Grooming-Gangs in Großbritannien: Starmer weist Vorwürfe von Musk entschieden zurück
Der britische Premierminister Keir Starmer hat sich am Montag, 6.1., namens seiner Regierung zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern sexuellen Missbrauchs an Kindern bekannt. Gleichzeitig machte er deutlich, er werde sich keine Debatten über das Thema aufzwingen lassen, die „sich auf Lügen gründen“. Zuvor hatte X-Eigentümer Elon Musk mit einigen Beiträgen auf seiner Plattform die Aufmerksamkeit auf Skandale rund um sogenannte Grooming-Gangs in britischen Städten gelenkt.
Musk hatte behauptet, Starmer habe als Staatsanwalt bei der Verfolgung der Grooming-Gangs versagt. Vor allem die Ministerin für Schutz vor Gewalt, Jess Phillips. Sie hatte sich zuvor gegen eine öffentliche Anhörung in Oldham ausgesprochen, wo eine Vielzahl an Verbrechen von Grooming-Gangs stattgefunden hatten. Die Politikerin erklärte, eine Aufarbeitung auf lokaler Ebene sei sinnvoller.
Verbrechensmuster in mehreren Städten identisch
Vorwiegend in der Zeit zwischen Ende der 1990er und Mitte der 2010er hatten sich die Grooming-Gangs in mehreren Städten Großbritanniens ausgebreitet. Betroffen waren vor allem die Städte Rotherham, Oldham, Telford oder Rochdale. Das Muster war dabei jeweils ähnlich: Die Zusammenschlüsse bestanden hauptsächlich aus eingewanderten Männern aus Ländern wie Pakistan, Afghanistan oder Bangladesch.
Viele von ihnen übten sozial respektierte Berufe aus, einige waren sogar Familienväter. Die Haupttäter kannten sich meist bereits aus ihren Herkunftsländern. Sie schickten Teenager, die als Rekrutierer dienen sollten, voraus an beliebte kommunale Treffpunkte von Jugendlichen.
Ins Visier nahmen sie vorwiegend Mädchen aus Problemfamilien, die jüngsten waren dabei 12 oder 13 Jahre alt. Die Rekrutierer überredeten diese, sexuellen Kontakt zu den älteren Männern zu haben. Im Gegenzug erhielten sie Geld oder Alkohol, häufig wurden sie dazu auch gezwungen oder in andere Städte verbracht. In zahlreichen Fällen kam es auch zu Gruppenvergewaltigungen.
Hinweise auf Grooming-Gangs blieben jahrelang ohne Folgen
Bereits während der 2000er Jahre gab es erste Medienberichte, wonach Polizeibehörden Hinweise auf die Verbrechen der Grooming-Gangs ignoriert hätten. Beamte hätten diese ignoriert, Eltern nicht ernst genommen, Opfer in Umgebungen zurückgeschickt, in denen sie dem Zugriff der Banden wieder ausgesetzt waren.
In einigen Fällen sollen korrupte Polizisten sogar mit den Banden zusammengearbeitet und diesen verraten haben, wenn Opfer Anzeige erstatten wollten. Schon früh stand auch der Verdacht im Raum, dass in manchen Städten Ermittlungsschritte unterblieben waren, weil Beamte vermeiden wollten, dass sich rassistische Organisationen des Themas bemächtigen.
Mancherorts brachten Polizeibehörden ihre Ermittlungen erst spät zum Abschluss, weil sie vom Ausmaß des Missbrauchs überfordert waren. In Rotherham sollen Stadträte einem leitenden Polizeibeamten mit Krawallen gedroht haben, sollte es Ermittlungen gegen pakistanische Taxifahrer geben.
Ermittlungen in Rochdale zunächst eingestellt
Keir Starmer war in der Zeit von 2008 bis 2013 Leiter der Staatsanwaltschaft von England und Wales. Dies war auch der Zeitraum, da Fälle wie jene in Rotherham oder Rochdale ihren Weg in die Medien fanden. Elon Musk und Vertreter der britischen Opposition werfen dem heutigen Premier vor, er habe in den Fällen der Grooming-Gangs zu zögerlich agiert.
