Georgien: Tausende versuchen Parlamentsgebäude zu stürmen – Polizei setzt Tränengas und Gummigeschosse ein
Aus Empörung über die Ansprache eines russischen Abgeordneten im georgischen Parlament haben tausende Demonstranten versucht, das Gebäude in der Hauptstadt Tiflis zu stürmen.
Einsatzkräfte der Polizei drängten die Demonstranten zurück und setzten dabei Tränengas und Gummigeschosse ein, wie ein AFP-Reporter am Donnerstagabend berichtete. Mehrere Verletzte wurden mit Krankenwagen weggebracht.
Zunächst hatten sich Zehntausende im Zentrum von Tiflis versammelt und den Rücktritt von Parlamentspräsident Irakli Kobachidse gefordert. Rund 10.000 Menschen versammelten sich dann vor dem Parlament.
Einige von ihnen durchbrachen Polizeisperren und gelangten in den Innenhof des Parlaments, wurden aber von der Polizei zurückgedrängt. Nachdem sich das Tränengas gelegt hatte, blieben noch rund 3000 Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude.
Die US-Botschaft in Tiflis rief alle Seiten zu „Ruhe und Zurückhaltung“ auf. Sie erklärte zugleich, sie verstehe, dass viele Menschen sich „verletzt“ fühlten.
Auslöser der Unruhen war eine Ansprache des russischen kommunistischen Abgeordneten Sergej Gawrilow vom Platz des Parlamentspräsidenten aus während einer internationalen Veranstaltung.
Gawrilow sprach während eines alljährlich stattfindenden Treffens der Interparlamentarischen Versammlung für Orthodoxie (IAO), einem Forum von Abgeordneten aus überwiegend christlich-orthodoxen Ländern. Eine Gruppe georgischer Oppositioneller forderte die russische Delegation auf, den Plenarsaal des Parlaments zu verlassen.
Auf der Demonstration im Zentrum der Hauptstadt hielten viele Demonstranten die georgische und die EU-Flagge hoch und schwenkten Transparente mit der Aufschrift „Russland ist ein Besatzer“.
„Das ist ein spontaner Protest von ganz normalen Georgiern. Er wurde nicht von einer politischen Partei organisiert“, sagte Giga Bokeria, Abgeordneter der oppositionellen Europäischen Partei Georgiens, der Nachrichtenagentur AFP.
Der georgische Oligarch Bidsina Iwanischwili sagte, er teile „die aufrichtige Empörung der georgischen Bürger voll und ganz“. Der ehemalige Regierungschef und Vorsitzende der Partei Georgischer Traum gilt als der starke Mann hinter den Kulissen.
Er habe dem Parlamentspräsidenten gesagt, er solle die Sitzung unterbrechen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Vertreter des Besatzungslandes ein Forum im georgischen Parlament leitet.“
Die Beziehungen zwischen dem pro-westlich ausgerichteten Georgien und Russland sind seit Jahren angespannt. Russland betrachtet die ehemalige Sowjetrepublik Georgien als seine Einflusssphäre.
Das Bestreben Georgiens, der EU beizutreten und Nato-Mitglied zu werden, sorgt seit Jahren für Konflikte mit Russland. Diese gipfelten am 8. August 2008 in einem kurzen, aber blutigen Krieg um die von Tiflis abtrünnigen Provinzen Abchasien und Süd-Ossetien.
Georgien hatte mit dem von ihm begonnenen Krieg versucht, die abtrünnigen Gebiete wieder in sein Territorium einzugliedern. Doch die russischen Truppen überrannten die georgische Armee innerhalb von fünf Tagen.
In dem Krieg kamen hunderte Soldaten und Zivilisten ums Leben. Im Anschluss erkannte Moskau die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Süd-Ossetien und Abchasien an und errichtete dort Militärstützpunkte.
Tiflis und seine westlichen Verbündeten verurteilten den Schritt als „illegale militärische Besetzung“. Die beiden Regionen machen 20 Prozent des georgischen Staatsgebiets aus. (dpa)
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