Grönland-Wahl ein Signal für Unabhängigkeit, doch Anschluss an USA nicht vom Tisch

Die von vielen Medien als „Mitte-rechts“ bezeichnete Partei Demokraatit, die sich für eine schrittweise Unabhängigkeit von Dänemark einsetzt, gewann übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit 29,9 Prozent der Stimmen die Parlamentswahl in Grönland. Auf den zweiten Platz kam mit 24,5 Prozent der Wählerstimmen die Partei Naleraq. Auch sie macht sich für die Unabhängigkeit stark. Zusammen erreichen beide Parteien eine knapp 55-prozentige Mehrheit im Parlament – sofern sie koalieren.
Das Wahlergebnis drückt damit eindeutig eine Mehrheit für die künftige Unabhängigkeit der größten Insel der Welt aus. Etwa 40.000 der 57.000 Grönländer waren wahlberechtigt, um 31 Abgeordnete zu bestimmen. Sechs Parteien standen zur Wahl.
Linker Regierungschef abgestraft
Die eher linksgerichtete Partei des Regierungschefs Múte Bourup Egede, Inuit Ataqatigiit, erreichte mit etwa 21,4 Prozent nur noch den dritten Platz, gefolgt von der ebenfalls sozialdemokratisch ausgerichteten Partei Siumut mit knapp 15 Prozent der Stimmen. Damit wurde Egede abgewählt. Er hatte im Februar vorgezogene Wahlen ausgerufen und erklärt, das Land müsse in einer „schweren Zeit“, wie sie Grönland noch nie erlebt habe, vereint sein.
Die Worte Egedes wurden als Reaktion auf die Ankündigungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump vor seinem Amtsantritt im Januar, er beabsichtige, Grönland für die USA zu kaufen, gewertet. Trump hatte diesen Wunsch vergangene Woche in einer Rede vor dem Kongress erneuert und hinzugefügt, er glaube, die USA würden die arktische Insel „auf die eine oder andere Art“ bekommen. Dies eröffnete Spekulationen darüber, ob die USA bereit wären, Grönland mit militärischen Mitteln zu besetzen und zu annektieren.
Das Wahlergebnis wird von einigen Medien, darunter „Euronews“, als „überraschendes Ergebnis“ von Demokraatit gewertet. Die Linksparteien hatten Grönland seit 2021 regiert, wohl aber in der für Grönland hochangesiedelten Gesundheitsversorgung sowie in der Bildung und beim Erhalt des einzigartigen kulturellen Erbes der Inuit nicht jene Ergebnisse geliefert, die sich die Wähler vier Jahre zuvor erhofft hatten.
Dabei hatte auch die regierende Inuit Ataqatigiit die Unabhängigkeit als ein langfristiges Projekt betrieben und beabsichtigt, zunächst von Dänemark weitere wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten.
Unabhängigkeitsbestreben durch Trump befeuert
Grönland war ursprünglich ausschließlich von Inuit bewohnt, die landläufig als Eskimos bezeichnet wurden. Seit 1721 erst von Norwegen, dann ab 1814 von Dänemark besiedelt und kolonisiert, nennt sich die heutige Bevölkerung aus Nachkommen der Inuit und Skandinaviern Kalaallit oder Grönländer. Seit 1953 hat sich die Insel kontinuierlich zu einem selbst regierten, autonomen Gebiet entwickelt, das offiziell nach wie vor zu Dänemark, nicht aber zur Europäischen Union gehört.
Legt man den Stimmenanteil der konservativen und linken Parteien zusammen, erhält man eine 90-prozentige Zustimmung unter den Wahlberechtigten der Grönländer für die Unabhängigkeit von Dänemark. Ob daraus allerdings abgeleitet werden kann, dass Grönland ein attraktives Angebot der USA zur Übernahme auf Dauer ablehnen würde, bleibt offen. Denn in erster Linie richten sich die Unabhängigkeitsbetrebungen zunächst gegen die einstige Kolonialmacht in Kopenhagen.
