Geheimdienste spekulieren über Russlands Truppenbewegungen

Plant Russland einen Einmarsch in die Ukraine? Westliche Geheimdienste vermuten, dass hinter den aktuellen Truppenbewegungen an der russischen Grenze eigentlich andere Ziele stecken.
Titelbild
Russische Fallschirmjäger.Foto: DIMITAR DILKOFF/AFP via Getty Images
Epoch Times10. Dezember 2021

Nach Einschätzung westlicher Geheimdienste will Russland mit den Truppenbewegungen in Richtung der Ukraine vor allem Zugeständnisse der Nato in umstrittenen politischen und militärischen Fragen erzwingen.

Es sehe so aus, als wenn Russland rechtlich verbindliche Zusicherungen wolle, dass die Ukraine niemals Nato-Mitglied werde, sagte ein ranghoher Nachrichtendienstvertreter kurz vor einem Außenministertreffen der G7-Staaten in Liverpool. Zudem wolle Russland, dass die Allianz von einer dauerhaften Stationierung von Truppen und Ausrüstung in der Ukraine absehe, jede militärische Unterstützung des Landes einstelle und keine Übungen mehr in der Nähe zu Russland durchführe.

Zugeständnisse von der Nato

„Russland versucht darzustellen, dass es bedroht wird und dass es auf westliches Verhalten reagiert (…)“, sagte der Spitzenbeamte. Dabei reagiere das Land nur auf die Probleme, die es selbst schaffe. „Es ist der Brandstifter, der versucht, die Rolle des Feuerwehrmanns zu spielen“, kommentierte er.

Als möglichen Grund für den aktuellen Kurs der Regierung in Moskau nannte der Geheimdienstvertreter die Angst davor, dass die Entwicklungen in der Ukraine unerwünschte Begehrlichkeiten in der russischen Bevölkerung wecken könnten. Die Bedrohung sei, dass die Ukraine ein Vorbild sei und sich zu einem noch demokratischeren Staat mit freien Wahlen, einer diversifizierten Wirtschaft und der Einhaltung westlicher Prinzipien und Werte entwickeln könnte. Dies könne gefährlicher sein als die Macht von Militärapparaten, sagte er.

Erinnerungen an 2014

Hintergrund der Äußerungen sind Erkenntnisse der Nato, wonach Russland an der Grenze zur Ukraine derzeit zwischen 75.000 und 100.000 Soldaten zusammengezogen hat. Die Entwicklungen wecken Erinnerungen an 2014. Damals hatte sich Russland nach dem Umsturz in der Ukraine die Halbinsel Krim einverleibt und mit der noch immer andauernden Unterstützung von Separatisten in der Ostukraine begonnen.

Zur Frage, ob Russland in die Ukraine einmarschieren könnte, wenn die Drohkulisse nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, sagte der Geheimdienstler, dass vermutlich deutlich mehr Truppen benötigt würden als die, die derzeit vor Ort sind. Zugleich betonte er, dass Russland die Fähigkeiten habe, die zusätzlichen Truppen schnell zu mobilisieren. Aus seiner Sicht sei es nun wichtig, vorsichtig zu agieren, und sich darauf vorzubereiten, dass es theoretisch Ende Januar, Anfang Februar zu einem großangelegten Militäreinsatz kommen könne. Man könne sich nicht den Luxus leisten, vom bestmöglichen Szenario auszugehen, warnte er.

G7-Außenministertreffen

Die Außenminister der G7-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA treffen sich von diesem Freitag an in Liverpool. Es wird erwartet, dass es bei den Gesprächen unter anderen um die Frage geht, wie die Abschreckung gegenüber Russland noch weiter verstärkt werden kann. Für Deutschland wird die neue Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu den Gesprächen erwartet.

Dass der Westen im Konflikt mit Russland große Zugeständnisse macht, galt bis zuletzt als sehr unwahrscheinlich. So betont Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg immer wieder, dass es nicht an Russland sei zu bestimmen, wer Nato-Mitglied werde und wer nicht.

Putin vergleicht Konflikt in der Ostukraine mit beginnendem Völkermord

Indes vergleicht der russische Präsident Vladimir Putin den Konflikt im Osten des Landes mit einem beginnenden Völkermord verglichen. Die russischsprachige Bevölkerung in dem umkämpften Gebiet leide unter der dort herrschenden „Russenfeindlichkeit“, sagte er mit Blick auf die Ostukraine während einer Sitzung des Menschenrechtsrats des Kremls am Donnerstag.

Putin sagte vor dem Menschenrechtsrat, dass die Russenfeindlichkeit „ein erster Schritt zu einem Völkermord“ sei. „Sie und ich wissen, was im Donbass passiert“, fügte der Staatschef hinzu. „Es ähnelt sicherlich einem Völkermord.“ Putin hat schon früher ähnliche Vergleiche über den Konflikt in der Ostukraine angestellt, unter anderem 2015 und 2019. (dpa/afp/dts/oz)



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