Starmer selbst verweist auf seine Arbeitsbilanz aus diesen Jahren. Er nimmt für sich in Anspruch, veranlasst zu haben, dass zahlreiche im Sande verlaufene Fälle neu aufgerollt würden. Tatsächlich hatte im Jahr 2009 die zuständige Staatsanwaltschaft in Rochdale trotz Verdachtsmomenten keine Anklage gegen eine Grooming-Gang erhoben, weil sie das Hauptopfer als „unzuverlässig“ einstufte.
Nazir Afzal, den Starmer als Chefankläger für Nordwestengland ernannt hatte, revidierte die frühere Entscheidung in Rochdale und leitete 2011 eine Strafverfolgung ein. Diese endete erfolgreich mit der Verurteilung von neun Personen im Jahr darauf. Zudem trug dieses Verfahren dazu bei, dass die spätere „Operation Doublet“ der Greater Manchester Police weitere Verbindungen offenlegen konnte.
Starmer sieht Bilanz gegen Grooming-Gangs positiv
Insgesamt wurden BBC zufolge während der Amtszeit von Starmer als Staatsanwalt mindestens 35 Verurteilungen im Kontext von Grooming-Gangs erreicht. Das stellt einen deutlichen Aufwärtstrend gegenüber der Zeit vor 2011 dar, wo seit 1997 nur 17 Strafverfolgungen solcher Zusammenschlüsse stattgefunden hatten. Von diesen seien 14 im Jahr 2008 oder später eingeleitet worden.
Starmer betont zudem, den gesamten Ansatz zur Strafverfolgung in diesem Bereich verändert zu haben. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Amt hätten Staatsanwaltschaften so viele Missbrauchsfälle verfolgt wie nie zuvor.
In den Jahren 2010 bis 2013 erfolgten fünf Verurteilungen in Rotherham, elf in Derbyshire, drei in Cornwall und sieben in Oxford. Dazu kamen die bereits genannten neun Verurteilungen zu Fällen in Rochdale und Oldham. Was sich mit Gewissheit sagen lässt, ist, dass in den Jahren vor der Amtsübernahme Starmers die Praxis bezüglich der Verfolgung von Grooming-Gangs in den einzelnen Regionen uneinheitlich war. Mit Fortdauer der 2010er Jahre stieg jedoch in allen betroffenen Gebieten der Verfolgungsdruck.
Regierung Starmer verspricht Umsetzung von Empfehlungen
Im Jahr 2015 hatte es bereits eine unabhängige Untersuchung der Verbrechen von Grooming-Gangs in britischen Städten gegeben. Diese hatte Alexis Jay geleitet, eine Akademikerin mit Schwerpunkt Sozialarbeit. Dabei wurden nicht weniger als 7.000 Personen befragt und Beweise bezüglich eines möglichen Behördenversagens erhoben. Im Oktober 2022 gab die zuständige Kommission einen Bericht heraus, der 107 Empfehlungen für den künftigen Umgang mit Verdachtsfällen enthielt. Die Regierung Starmer hat deren Umsetzung versprochen.
Konservative und Reformpartei fordern hingegen eine „vollständige nationale Untersuchung des Gruppenvergewaltigungs-Skandals“. Parteichefin Kemi Badenoch hielt dies für erforderlich, um „harte Aussprachen“ darüber zu ermöglichen, die erforderlich seien, „so schwer das auch zu hören sein mag“. Badenoch spielte damit auf Äußerungen des Schatten-Justizministers Robert Jenrick an. Dieser hatte auf X einen „Import von hunderttausenden Menschen aus fremden Kulturen, die mittelalterliche Vorstellungen über Frauen haben“, für die Skandale verantwortlich gemacht.
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