Gesine Schwan klagt an: Merkel und Schäuble bringen Europa an Rand des Scheiterns
„Zurzeit erlebten wir ein „immer deutlicheres Sichtbarwerden einer Entwicklung der Entsolidarisierung in Europa“, sagte Schwan beim Europäischen Abend am Montag in Berlin, der unter dem Motto „Europas Zukunft – Aufbruch oder Abbruch“ stand. Die Politikwissenschaftlerin, die schon zweimal für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte, sieht Europa „ziemlich weit“ auf dem Weg zurück in die Nationalstaaterei berichtete der Focus.
Die Verantwortung für diese Entwicklung der Entsolidarisierung in Europa sieht sie bei Merkel und Schäuble. Ihnen wirft sie vor, Europa an den Rand des Scheiterns zu bringen. Grund hierfür sei nicht nur der Kurs in der Flüchtlingsfrage, sondern dieser liege ihrer Ansicht nach schon in der Vergangenheit.
Auch habe Bayerns Regierungschef Seehofer in einem Punkt Recht, nämlich die „Schließung der Grenzen im Balkan“, so Schwan.
Mut zur Solidarität ist weg
Lange Zeit hätten sich Merkel und Schäuble unsolidarisch verhalten – 2010 zum Beispiel habe man in Griechenland mehr die Banken als das Land gerettet. Auch in der Flüchtlingsfrage habe sich die deutsche Regierung zunächst unsolidarisch verhalten, so Schwan. „Noch vor ein paar Jahren hat sich Deutschland geweigert, Italien entgegenzukommen.“
Das Dublin-Abkommen benachteilige Länder wie Italien, in denen Flüchtlinge zuerst ankommen. Sie wirft der Regierung nun vor, sich nicht um diese Entwicklung gekümmert zu haben. „Die deutsche Politik hat Alleingänge gemacht“, so Schwan weiter. Die deutsche Meinung sei den anderen EU Mitgliedsstaaten aufgestülpt worden. „Ich wette, dass keine nationalstaatliche Regierung den Mut hat, ernsthaft solidarisch zu handeln“ beschreibt Schwan das derzeitige Stadium. Merkel mache das Gegenteil von dem, was sie vorher immer gesagt habe: Es gäbe keine offenen Grenzen mehr in Europa. Der Türkei-Deal bestätige das.
„Verliere Geduld mit meiner eigenen Partei“
„Ich verliere auch die Geduld mit meiner eigenen Partei“ sagt Schwan als SPD Mitglied. Und weiter: „Die SPD hat eine andere Politik gepredigt, als sie jetzt macht“.
Die Flüchtlingskrise zieht sich wie ein roter Faden durch alle Beiträge des Abends.
Solidarität keine Einbahnstraße
„Werte in der EU kamen unter die Räder“, sagte Dr. Viviane Reding, ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. Sie sieht in einigen Ländern der EU Zerfall der Rechtsstaatlichkeit und mahnt, es brauche nun „eine Politik der klaren Linien und mit einem Plan“. „Solidarität ist keine Einbahnstraße – Man bekommt etwas, um etwas tun zu können – und nicht um etwas zu bekommen“, so Redings Kritik an einigen EU-Ländern und ihren Umgang mit Subventionen.
„Wir sitzen auf den Knien vor Großbritannien und der Türkei“
Jens Spahn, Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen und Mitglied des Bundestages konstatierte: „Wir sitzen auf den Knien vor Großbritannien und der Türkei.“ So zumindest sieht er als CDU-Politiker die Situation der Regierungskoalition in er er mitwirkt.
Warnung vor Scheitern des Projekts Europa
Klaus Dauderstädt, Bundesvorsitzender des DBB und Vizepräsident der Europäischen Union unabhängiger Gewerkschaften appellierte an das Engagement aller Staaten: „Abgesänge auf die Europäische Union sind unangebracht“, sagte er. Und weiter: „Ein neuer europäischer Aufbruch ist in jedem Fall eine gemeinsame Aufgabe der Europäer.“
„Der Europäische Abend“ ist eine Event des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement, der Vertretung der EU Kommission in Deutschland und des DBB Beamtenbund und Tarifunion. Gastgeber waren Dr. Eva Högl, MdB, Vizepräsidentin der Europa-Union Deutschland und der DBB-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt. (hs/rf)
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