Germanwings-Absturz vor zehn Jahren: Fakten und Folgen – niemand überlebte

Die Ermittler haben keine Zweifel: Der 27 Jahre alte Co-Pilot Andreas Lubitz steuerte am 24. März 2015 eine Airbus-Maschine absichtlich in die Berge, um sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Schluss kamen französische und deutsche Staatsanwälte sowie die französische Behörde für Flugunfälle.
Die Auswertung der Flugschreiber ergab, dass Lubitz sich im Cockpit einschloss, nachdem der Pilot auf die Toilette gegangen war. Anschließend stellte der Co-Pilot die Flughöhe auf nur 30 Meter ein – ein Manöver, das er bereits auf dem Hinflug so kurz getestet hatte, dass es nicht aufgefallen war.
Was passierte?
Als das Flugzeug sich im Sinkflug befand, erhöhte er mehrfach die Geschwindigkeit. Auf den Tonaufzeichnungen ist zu hören, wie der ausgesperrte Pilot vergeblich versucht, die Tür zu öffnen – und wie Passagiere schreien.
Die Ermittlungen ergaben, dass Lubitz bereits 2008 wegen einer Depression seine Pilotenausbildung in den USA hatte unterbrechen müssen. In den Monaten vor dem Absturz hatte er wegen psychischer Leiden mehrere Ärzte aufgesucht. Eine Krankschreibung, die auch den Tag des Todesflugs umfasste, hatte er dem Arbeitgeber vorenthalten.
In den Tagen vor dem Absturz hatte Lubitz im Internet Methoden der Selbsttötung recherchiert und sich mit den Sicherheitsvorkehrungen bei Cockpit-Türen befasst. Die Ermittler fanden zudem eine Patientenverfügung in seinem Mülleimer, in der er auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichten wolle, falls er das Augenlicht verliere.
Es sei davon auszugehen, dass Lubitz „von der unbegründeten Sorge zu erblinden, geradezu besessen war“, resümierte kürzlich der Düsseldorfer Staatsanwalt Christoph Kumpa im Fachmagazin „Austrian Wings“. Deshalb sei der Co-Pilot offenbar davon ausgegangen, „dass sein Lebenssinn, seine Karriere als Berufspilot zu Ende“ sei.
Kumpa wies zugleich Thesen zu technischen Problemen zurück. Diese waren in einem Privatgutachten der Familie Lubitz und in einer TV-Dokumentation verbreitet worden, sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aber haltlos.
Welche rechtlichen Folgen gab es?
Viele Hinterbliebene warfen Lufthansa nach der Katastrophe vor, zu wenig Entschädigung zahlen zu wollen. Die deutsche Fluggesellschaft teilte 2016 mit, mehr als elf Millionen Euro an die Familien gezahlt zu haben. Einige Angehörige erreichten vor Gericht später höhere Zahlungen, deren Summen jedoch nicht genannt wurden.
Eine Sammelklage gegen die Flugschule in den USA, an der Lubitz ausgebildet worden war, wurde abgewiesen. Auch mehrere Klagen von Angehörigen gegen Lufthansa wurden von deutschen Gerichten abgewiesen.
Die Sicherheit des Flugverkehrs sei eine staatliche Aufgabe, argumentierten die Richter. Die flugmedizinischen Sachverständigen seien Amtspersonen, und die Lufthansa habe keinen Zugang zu den flugmedizinischen Untersuchungen, lautete die Begründung.
Ein Verfahren gegen das Luftfahrt-Bundesamt ist noch anhängig. Dabei geht es nach Angaben des Rechtsanwalts Julius Reiter um die „Feststellung von Verantwortlichkeit“ sowie weitere Schmerzensgeldzahlungen.
Das Luftfahrt-Bundesamt trage einen Teil der Verantwortung, weil die Fliegerärzte bei den Untersuchungen nicht auf die Vorerkrankungen eingegangen waren, sagte der Anwalt der Nachrichtenagentur AFP. Die Regierung habe zudem ein europäisches Gesetz zur Flugsicherheit nicht ausreichend umgesetzt.
Was geschieht am zehnten Jahrestag?
Im Ort Le Vernet in der Nähe des Absturzortes in den französischen Alpen ist am Montag eine Gedenkzeremonie geplant, zu dem nach Angaben französischer Medien etwa 400 Menschen erwartet werden, viele von ihnen Angehörige der Opfer.
Die meisten Passagiere kamen aus Deutschland und aus Spanien. Die Gedenkfeier beginnt auf dem Dorffriedhof, wo die nicht identifizierten Überreste der Körper in einem Gemeinschaftsgrab bestattet sind.
Anschließend begeben sich die Angehörigen zu einer Gedenkstätte in der Nähe, wo bereits ein großes Zelt aufgebaut wurde. Dort gibt es auch einen Andachtsraum, den nur Betroffene betreten dürfen.
Um 10:41 Uhr, dem Zeitpunkt des Absturzes, soll eine Schweigeminute abgehalten werden. Die stellvertretende deutsche Generalkonsulin Anja Zougouari wird Kränze für das Generalkonsulat und für die Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen niederlegen.
Am Joseph-König-Gymnasium in Haltern am See, von dem 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen bei dem Absturz ums Leben kamen, ist ebenfalls eine Gedenkfeier geplant. Um 10.41 Uhr sollen dort die Kirchenglocken läuten. Am Abend gibt es einen ökumenischen Gottesdienst. (afp/red)
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