Grüne wollen Quote für E-Kerosin beibehalten: Treibstoff ist aber nicht verfügbar

Ob die nationale Quote für E-Kerosin für den Flugverkehr kommt, ist nicht sicher. Die Grünen befürworten, die Vorgabe beizubehalten, die eine Beimischung von CO₂-neutralem Kerosin zum etablierten Treibstoff schon ab 2026 vorsieht. Das Problem: Bisher sind nur geringe Mengen davon vorhanden. Laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft ist dies nicht zu erfüllen. Es drohen hohe Strafzahlungen.
Kerosin
Ein Flugzeug wird mit Kerosin betankt. Die Mischungsvorgabe könnte künftig die Tickets verteuern.Foto: Chalabala/iStock
Von 22. Februar 2025

Nach den Plänen der EU sollen die CO₂-Emissionen im Flugverkehr sinken. Eine EU-Richtlinie schreibt die Beimischung eines aus Strom erzeugten Kerosins – oder E-Kerosin – zum bestehenden Treibstoff ab 2030 vor.

Doch das war der deutschen Regierung nicht gut genug. Im Februar 2021 beschloss die Große Koalition unter Angela Merkel (CDU) Vorgaben, die noch strenger als waren als die der EU. Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie sieht vor, dass schon ab nächstem Jahr Fluggesellschaften in Deutschland dem Flugbenzin 0,5 Prozent E-Kerosin beimischen müssen.

Dann ereignete sich im Dezember eine Kehrtwende. Die Rest-Ampel beschloss, die Quote wieder fallen zu lassen.

Doch die Grünenfraktion scheint ihre Meinung geändert zu haben und hat angeblich im vergangenen Monat eine Gesetzesänderung vor dem Ende der Legislaturperiode blockiert. Vermutlich erhofften sich die das grün geführte Bundesumweltministerium mit diesem Schritt das ursprüngliche Ziel zu erreichen: einem CO2-neutralen Luftverkehr schneller näher zukommen.

Allerdings gibt es ein Problem: E-Kerosin gibt es noch bei Weitem nicht in ausreichenden Mengen. Die Produktion in Deutschland befindet sich noch im frühen Stadium der Entwicklung. Erst im vergangenen Sommer konnte eine Pilotanlage der Firma Atmosfair erfolgreich die ersten 5 Tonnen E-Kerosin aus „grünem“ Kraftwerken generieren. Diese Menge ist jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein.

50.000 Tonnen E-Kerosin ab 2026

Dem Gesetzt zufolge sollen die Fluggesellschaften das E-Kerosin, auch PtL-Kerosin genannt, ab Anfang 2026 schrittweise verpflichtend einführen. PtL steht für „Power to Liquid“ und bedeutet so viel wie „Strom zu Flüssigkeit“. Dabei entsteht mithilfe von Strom ein flüssiger Energieträger, der im Optimalfall CO₂-neutral ist. Da das E-Kerosin dem fossilen stark ähnelt, könnten es dieses theoretisch komplett ersetzen. Technische Änderungen an den Flugzeugen wären dabei nicht nötig.

Im Jahr 2021 hatte die Bundesregierung eine sogenannte PtL-Roadmap erstellt. Für 2026 war in der Strategie als deutsche PtL-Quote 0,5 Prozent vorgesehen. Zwei Jahre später dann 1 Prozent und ab 2030 wäre eine Beimischung von 2 Prozent Pflicht gewesen. Letztere entspräche dann den Vorgaben der EU.

Doch wie viel E-Kerosin müsste ab kommendem Jahr zur Verfügung stehen, um den ersten Schritt von 0,5 Prozent realisieren zu können? Der Verbrauch von Kerosin im deutschen Luftverkehr beträgt momentan durchschnittlich rund 10 Millionen Tonnen Kerosin pro Jahr.

