Geisel nach 326 Tagen befreit – Israels Armee bei Anti-Terror-Einsätzen im Westjordanland

In einem der vielen Tunnel der Hamas unter dem Gazastreifen konnte nach tagelanger Suche eine Geisel gefunden und lebend gerettet werden. Der 52-jährige Beduine ist abgemagert, aber wohlauf. Das israelische Militär geht derweil im Westjordanland gegen terroristische Palästinenser vor.
Titelbild
Dieser Tunnel in der Nähe des Grenzübergangs Erez wurde am 7. Oktober 2023 auch zum Angriff auf Israel genutzt.Foto: JACK GUEZ/AFP über Getty Images
Epoch Times28. August 2024

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Für einen Hoffnungsschimmer im Nahen Osten sorgte die Befreiung einer Geisel der islamistischen Hamas durch israelische Spezialeinheiten am Dienstag.

Israelische Soldaten fanden Kaid Farhan Alkadi nach Armeeangaben unbewacht in einem der vielen Tunnel der Hamas unter dem Gazastreifen. Zuvor hätten sie das unterirdische Tunnelsystem tagelang durchkämmt, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf einen Militärvertreter. Die Zeitung „Haaretz“ berichtete unter Berufung auf die Armee, Alkadi habe die Soldaten während des Einsatzes gehört und ihnen zugerufen.

Abgemagert, aber er hat überlebt

Es ist das erste Mal, dass israelische Einheiten eine Geisel lebend ohne Kampf aus einem Tunnel der Hamas retten konnten. Die sieben zuvor befreiten Entführten waren von Einsatzkräften unter hohem Blutzoll aus Häusern im Gazastreifen geholt worden. Die Hamas hat unter dem Gazastreifen ein weit verzweigtes Tunnelsystem angelegt. Es wird auf rund 500 Kilometer Länge geschätzt.

Die nun befreite Geisel, ein 52 Jahre alter Beduine, wird derzeit im Krankenhaus behandelt und ist israelischen Angaben zufolge bei guter Gesundheit. Angehörige beschrieben ihn nach ihrem Wiedersehen als abgemagert. Er soll im Tunnel kaum Tageslicht gesehen und auch miterlebt haben, wie eine Geisel neben ihm starb.

Israelische Politiker sowie Angehörige äußerten große Freude über seine Rückkehr nach 326 Tagen Geiselhaft. Regierungschef Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog telefonierten mit Alkadi, der den Politikern laut Herzogs Büro mit auf den Weg gab: „Tun Sie alles, was Sie können, um die Menschen nach Hause zu bringen. Arbeiten Sie 24 Stunden am Tag und schlafen Sie nicht, bis sie zurückkommen.“ Die Geiseln litten sehr, „das können Sie sich nicht vorstellen“.

Israelischen Angaben zufolge war Alkadi am 7. Oktober aus einem Kibbuz an der Grenze zum Gazastreifen entführt worden, wo er als Wachmann arbeitete. Israelischen Medien zufolge hat er elf Kinder.

Bemühungen um Waffenruhe gehen weiter

Insgesamt verschleppten palästinensische Terroristen am 7. Oktober vergangenen Jahres mehr als 250 Menschen aus Israel in das Küstengebiet. Nach der zwischenzeitlich erreichten Freilassung dutzender Geiseln dürfte die Hamas nach israelischer Zählung noch 108 Entführte in ihrer Gewalt haben. Wie viele davon noch am Leben sind, ist unklar.

Unterdessen gehen die Kämpfe im Gazastreifen ebenso weiter wie die Bemühungen um eine Waffenruhe und Freilassung der verbliebenen Geiseln.

Israelischen Medienberichten zufolge ist geplant, dass eine israelische Delegation zu weiteren Gesprächen über ein Abkommen mit der Hamas nach Doha reist. Die indirekten Verhandlungen, bei denen Katar sowie Ägypten und die USA zwischen den Konfliktparteien vermitteln, treten seit Monaten auf der Stelle.

Israel kann unteranderem nicht akzeptieren, dass derjenige, der die Autonomie im Westjordanland erhalten soll, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas, monatliche Gehälter an Terroristen zahlt. Diese gehen an diejenigen, die in israelischen Gefängnissen festgehalten werden, nachdem sie Terrorakte begangen haben. Das Gehalt erhalten sie, weil sie Terror begangen haben.

