Große Zahl von Bootsflüchtlingen setzt London unter Druck
Die britische Regierung gerät zunehmend wegen der steigenden Zahl von Bootsflüchtlingen im Ärmelkanal unter Druck. Auch am Sonntag griffen britische Behörden sechs Iraner auf, die den Ärmelkanal mit einem Schlauchboot überquert hatten, wie die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf das Innenministerium berichtete.
Ähnliche Fälle häufen sich inzwischen. Der BBC zufolge sind zwischen Anfang November und Ende Dezember mehr als 220 Menschen mit kleinen Booten über die Meerenge zwischen Frankreich und Großbritannien gelangt.
Innenminister Sajid Javid hatte die Lage am Freitag zu einem „schwerwiegenden Ereignis“ erklärt und seinen Familienurlaub abgebrochen. Sein französischer Amtskollege Christophe Castaner teilte am Sonntag per Twitter mit, er habe mit Javid telefonisch vereinbart, den Kampf gegen die illegale Migration über den Ärmelkanal zu verstärken.
„Die Situation im Ärmelkanal ist schwer besorgniserregend, mit Menschen, die ihr Leben bei den waghalsigen Versuchen riskieren, Großbritannien in unsicheren Booten bei tückischen Bedingungen zu erreichen“, teilte Javid mit.
Die Opposition bezeichnete die Reaktion der Regierung als zu langsam. „Die mangelhafte Strategie des Innenministeriums war es bisher, Flüchtlinge abzuschrecken, in der Meinung, die Probleme im Mittelmeer würden unsere Küsten nie erreichen“, schrieb die Parlamentarierin Diane Abbott von der oppositionellen Labour-Partei im „Sunday Mirror“.
Der konservative Abgeordnete im Unterhaus für Dover, Charlie Elphicke, forderte, die Zahl der Patrouillenboote zu erhöhen. Dazu sollten auch zwei Boote genutzt werden, die derzeit im Mittelmeer im Einsatz sind, schrieb Elphicke in der „Mail on Sunday“.
Einem BBC-Bericht zufolge werden Migranten mit Verweis auf den anstehenden EU-Austritt Großbritanniens am 29. März und angeblich erhöhten Grenzpatrouillen von Schleppern dazu gedrängt, die gefährliche Überfahrt noch im Winter anzutreten. Das Thema Migration hatte eine große Rolle beim knappen Sieg der Brexit-Befürworter im Referendum von 2016 gespielt. Die Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, die Einwanderung massiv zu reduzieren.
Erst am Freitag waren vor der Küste Dovers zwölf Männer aus Syrien und dem Iran festgenommen worden, die sich in zwei Schlauchbooten auf den Weg nach Großbritannien gemacht hatten.
Zahlreiche Migranten wurden am Wochenende auch in Zypern, der Türkei, auf dem Mittelmeer in der Nähe von Malta und vor den griechischen Inseln im Osten der Ägäis aufgegriffen. Allein die griechische Küstenwache und die europäische Grenzschutzagentur (Frontex) retteten 69 Menschen vor Lesbos und der kleinen Insel Farmakonisi. Die zyprische Polizei griff 37 Migranten auf. Die türkischen Behörden stellten nach Angaben der Staatsagentur Anadolu in der Provinz Izmir 109 Migranten, die illegal das Land verlassen wollten.
Das maltesische Militär rettete nach eigenen Angaben 69 Migranten und brachte sie nach Malta. Sie hatten sich demnach mehr als 200 Kilometer südwestlich der Insel in einem Holzboot in Seenot befunden. Zwei Schiffe deutscher Hilfsorganisationen warten derweil mit insgesamt Dutzenden geretteten Migranten im Mittelmeer auf die Erlaubnis zum Anlaufen eines Hafens. (dpa)
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