Laut der Roadmap, entspräche bei einer PtL-Quote von 0,5 Prozent dies 50.000 Tonnen. Gilt die Quote von 1 Prozent ab 2028, müssen die Fluggesellschaften Zugang zu 100.000 Tonnen E-Kerosin haben, bei 2 Prozent ab 2030 müssten es schon 200.000 Tonnen des alternativen Treibstoffs sein.

Vorgabe „nicht zu erfüllen“

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) geht davon aus, dass die Realisierung der Vorgaben nicht umsetzbar sein wird. „Die nur in Deutschland geltende PtL-Quote ist zu Beginn im Jahr 2026 faktisch nicht zu erfüllen“, so ein Pressesprecher gegenüber der Epoch Times. „Es gibt derzeit außer bei Pilotanlagen kein PtL.“

Hinzu komme, dass die Ampelregierung die Förderung von Produktionsanlagen fast vollständig gestrichen hat. Der Grund liegt in den Kürzungen im Bundeshaushalt zum Jahreswechsel 2023/24. So blieben laut dem BDL von einst 2,06 Milliarden Euro Förderung nur noch 17 Millionen Euro übrig – also weniger als 1 Prozent.

So wenig PtL steht ab 2026 zur Verfügung

Ob die Partei der Grünen erneut wieder Teil einer Regierungskoalition sein wird, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. In diesem Fall dürfte die PtL-Quote zum kommenden Jahr wie geplant in Kraft treten.

Die Firma Atmosfair in Werlte im Emsland rechnet laut dem BDL künftig mit einer jährlichen Produktion von 300 Tonnen E-Kerosin. Das wären 0,6 Prozent der ab kommenden Jahr benötigten Menge. Eine weitere Anlage in Frankfurt-Höchst der Firma Ineratec will jährlich 2.500 Tonnen des synthetischen Treibstoffs herstellen – das wären 5 Prozent der ab 2026 benötigten Menge. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels haben beide Unternehmen auf wiederholte Anfrage der Epoch Times diese Angaben nicht bestätigt.

Diese Mengen sind noch weit von den benötigten 50.000 Tonnen entfernt. Hinzu kommt noch, dass sich die Luftfahrt das E-Kerosin wohl mit der Schifffahrt teilen muss.

Laut BDL gibt es außer den deutschen Pilotanlagen keine im umliegenden Ausland. „In Europa gibt es derzeit keine großtechnische Anlage zur Produktion von PtL. Eine Reihe von Projekten befindet sich in der Planungsphase, allerdings liegt zu keinem Projekt eine finale Investitionsentscheidung vor.“ Sollte eine solche Anlage grünes Licht bekommen, würden laut dem Bundesverband Bau und Inbetriebnahme noch rund zwei 2 Jahren dauern. Der BDL schlussfolgerte:

Daher ist davon auszugehen, dass PtL frühestens bis 2030 für die Erfüllung der dann beginnenden EU-Quote für PtL-Kraftstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, auf keinen Fall aber bis 2026.“

Millionen-Strafen für Fluggesellschaften

Gilt die PtL-Quote, ist die Wahrscheinlichkeit also hoch, dass die Fluggesellschaften die neue Vorgabe mangels Angebot nicht erfüllen können. Dann drohen hohe Strafzahlungen, geregelt durch das Bundesimmissionsschutzgesetz. Demnach müssen die Fluggesellschaften für ein verfehltes Gigajoule 70 Euro begleichen, wie die BDL bestätigte. Da bei Flugbenzin 43,15 Gigajoule einer Tonne entspricht, bedeutet das eine Strafsumme von 3.020 Euro pro Tonne.

Wenn die Fluggesellschaft nun über das Jahr verteilt rund 50.000 Tonnen E-Kerosin beimischen müsste und dies nicht tut, werden laut BDL bis zu 150 Millionen Euro fällig.

