Großveranstaltungen in Portugal verboten – doch Mega-Event der Kommunisten darf stattfinden
Eines der größten Fußballereignisse des Jahres, die Finalrunde der Champions League, wird in Lissabon ausgetragen – in leeren Stadien. Zahlreiche Events und Festivals wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt oder verschoben. Doch Portugals Kommunistische Partei darf eine dreitägige Großveranstaltung mit täglich 33.000 Besuchern abhalten – weil die Regierung auf die Unterstützung der Partei angewiesen ist.
Die Corona-Pandemie hat Portugal ebenso hart getroffen wie viele andere europäische Länder. Das Land kämpft gegen eine erneute Erhöhung der Anzahl der positiv getestete Corona-Fälle. Es hat eine „hohe, jedoch nicht weiter zunehmende Zahl an Neuinfektionen“, schreibt das Auswärtige Amt. Die Lockerungsmaßnahmen wurden sogar bis zum 31. August zurückgenommen und private Veranstaltungen sind nur bis 20 Personen erlaubt.
Das Pressefest der Kommunisten, „Festa do Avante!“, bildet eine Ausnahme. Das Musikfestival zieht mit Stars, Filmen und gutem Bier viele Menschen zu der jährlichen Feierlichkeit der Partei. Da nicht einmal die großen Musikstars nach Portugal reisen dürfen, um Konzerte zu geben, sollte dies dieses Jahr eigentlich anders sein.
Gesundheitsbehörden sind beunruhigt
Die Gesundheitsbehörden in Portugal sind über die Veranstaltung der Partei beunruhigt, aber die Regierung wird nichts dagegen unternehmen können – sie ist „abgeneigt, eine Konfrontation mit den Kommunisten zu provozieren, deren parlamentarische Unterstützung für die Minderheitenverwaltung oft entscheidend ist“, schreibt „Politico“.
Politisch gesehen ist die Veranstaltung ein Muss für die Partei, deren Anhänger immer mehr zu den Sozialisten oder den Rechten wechseln. „Die ‚Festa do Avante!‘ ist ein wichtiges politisches und kulturelles Ereignis, eine wichtige Gelegenheit, die Ziele und Ideale der PCP durchzusetzen“, steht auf der Webseite der Partei. „Es nicht abzuhalten … wäre, sich einer reaktionären Offensive zu beugen.“
Zusage aus politischem Kalkül
Doch warum darf diese Veranstaltung stattfinden, aber andere große Sommerfeste nicht? Weil die Regierung sie als eine politische Veranstaltung betrachtet und somit ist sie „von dem im Mai verhängten sommerlichen Verbot von Musikfestivals ausgenommen“.
„Weder die Verfassung noch das Gesetz erlauben es uns, politische Initiativen oder Aktivitäten zu verbieten“, sagte Mariana Vieira da Silva, Ministerin für Verwaltungsmodernisierung, auf einer Pressekonferenz am 13. August. „Ohne den Ausnahmezustand, den wir nicht mehr haben, sind politische Ereignisse nicht von der Zustimmung der Regierung abhängig.“
Laut der Erklärung der Kommunisten wurden alle erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen bedacht und organisiert. Die Bereitstellung von Hygienematerial, das ordnungsgemäße Funktionieren der Speiseräume oder Regeln für die räumliche Distanz bei den verschiedenen Aktivitäten wurden alle veranlasst.
Die Gesundheitsbehörden sind dabei, die Pläne zu bewerten, aber Experten haben Zweifel. „Große Versammlungen können potenziell zu Ereignissen mit hoher Ansteckungsgefahr führen“, sagte Ricardo Mexia, Präsident der Nationalen Vereinigung der Ärzte, gegenüber „Radio Renascença“. „Aus meiner Sicht sollten sie vermieden werden“, so Mexia.
Veranstaltung für die Partei politisch wichtig
Die Konservativen des Landes sind über die Veranstaltung verärgert und beschuldigen die Regierung der „Komplizenschaft mit einer Partei, welche sie unterstützt hat“, sagte Telmo Correia, parlamentarischer Vorsitzender der konservativen CDS-Volkspartei. „Gibt es etwa Portugiesen, die sich nicht an die Regeln halten müssen?“, fragte er in einem Interview.
„Die Festa hat in dem außergewöhnlichen politischen Kontext, den wir gerade erleben, einen Mehrwert und eine Bedeutung“, sagte der Parteichef der Kommunisten, Jerónimo de Sousa am 15. August vor seinen Anhängern. „Ihr Erfolg wird zum Kampf unseres Volkes gegen Angst und Resignation beitragen“, so de Sousa.
Nach Angaben von „Politico“ braucht die PCP einen politischen Aufschwung. Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober erzielte die Partei mit 6,3 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Sie wurde von mittlerweile extremeren rechten oder linken Gruppen verdrängt.
Die „Festa do Avante!“ war ursprünglich das Pressefest der Wochenzeitung „Avente!“ – der Parteizeitung der PCP. Die Kulturveranstaltung fand erst nach der 1974er Revolution in Portugal statt. Diese hat den sogenannten Salazarismus, die 44 Jahre dauernde autoritäre Diktatur, in Portugal beendet. Das Kulturfest wird jährlich drei Tage lang in der Gemeinde Amora (Kreis Seixal) in Lissabon abgehalten.
Mit und neben dem musikalischen Programm werden politische Themen auf dem Fest angesprochen. Es gibt Pavillons mit Themen wie Frauenrechte, Migration oder Jugend. Die Mitwirkenden des Festes arbeiten größtenteils ehrenamtlich.
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