestellt und muss ein elektronisches Armband tragen, berichtete Rai. Dessen Rolle im Tathergang wurde von der 13-Jährigen  – entgegen seinen eigenen Aussagen – als an der körperlichen Gewalt gegen sie und ihren Freund beteiligt beschrieben. Er habe die beiden Haupttäter sogar angestachelt, habe es geheißen.

Über die sieben Tatverdächtigen habe die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass diese zwischen November 2021 und März 2023 als Minderjährige illegal nach Italien gekommen waren, laut „Corriere della Sera“ mit einem Boot. Da für Minderjährige ein Abschiebeverbot gilt, wurden sie in eine Aufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Migranten gebracht. Seit etwa einem Jahr seien die Jugendlichen und jungen Männer in einer Wohngemeinschaft in Catania untergebracht gewesen.



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