Geldpolitik im Wandel: Japan und USA navigieren durch globale Wirtschaftsherausforderungen

Neue Wende in der Geldpolitik: Japan hebt nach Jahren die Zinsen an, um der Inflation entgegenzuwirken und wirtschaftliche Stabilität zu fördern. Im Gegensatz dazu hält die US-Notenbank die Zinsen stabil, deutet jedoch eine mögliche baldige Zinswende an. Wir haben uns einmal die wirtschaftliche Lage beider Länder angesehen.
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird ihre Entscheidung zum weiteren Kurs der Geldpolitik bekanntgeben.
Japan und die USA haben heute unterschiedliche Zinsentscheidungen getroffen.Foto: Daniel Karmann/dpa
Von 1. August 2024

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Nach Jahren der lockeren Geldpolitik hat die Bank of Japan (BoJ) ihre Leitzinsen zum zweiten Mal in 17 Jahren erhöht. Wie die Zentralbank am Mittwoch nach ihrer Sitzung mitteilte, wird der neue Zinssatz 0,25 Prozent betragen, nachdem er seit März zwischen null und 0,1 Prozent lag. Die Bank kündigte zudem weitere Anhebungen an, sollte sich die Wirtschaft wie erwartet entwickeln.

Die Bank of Japan hatte die Leitzinsen seit 2016 im negativen Bereich gehalten, um die Konjunktur anzuschieben. Die japanische Währung hat diese Geldpolitik geschwächt – gut für Exportunternehmen, aber schlecht für Verbraucher, weil sie Importe verteuert. In Japan war wie in vielen Ländern weltweit die Inflation als Folge des russischen Kriegs gegen die Ukraine ab 2022 stark gestiegen. 

Die Zentralbank erklärte am Mittwoch, die Wirtschaftstätigkeit und die Preise entwickelten sich zuletzt „im Allgemeinen wie von der Zentralbank prognostiziert“. Gleichzeitig würden die Löhne in vielen Bereichen angehoben. Sollte sich die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt entsprechend den Erwartungen entwickeln, werde es zu weiteren Leitzinserhöhungen kommen. 

Kehrtwende in der Zinspolitik

Die japanische Zentralbank hatte sich schon im März dieses Jahres offiziell von der Ära der Minizinsen verabschiedet. Damals erhöhte die Zentralbank den Leitzins auf die Spanne von null bis 0,1 Prozent. Gleichzeitig beschlossen die Geldpolitiker, die Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen nicht mehr auf ein Prozent zu begrenzen. Auch der Kauf von börsengehandelten Aktienfonds (ETFs) wird gestoppt. Die Entscheidung vom Mittwoch war nun der zweite Zinsschritt in Folge nach oben. 

Während die amerikanische Zentralbank Fed und die europäische EZB schon fast zwei Jahre zuvor den Schritt der Zinsanhebungen gegangen sind, hatte sich Japan immer wieder gegen Erhöhungen des Leitzinses gewehrt. Auch wenn der Schritt im März von Analysten erwartet wurde, wirkte die Entscheidung damals wie ein Paukenschlag.

„Wow, sie hat es getan“, kommentierte der Chefökonom der VP Bank, Thomas Gitzel, die damalige Entscheidung gegenüber dem Fernsehsender ntv. Allerdings stellten die Änderungen die bisherige Geldpolitik nicht auf den Kopf, so Gitzel weiter. „Die BoJ muss ein neuerliches Abgleiten in die Deflation verhindern, deshalb ist der heutige Schritt der Beginn eines sanften Wandels der Geldpolitik und keine abrupte Abkehr von der ultra-expansiven Geldpolitik.“

Wirtschaftliche Entwicklung durchwachsen

An dieser Geldpolitik hält die japanische Zentralbank mit der jetzt getroffenen Entscheidung fest – das ist auch dringend notwendig. Von März 2024 bis Juli 2024 hat die japanische Wirtschaft laut dem Deloitte Global Economics Forschungszentrum eine durchwachsene Entwicklung erlebt. Im ersten Quartal 2024 fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal.

Diese Schwäche setzte sich fort, da sowohl die Investitionen in Wohn- und Nichtwohngebäude als auch die Exporte zurückgingen. Der private Konsum, ein wesentlicher Treiber der Wirtschaft, zeigte ebenfalls Schwächen, obwohl es Anzeichen für eine Verbesserung gab. Beispielsweise stieg das Einzelhandelswachstum im Mai 2024 an, und die Reallöhne wuchsen im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent. Für die Ökonomen des Deloitte-Forschungszentrums könnten das erste Anzeichen einer „bescheidenen Trendwende“ sein. 

Als die Bank of Japan im März das Ende der Negativzinspolitik einläutete, war bei Analysten mit diesem Schritt auch die Hoffnung verbunden, dass dieser Schritt höhere Investitionen in japanische Staatsanleihen begünstigen könnte. Das hätte mehrere Vorteile: Der Verkauf von Staatsanleihen ermöglicht es der japanischen Regierung, Ausgaben für Infrastrukturprojekte und soziale Sicherheitsnetze zu finanzieren, ohne sofort Steuererhöhungen zu benötigen.

Inflation und hohe Energiepreise belasten Wirtschaft

Eine erhöhte Nachfrage nach Staatsanleihen kann die Zinssätze niedrig halten, was die Zinskosten der Regierung senkt und mehr Mittel für andere Ausgaben freisetzt. Eine starke Nachfrage nach Staatsanleihen signalisiert aber auch Vertrauen in die japanische Wirtschaft und Regierungspolitik, stärkt den inländischen Finanzmarkt und zieht ausländische Investitionen an. Kapitalzuflüsse in japanische Staatsanleihen können den Yen stabilisieren oder stärken, was die importierte Inflation bekämpft und die Kosten für importierte Waren senkt.