Anti-Terror-Einsatz im Westjordanland

Israels Armee hat in der Nacht Anti-Terror-Einsätze in den nördlichen Städten Dschenin und Tulkarem im Westjordanland begonnen. Diese gelten als Hochburgen militanter Palästinenser. Medienberichten zufolge setzte die Armee neben zahlreichen Infanteristen auch Drohnen und Scharfschützen ein, zerstörte Infrastruktur mit Bulldozern und sperrte sämtliche Zufahrtswege nach Dschenin.

In Dschenin seien zwei Menschen erschossen und mehrere weitere verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Später meldete die palästinensische Nachrichtenagentur „Wafa“ zwei weitere Tote bei einem Drohnenangriff des israelischen Militärs auf ein Flüchtlingslager nahe der Ortschaft Tubas und drei Tote bei einem anderen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug südlich von Dschenin.

Die Armee machte zunächst keine detaillierten Angaben zu ihrem Einsatz. Den Berichten zufolge handelt es sich um eine großangelegte Militäroperation, „Al-Dschasira“ sprach gar vom größten derartigen Einsatz der israelischen Armee im Norden des Westjordanlands seit mehr als 20 Jahren.

Vom Westjordanland aus verüben seit Jahrzehnten Terroristen Anschläge in Israel. Mehrere Jahre lang explodierten Busse mit Kindern und Frauen in Tel Aviv, ausgeführt von Terroristen, die aus dem Westjordanland kamen.

„Al-Dschasira“ zufolge sollen Palästinenser die Soldaten unter anderem im Flüchtlingsviertel Nur Schams in Tulkarem mit Schusswaffen und Sprengsätzen attackiert haben. Zusammenstöße gab es demnach auch in anderen Ortschaften im Westjordanland.

Israelischen und palästinensischen Medien zufolge umstellten die Einsatzkräfte auch Krankenhäuser in beiden Städten und blockierten Krankenwagen. Die Armee kontrolliere den Zutritt zu den Klinikgebäuden, um zu verhindern, dass sich Militante dort verschanzen, meldete „ynet“.

Wer kontrolliert das Westjordanland?

Israel kontrolliert nicht das Westjordanland. Es gibt seit dem Osloer Abkommen drei Formen von Gebieten.

Gebiet A: Gebiete, in denen die Palästinensische Autonomiebehörde die volle zivile und sicherheitspolitische Kontrolle hat. Sie hat hier völlige Autonomie. Zu diesem Gebiet gehören große palästinensische Städte wie Ramallah, Dschenin und Nablus.

Gebiet B: Gebiete, in denen die Palästinensische Autonomiebehörde die zivile Kontrolle hat, aber die Sicherheitskontrolle mit Israel geteilt wird. Die israelischen Aktivitäten in Gebiet B werden oft als Verteidigungsmaßnahme gegen Bedrohungen durch terroristische Organisationen angesehen und sind Teil der allgemeinen Bemühungen Israels, Sicherheit und Ordnung im Westjordanland aufrechtzuerhalten. Diese Gebiete bestehen aus palästinensischen Dörfern und Städten.

Gebiet C: Gebiete, in denen Israel die volle zivile und sicherheitspolitische Kontrolle hat. Dazu gehören jüdische Siedlungen, aber auch offene Flächen und Straßen. Zu diesem Gebiet gehören auch mehrere palästinensische Dörfer, kleine Gemeinden und Beduinengemeinschaften. Diese Dörfer liegen oft in der Nähe israelischer Siedlungen oder offener Gebiete.

Amnesty International fordert EU-Sanktionen gegen Israel

Amnesty International sieht die israelische Siedlungspolitik äußerst kritisch und fordert kurz vor neuen EU-Beratungen zum Nahost-Konflikt scharfe europäische Sanktionen.

In einem Brief an die Außenminister der 27 Mitgliedstaaten und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell spricht sich die Menschenrechtsorganisation für ein umfassendes Waffenembargo und ein Verbot von Investitionen in bestimmte israelische Unternehmen und Banken aus.

Zudem gehöre der Handel mit Gütern aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten EU-weit verboten. Die Besatzung der palästinensischen Gebiete sei illegal und müsse schnellstmöglich beendet werden – so stehe es in einem im Juli veröffentlichten Gutachten des Internationalen Gerichtshofs. (dpa/red)



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