Gesetzentwurf: Frankreich will Bau von Kernkraftwerken beschleunigen
Frankreich will den Bau neuer Kernkraftwerke beschleunigen und dafür bürokratische Hürden abbauen. „Es geht darum, keine Zeit zu verlieren“, sagte Energieministerin Agnès Pannier-Runacher zum Auftakt der Debatte über einen entsprechenden Gesetzentwurf am 17. Januar im Senat. Dieser sieht unter anderem vor, dass bereits an Nebengebäuden eines Reaktors gebaut werden darf, während die öffentliche Debatte über den Reaktorbau noch läuft.
„Dies bedeutet nicht, dass die Sicherheit, der Schutz der Artenvielfalt oder die öffentliche Mitsprache eingeschränkt werden“, betonte die Ministerin.
Für den Bau neuer Reaktoren sind nach dem Gesetzentwurf künftig keine Genehmigungen der kommunalen Ebene mehr nötig, da der Staat über die Einhaltung der Standards wachen soll.
Baubeginn frühestens 2027
„Ziel ist es, bis zum Ende der Amtszeit [von Präsident Emmanuel Macron], also 2027, die erste Betonschicht zu gießen“, hatte Pannier-Runacher zuvor betont. Macron hatte vor etwa einem Jahr den Bau von zunächst sechs und bis zu 14 neuen Atomreaktoren angekündigt. Sie sollen dem bislang einzigen und noch immer im Bau befindlichen EPR-Reaktor, einem Druckwasserreaktor, in Flamanville ähneln, aber einen vereinfachten Bauplan haben.
Der EPR-Reaktor in Flamanville sollte ursprünglich 2012 ans Netz gehen. Derzeit ist die Inbetriebnahme für 2024 geplant. Die Kosten für Flamanville haben sich inzwischen vervierfacht, doch die französische Regierung betont, dass die künftigen Atomreaktoren billiger würden. „Die Standardisierungen und der Serienbau verringern die durchschnittlichen Kosten erheblich“, erklärte Pannier-Runacher.
Der Kraftwerksbetreiber EDF geht von Kosten in Höhe von 51,7 Milliarden Euro für den Bau von sechs neuen Reaktoren aus. EDF soll wieder komplett in den Staatsbesitz überführt werden, unter anderem um Investoren anzuziehen.
Wenig Widerstand im Senat
Die neuen Reaktoren sollen jeweils paarweise an Standorten bereits bestehender Kernkraftwerke gebaut werden. Die ersten beiden sollen in Penly entstehen, die folgenden beiden in Gravelines, jeweils an der Küste des Ärmelkanals.
Im mehrheitlich konservativen Senat ist mit wenig Widerstand gegen den Gesetzentwurf zu rechnen. Die konservativen Republikaner wollen mithilfe dieses Gesetzes zudem das von Macrons Vorgänger François Hollande vorgegebene Ziel kassieren, den Anteil des Atomstroms von 70 auf 50 Prozent herunterzufahren. Dafür sollten ursprünglich 14 Reaktoren vom Netz genommen werden.
Die Abstimmung ist für den 24. Januar geplant, anschließend geht das Gesetz an die Nationalversammlung. In diesem Jahr steht außerdem noch ein Gesetz über die großen Linien der Energiepolitik an.
Frankreich exportiert wieder Strom
Im Sommer 2022 musste das Nachbarland rund die Hälfte seiner Kernkraftwerke aufgrund verschiedener Sicherheitsprüfungen herunterfahren. Für mehrere Monate importierte das Land daher Strom aus anderen Ländern.
Seit Anfang des Jahres 2023 ist Frankreich jedoch wieder Nettoexporteur von Strom. Mit Ausnahme des Morgens des 6. Januar war diese Entwicklung ununterbrochen. „Seit dem 1. Januar beläuft sich die Nettobilanz der Stromexporte auf 1,4 Terawattstunden“, berichtete „Euractiv“.
Die meisten Exporte gingen demzufolge nach Italien, in die Schweiz und in das Vereinigte Königreich. Aus Spanien importierte Frankreich hingegen mehr Strom, der Austausch mit Deutschland und Belgien verlief laut den Daten ausgeglichen.
Die Gründe für den Überschuss liegen einerseits an Frankreichs Politik zur Senkung des Stromverbrauchs. Auch die bisher eher milden Temperaturen im Januar trugen zu einem geringeren Gesamtverbrauch und somit zum Überschuss bei.
Die Stromexporte erklären sich aber vor allem durch die Wiederinbetriebnahme mehrerer Kernreaktoren. So seien von den 56 Kernreaktoren des Landes inzwischen wieder 44 (73,4 Prozent der Flotte) in Betrieb.
(Mit Material von AFP)
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