Diese Erwartungen erfüllten sich aber nicht. So schrieb das internationale Nachrichtenmagazin „The Diplomat“ im April, dass anhaltende Inflation und hohe Energiepreise den Konsum in Japan weiter belasten. 

Ein weiterer wichtiger Faktor war der schwache Yen, der die Importkosten erhöht und somit auch die Inflation in Japan angeheizt hat. Allerdings ist auch in Japan die Inflation zurückgegangen. Lag sie im Januar 2023 laut den Zahlen des Ministeriums für Innere Angelegenheiten und Kommunikation in Tokyo auf dem Höchststand von 4,4 Prozent, erreichte sie seit dem April dieses Jahres einen Tiefstand von 2.5 Prozent, kletterte zuletzt im Juni aber wieder auf 2,8 Prozent. 

Die Yen-Abwertung führte dazu, dass Japan 2023 trotz eines höheren realen Wirtschaftswachstums den Rang als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt an Deutschland abgeben musste. Laut Prognosen des Internationalen Währungsfonds könnte Japan 2025 sogar hinter Indien zurückfallen. Diese Vorhersagen sind jedoch aufgrund schwankender Wechselkurse mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

Fed dreht nicht an Zinsschraube

Wie erwartet, hat die Federal Reserve (Fed) den US-Leitzins unverändert gelassen. Derzeit liegt dieser in einer Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent, wie die Fed am Mittwoch nach ihrer Zinssitzung in Washington bekannt gab.

Gleichzeitig signalisiert die Fed ihre Bereitschaft zu einer baldigen Zinswende. Im Begleittext zum Zinsentscheid war von weiteren Fortschritten auf dem Weg zum Inflationsziel von zwei Prozent die Rede. Die Notenbank bewertet die Inflation nun lediglich als „etwas erhöht“. An den Finanzmärkten wird seit einiger Zeit über eine mögliche Zinswende im September spekuliert. 

Die Währungshüter beobachten insbesondere die Preisentwicklung eines festen Warenkorbs, der sich auf die persönlichen Ausgaben der US-Konsumenten bezieht. Der daraus berechnete sogenannte PCE-Index stieg im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat nur noch um 2,5 Prozent, nach 2,6 Prozent im Mai. Auch die Verbraucherpreise verzeichneten im Juni mit einer Teuerungsrate von 3,0 Prozent einen geringeren Anstieg als im Mai (3,3 Prozent). Experten sehen in der weiter sinkenden Inflation ein Signal für eine mögliche Zinswende: „Wir erwarten eine erste Zinssenkung in der September-Sitzung“, erklärte Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner gegenüber der Nachrichtenagentur „Reuters“.

Zinsen nicht vor der Wahl senken

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump forderte die Fed auf, die Zinsen nicht vor den Präsidentschaftswahlen im November zu senken. Trump hatte zuvor in einem Interview mit „Bloomberg TV“, über das unter anderem die „Financial Times“ berichtete, die Vermutung geäußert, Jerome Powell wolle die Leitzinsen senken, um die Wahlchancen von Amtsinhaber Joe Biden (81) zu verbessern.

Im Jahr 2024 hat sich die US-Wirtschaft unterschiedlich entwickelt. Zu Beginn des Jahres zeigte sich eine moderate wirtschaftliche Expansion mit einem realen BIP-Wachstum von etwa 2,2 Prozent im ersten Quartal, schreibt das Deloitte Global Economics Forschungszentrum. Trotz der Herausforderungen durch anhaltende Inflation und geopolitische Spannungen blieb die Wirtschaft relativ stabil, unterstützt durch starke Verbraucher- und Unternehmensausgaben​. 

Der Verbraucherpreisindex (CPI) stieg im Jahresvergleich um 3,2 Prozent, was eine allmähliche Abkühlung der Inflation im Vergleich zu den Vorjahren bedeutet. Diese Entlastung der Inflation half dabei, den Konsum aufrechtzuerhalten, obwohl das Vertrauen der Verbraucher aufgrund der fortwährenden Preissteigerungen der letzten drei Jahre gedämpft blieb​.

US-Wirtschaft wächst langsamer als im Vorjahr

Die Inflationsrate in den USA lag, laut dem Bureau of Labor Statistics (BLS) im Juni 2024 bei drei Prozent, was ein Rückgang im Vergleich zum Mai darstellt. Im Mai lag die Inflation noch bei 3,3 Prozent. Die Preise für Lebensmittel stiegen um 2,2 Prozent, während die Energiepreise um 1,0 Prozent zunahmen.​

Dennoch war das Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 insgesamt langsamer als im Vorjahr. Die Prognosen für das Gesamtjahr, laut der Privatbank J.P. Morgan, deuten auf ein moderates Wachstum von etwa 0,7 Prozent hin, was, laut den Bankern, auf die fortgesetzten Auswirkungen der strafferen Geldpolitik und die abnehmenden Nachwirkungen der Pandemie zurückzuführen ist​​.

Zusammengefasst hat sich die US-Wirtschaft 2024 trotz einiger Herausforderungen stabil entwickelt, mit einem moderaten Wachstum, einer schrittweisen Inflationsabkühlung und einer anhaltenden Stärke des Arbeitsmarktes​​.



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