Eine Umfrage von Verian im Januar ergab jedoch, dass 56 Prozent der Grönländer bei einem Referendum für die Unabhängigkeit stimmen würden. 85 Prozent lehnen es ab, Teil der USA zu werden.
Wie unzuverlässig jedoch Umfragen sein können, hat nicht nur die US-Präsidentenwahl im November 2024 gezeigt. Auch jetzt wieder bei der Wahl in Grönland hatte das englische Staatsfernsehen BBC am 11. März falsch prognostiziert, dass die bisherige Regierungspartei Inuit Ataqatigiit auf 31 Prozent käme, gefolgt von dem Koalitionspartner Siumut.
Kein Zeitplan für Unabhängigkeit
Europäische und amerikanische Beobachter weisen darauf hin, dass bei nahezu jeder Wahl der vergangenen Jahre Grönlands Politiker versprochen hätten, Schritte zur Erreichung der Unabhängigkeit zu unternehmen. Bislang aber habe kein Regierungsverantwortlicher einen konkreten Zeitplan genannt.
Erst Trumps Interesse an Grönland hat die Einwohner angeregt, ihren langen Weg zur Freiheit neu zu bedenken. Und er hat das kleine Volk der Kalaallit ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit gerückt. Denn der amerikanische Präsident sprach nicht nur vom Abbau seltener Bodenschätze in Grönland, der die kleine Nation reich machen könne, sondern auch von künftigen Sicherheitsüberlegungen. Die USA seien durch den Einfluss des kommunistischen Chinas und seitens Russlands in der Arktis bedroht und benötigten Grönland gewissermaßen als Sperrgürtel und für Militärbasen. Die USA unterhalten indes im Nordwesten Grönlands einige Militäreinrichtungen.
Beispiel für Trumps generelle Außenpolitik
Die auf europäische Politik konzentrierte Nachrichtenplattform „Euro Prospects“ analysierte bereits im Januar Trumps erneutes Interesse an Grönland. Es stelle ein Beispiel für seine generelle „außenpolitische Herangehensweise“ dar. Diese gebe „oft kühne unilateralen Aktionen Vorrang vor diplomatischem Konsens“.
Vor allem aber werfe die „Kontroverse“ um Grönland „ein Schlaglicht auf die allgemeinen Spannungen rund um die Geopolitik in der Arktis. Da die Weltmächte um die Kontrolle über die Ressourcen und strategischen Routen der Region wetteifern, wird das Gleichgewicht zwischen Kooperation und Wettbewerb immer prekärer“, schreibt „Euro Prospects“ und gibt weiterhin zu bedenken:
Der mögliche Erwerb Grönlands durch die Vereinigten Staaten könnte andere Nationen dazu ermutigen, ebenfalls territoriale Grenzen infrage zu stellen und damit internationale Normen zu untergraben.“
„Dach der Welt“ fürs US-Militär
Die renommierte amerikanische Wochenzeitung „The New Yorker“ – die politisch als linksliberal eingeschätzt werden kann, beschäftigte sich am 11. März ernsthaft mit den Sicherheitsansprüchen Trumps für die USA: „Die chinesisch-russische militärische Zusammenarbeit in der Arktis war in Washington schon vor Trumps Amtsantritt als Problem erkannt worden. Die bestehende amerikanische Militärbasis, 750 Meilen [1.200 Kilometer] nördlich des Polarkreises, bietet das, was das US-Militär als Aussichtspunkt auf dem ‚Dach der Welt‘ bezeichnet, von dem aus die Raketenabwehr, die Weltraumüberwachung und das Satellitenkommando unterstützt werden können. Die volle Kontrolle über Grönland würde es Washington ermöglichen, Russland und China draußen zu halten.“
Sollten die Sicherheitsinteressen der USA politisches und diplomatisches Konfliktpotenzial mit Russland, China und Europa überwiegen, dürfte davon auszugehen sein, dass Donald Trump unabhängig vom Wahlergebnis der Grönländer weiterhin danach strebt, die arktische Insel „auf die eine oder andere Art“, wie er sagte, für die USA zu reklamieren.
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