Gipfeltreffen in London: Macron für Atom-Schutzschild für Europäer

Großbritannien und Frankreich wollen einen Plan für eine Waffenruhe in der Ukraine ausarbeiten. Das sagte der britische Premierminister Keir Starmer in einem BBC-Interview kurz vor Beginn der Ukraine-Konferenz europäischer und westlicher Politiker in London.
„Wir haben uns nun darauf geeinigt, dass das Vereinigte Königreich zusammen mit Frankreich und möglicherweise ein oder zwei weiteren Ländern mit der Ukraine an einem Plan zur Beendigung der Kämpfe arbeiten wird“, sagte Starmer. Anschließend solle der Plan mit den Vereinigten Staaten besprochen werden.
Zu dem Eklat im Weißen Haus zwischen Selenskyj und Trump sagte Starmer: „Das will niemand sehen.“ Deswegen habe er den Hörer in die Hand genommen und mit den Beteiligten gesprochen. „Mein Antrieb war, dies gewissermaßen zu überbrücken und uns wieder auf den zentralen Fokus zurückzuführen“, sagte Starmer.
„Koalition der Willigen“
Starmer betonte, er wolle gemeinsam mit anderen handlungsbereiten Verbündeten vorangehen, um konkrete europäische Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf den Weg zu bringen. „Das ist wahrscheinlich erst einmal eine Koalition der Willigen.“ Er wolle niemanden kritisieren, aber das sei besser, als auf jedes einzelne Land in Europa zu warten. Welche Rolle Deutschland spielen kann, blieb zunächst offen.

Der britische Premierminister Keir Starmer am 2. März 2025 vor dem Gipfeltreffen im Lancaster House im Zentrum Londons. Foto: Toby Melville/POOL/AFP via Getty Images
Großbritannien gibt der Ukraine zudem einen Kredit über 2,74 Milliarden Euro zur Stärkung seiner Verteidigung. Die beiden Finanzminister Rachel Reeves und Serhii Marschenko unterzeichneten die Vereinbarung am 1. März.
Starmer, der sich als Brückenbauer zwischen den USA und Europa positioniert, hatte auf eine öffentliche Solidaritätsbekundung mit Selenskyj auf Social Media zunächst verzichtet, dem ukrainischen Staatschef aber einen demonstrativ herzlichen Empfang an seinem Amtssitz in der Downing Street bereitet.
Zudem wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs in London angesichts zunehmender Ungewissheit über die künftige Unterstützung der USA auch über die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich sprechen.
Macron schlägt „strategischen Dialog“ über Atom-Schutzschild für Europäer vor
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich im Vorfeld offen für eine „Diskussion“ über eine mögliche künftige europäische nukleare Abschreckung gezeigt, nachdem der voraussichtliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) für solche Gespräche mit London und Paris plädiert hatte.
Macron schlug einen „strategischen Dialog“ mit den europäischen Partnern vor, die nicht über Atomwaffen verfügen. „Wir haben einen Schutzschild, sie nicht“, sagte Macron am Samstag der Zeitung „Le Parisien“.
Unter dem Eindruck der Hinwendung der US-Regierung zu Moskau fügte er hinzu: „Und sie können nicht länger von der nuklearen Abschreckung der USA abhängen.“
„Wir brauchen einen strategischen Dialog mit denen“, die keine Atomwaffen hätten, sagte Macron. Dies würde auch Frankreich „stärker machen“.
Der Zeitung „Journal du Dimanche“ sagte Macron, es würde zwischen fünf und zehn Jahren dauern, eine von der NATO unabhängige europäische Verteidigung aufzubauen.
Friedrich Merz sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, er wolle mit Frankreich, Großbritannien und anderen Verbündeten über ein europäisches System nuklearer Abschreckung verhandeln.
In der Vergangenheit sei bereits häufig über eine solche Kooperation gesprochen worden, etwa, dass „ein Angriff auf Deutschland auch den atomaren Schutz durch Frankreich aktivieren würde“. Die Lage habe sich „jetzt noch einmal verändert, und deshalb sollten wir neu über dieses Thema gemeinsam nachdenken“, betonte der CDU-Chef.

Der britische Premier Keir Starmer (r) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l) am 2. März 2025 in London. Foto: Toby Melville/POOL/AFP via Getty Images
Macron telefonierte mit Trump und Selenskyj
In seinen Interviews mit mehreren französischen Medien sagte Macron, er habe nach dem Eklat im Weißen Haus am Freitag sowohl mit US-Präsident Donald Trump als auch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj gesprochen und sie zur „Rückkehr zur Ruhe, Respekt“ aufgerufen, „damit wir nach vorne schauen können, weil das, was auf dem Spiel steht, zu wichtig ist“.
Macron appellierte an die USA, eine Abwendung von der Ukraine sei „nicht in ihrem Interesse“. Wer Kiew zwinge, „einen Waffenstillstand ohne Sicherheitsgarantien zu unterzeichnen“, würde „seine Fähigkeit, Russland, China und andere abzuschrecken, noch am selben Tag zunichte machen“.
Macron warnte, wenn dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kein Einhalt geboten werde, „würde er zweifellos seine Aufmerksamkeit auf Moldau und vielleicht darüberhinaus auf Rumänien richten“.
Für Deutschland nimmt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an dem Gipfel teil, er wird am späten Nachmittag vor die Presse treten. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist vor Ort. Das Büro des kanadischen Premierministers Justin Trudeau kündigte an, dass auch er an dem Treffen in der britischen Hauptstadt teilnehmen werde.
Kallas spricht USA die Führungsrolle ab – Meloni warnt vor Spaltung
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sprach den USA ab, in der westlichen Welt künftig weiter die Führungsrolle übernehmen zu können.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war bereits vorher zu einem bilateralen Gespräch mit Starmer in der Downing Street empfangen worden. Foto: Henry Nicholls/AFP via Getty Images
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beklagte eine neue „Zeit der Ruchlosigkeit“ und warnte vor einer Täter-Opfer-Umkehr: Niemand dürfe sich „im Feind irren. Er sitzt allein im Kreml, nicht in Kiew oder Brüssel.“
NATO-Generalsekretär Mark Rutte, der auch an dem Londoner Gipfel teilnehmen wollte, forderte Selenskyj gleichwohl auf, seine Beziehung zu Trump wieder zu kitten. Die Ukraine, die USA und Europa müssten zusammenhalten, damit in der Ukraine ein dauerhafter Frieden Einzug halten könne.
Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni warnte am Sonntag in London vor dem „Risiko, dass der Westen sich spaltet“. Dies müsse unbedingt verhindert werden.
(dpa/afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion