Geplante Sprengung? – Ukrainischer Staudamm mit Wasserkraftwerk zerstört
Nach einer schweren Explosion an einem wichtigen Staudamm im Süden der Ukraine ist das angrenzende Wasserkraftwerk nach Angaben beider Kriegsparteien zerstört. Der Staudamm Nowa Kachowka im russisch besetzten Teil des Landes nahe der Front wurde schwer beschädigt.
Der von Russland eingesetzte Bürgermeister Wladimir Leontjew sagte im russischen Staatsfernsehen, es sei „offensichtlich“, dass das Kraftwerk nicht mehr repariert werden könne. Der ukrainische Betreiber der Anlage sprach von kompletter Zerstörung. Russland führt seit mehr als 15 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Massive Überschwemmungen drohen
befürchtet wird, dass der Bruch des Staudamms in der umkämpften Region Cherson zu massiven Überschwemmungen führt. Nach Angaben der örtlichen Behörden sind etwa 16.000 Menschen in der „kritischen Zone“ zuhause. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einer Überschwemmungsgefahr für bis zu 80 Ortschaften. Die Zerstörung werde zu einer Umweltkatastrophe führen. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, binnen fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.
#Ukraine 🇺🇦: another drone video of the massive flooding as a consequence to the Nova Kachovka dam destruction.
Many towns, including the city of #Kherson are located downstream from here. pic.twitter.com/oPFaZ7jyAR
— Thomas van Linge (@ThomasVLinge) June 6, 2023
Vermutet wird, dass der Damm gesprengt wurde. Kiew und Moskau machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von „Terror“ und berief den nationalen Sicherheitsrat ein. Das ukrainische Militär begann auf der linken Seite des Flusses Dnipro – wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt – mit Evakuierungen. Die russischen Kräfte hingegen machten ukrainischen Beschuss für die Schäden verantwortlich. Spekuliert wurde auch, dass der Damm aufgrund schlechter Wartung gebrochen sein könnte. Die Angaben beider Seiten konnten noch nicht unabhängig überprüft werden.
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Probleme bei der Wasserversorgung auf der Krim?
Bürgermeister Leontjew räumte ein, dass es auch zu Problemen bei der Wasserversorgung auf der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim kommen könnte, die südlich von Cherson liegt. Diese wird mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert. In ukrainischen Medien und in sozialen Netzwerken wurden Videos geteilt, die dem Anschein nach bereits gestiegene Wasserstände um die Stadt Cherson zeigten. Auf Aufnahmen ist auch zu sehen, wie offenbar große Wassermengen aus der Mauer des Staudamms strömen. Die Echtheit der Videos konnte noch nicht unabhängig überprüft werden.
Auswirkungen auf das Atomkraftwerk Saporischschja?
Nach der Zerstörung des südukrainischen Kachowka-Staudamms besteht laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) keine unmittelbare Gefahr für das nordöstlich gelegene Atomkraftwerk Saporischschja. „IAEA-Experten am Atomkraftwerk Saporischschja beobachten die Situation genau“, teilte die Behörde heute Morgen auf Twitter mit. „Keine unmittelbare Gefahr am Kraftwerk.“
Auch ein Sprecher des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom sagte der Agentur Interfax, dass das KKW – das ebenso wie der Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro liegt – sei nicht betroffen. Die Atom-Anlage ist infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von russischen Truppen besetzt.
Die IAEA hilft mit technischer Expertise, Material und Personal beim Schutz der fünf ukrainischen Atomkraftwerke. Seit September ist eine Handvoll IAEA-Experten permanent in Saporischschja stationiert. Sie werden alle paar Wochen ausgetauscht. An den Einsätzen waren bislang 23 Mitarbeiter beteiligt, wie Grossi vergangene Woche im Weltsicherheitsrat in New York berichtet hatte.
Russland hatte das Nachbarland Ukraine vor mehr als 15 Monaten angegriffen und im Zuge seiner Invasion auch das Gebiet Cherson besetzt. Im vergangenen Herbst gelang der ukrainischen Armee dann die Rückeroberung eines Teils der Region – auch der gleichnamigen Gebietshauptstadt. Städte südlich des Dnipro blieben allerdings unter russischer Kontrolle, darunter auch die Staudamm-Stadt Nowa Kachowka. (dpa/er)
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