Der Bundesverband machte indes den Grünen Vorwürfe. „Trotz der Bemühungen der Bundesregierung, der SPD-Bundestagsfraktion und der Bereitschaft der Unionsfraktion hat die Bundestagsfraktion von B90/Die Grünen die sofortige Aufhebung dieser Regelung mit Sonderwünschen so lange blockiert, bis es Ende Januar zu spät war. Dem vorausgegangen waren monatelange Verzögerungen durch das grün geführte Bundesumweltministerium, das der Aufhebung der deutschen E-Fuel-Quote nicht zustimmen wollte.“

Ebenso sagte der BDL: „Die in einem nationalen Alleingang festgelegte Beimischung von strombasiertem ‚Power-to-Liquid‘-Kraftstoff (PtL) ab 2026 steht im klaren Widerspruch zu EU-Recht.“

Der BDL vermutet demnach eine Konsequenz, die die Passagiere betreffen wird: „Dies hat direkte Auswirkungen auf die Ticketpreise für Flüge ab Deutschland. Reisenden wird ohne jeden Mehrwert fürs Klima in die Tasche gegriffen.“ Da die Fluglinien keine Verluste einfahren wollen, ist dieser Schritt anzunehmen.

Luftfahrt-Lobby: Passagiere sollen Mehrkosten begleichen

Mehrere Luftfahrt-Verbände aus Deutschland und Frankreich befürworten, dass die Fluggäste die entstehenden Mehrkosten für PtL in Form von einer Gebühr tragen sollten. Diese Gebühr könne Wettbewerbsnachteile für europäische Fluggesellschaften infolge der EU-Vorgaben für alternatives Kerosin ausgleichen. So heißt es in einer am 6. Februar veröffentlichten Studie, die der BDL und der französische Verband FNAM in Auftrag gegeben hatten.

Seit Januar dieses Jahres ist bereits für alle Abflüge von Flughäfen in der EU ein Mindestanteil von zwei Prozent für nachhaltige Treibstoffe, etwa aus Bioabfällen vorgeschrieben. E-Fuels werden EU-weit ab 2030 verpflichtend.

Denn es sind nicht nur das Problem der Verfügbarkeit, sondern auch der Kosten. Laut der Angaben der Verbände sind diese derzeit drei- bis fünfmal so teuer wie herkömmliches Kerosin.

Die anfallenden Mehrkosten werden für die Fluggesellschaften demnach vor allem auf Langstreckenflügen zum Wettbewerbsnachteil. Zwar müssen sich auch Anbieter aus Drittstaaten an den Mindestanteil halten, wenn sie von europäischen Flughäfen abfliegen. Fliegen sie über einen Zwischenstopp wie Istanbul oder Abu Dhabi, gilt das aber nur für den ersten Teil der Strecke. Im Vergleich zu einem Direktflug etwa ab Frankfurt am Main wären sie damit im Vorteil.

BDL-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang sagte: „Die Verzerrung ist so groß, dass wir vom Markt verschwinden, wenn wir das Problem nicht angehen.“ Er forderte, die entsprechenden EU-Vorgaben noch vor einer für 2027 geplanten Überprüfung des Gesetzes abzuändern.

Höhe der Gebühr noch unklar

Mit den Einnahmen aus der von den Verbänden vorgeschlagenen Abgabe sollen nachhaltige Treibstoffe subventioniert und der Wettbewerbsnachteil damit ausgeglichen werden. Welche Behörde die Gebühr erheben könnte und wie hoch sie genau sein soll, geht aus der Studie nicht hervor. Klar ist, dass alle 27 EU-Länder zustimmen müssten – von denen im Finanzbereich viele nur ungern Kompetenzen an Brüssel abgeben.

Die Abgabe soll den Vorstellungen nach bestehende Flugticket-Steuern etwa in Deutschland und Frankreich ersetzen. Die Fluggesellschaften wollen zudem eine allgemeine Kerosin-Steuer verhindern, über die seit Jahren verhandelt wird. Kerosin ist in der EU bislang steuerfrei.

(Mit Material von AFP)



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