Austausch: Putin hat Gefangene begnadigt – Ankunft in Köln und den USA – Scholz empfängt Freigelassene

In der Nacht landeten am Flughafen Köln/Bonn zwei Flugzeuge im Rahmen eines Austausch von Gefangenen mit Russland. Später trafen sich Freigelassene dort mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht nach einem Treffen mit freigelassenen Häftlingen am Köln Bonn Airport zu den Medien.Foto: Christoph Reichwein/Getty Images
Epoch Times2. August 2024

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die in Russland verurteilten und im Zuge des Gefangenenaustausches mit dem Westen freigelassenen Häftlinge begnadigt. Ein Großteil der von Russland freigelassenen Häftlinge wurde nach Köln/Bonn geflogen. Dort landeten in der Nacht zum Freitag zwei Maschinen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Freigelassene am Flughafen Köln/Bonn empfangen. Er habe sich ausführlich mit den Eingereisten unterhalten können, was „sehr bewegend“ gewesen sei, sagte Scholz in der Nacht zum Freitag. „Viele haben um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet“, fuhr Scholz fort. Er lobte zudem die internationale Zusammenarbeit.

Die Operation habe „nur durch intensive Kooperation mit vielen Ländern Europas und ganz besonders den Vereinigten Staaten vom Amerika über eine ganz lange Zeit“ erfolgen können, sagte Scholz. Mit Blick auf den Austausch sagte der Bundeskanzler, er glaube, „dass das eine richtige Entscheidung ist“. Wer Zweifel daran habe, verliere diese nach dem Gespräch mit denjenigen, die jetzt in Freiheit sind.

24 Inhaftierte und zwei Minderjährige

Russland, Belarus und fünf NATO-Staaten, darunter die USA und Deutschland, hatten in einer beispiellosen Aktion unter Beteiligung des türkischen Geheimdienstes MIT auf dem Flughafen von Ankara insgesamt 26 Gefangene ausgetauscht.

Im Gegenzug für die Freilassung politischer Gefangener und Kremlkritiker ließen Deutschland, die USA und Partnerländer einen verurteilten Mörder und unter Spionageverdacht stehende Häftlinge aus Russland gehen. 13 Personen landeten in der Nacht in Köln.

Russland ließ 15 Gefangene frei, darunter vier mit deutschem Pass; auch die Freilassung eines in Belarus zunächst zum Tode verurteilten und später begnadigten Deutschen konnte erreicht werden. Im Gegenzug konnten nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB acht russische Häftlinge und zwei Minderjährige nach Russland zurückkehren.

In Moskau empfing Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem Flughafen Wnukowo die im Zuge des Gefangenenaustauschs freigelassenen Russen.  „Ich möchte Ihnen zur Ihrer Heimkehr ins Heimatland gratulieren“, sagte Putin auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo, wie im russischen Staatsfernsehen zu sehen war. Mehrere freigelassene Russen nahm der Kreml-Chef in den Arm.

Unterschiedliche Reaktionen in Deutschland

Bei den Deutschen handelt es sich nach AFP-Informationen um Kevin Lik, Dieter Voronin, German Moyzhes, Patrick Schöbel und Rico Krieger.

Bundeskanzler Scholz sagte, „niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben“. In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen „mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischen Inhaftierter“.

Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, „dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA“, sagte Scholz. US-Präsident Joe Biden lobte Deutschland und andere Verbündete für ihre Beteiligung an dem Gefangenenaustausch.

Enttäuschung gab es jedoch bei den in Deutschland lebenden Angehörigen des Mordopfers des sogenannten Tiergarten-Mörders Krasikow. „Nicht einmal fünf Jahre nach dem Mord“ sei der von Kreml-Chef „Putin beauftragte Mörder wieder auf freiem Fuß“, erklärten sie nach Angaben ihrer Anwältin Inga Schulz. Die Freilassung von Krasikow sei „eine niederschmetternde Nachricht für uns Angehörige“ gewesen“.

In der Bundespolitik löste der Gefangenenaustausch derweil unterschiedliche Reaktionen aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), erklärte im Onlinedienst X, „manchmal muss man aus Gründen der Menschlichkeit mit dem Teufel einen Deal machen“.

Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter äußerte hingegen Kritik. „Ich fürchte, dass mit der Freilassung des verurteilten Tiergarten-Mörders ein Präzedenzfall geschaffen wird, der von Russland politisch massiv ausgenutzt werden kann“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Russland sei „ein Terrorstaat, der mittlerweile gezielt versucht, Geiseldiplomatie zu etablieren“.

Amnesty International Deutschland erklärte derweil, Putins Missbrauch der politischen Häftlinge als „Faustpfand“ hinterlasse einen „bitteren Beigeschmack“.

Ankunft in den USA

US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris haben später den US-Journalisten Evan Gershkovich und zwei weitere von Russland im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit dem Westen Freigelassene in den Vereinigten Staaten empfangen. Biden teilte ein Bild, auf dem der US-Reporter Gershkovich und andere Freigelassene in einem Flugzeug zu sehen sind.

Zu den Freigelassenen gehören auch der frühere US-Soldat Paul Whelan und der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa. Biden sprach von einer „Meisterleistung der Diplomatie“, welche die „Agonie“ dieser Häftlinge beendet habe.

„Es ist ein wunderbares Gefühl“, sagte Biden vor Journalisten auf dem Militärflughafen Joint Base Andrews unweit der Hauptstadt Washington. „Ich war absolut überzeugt, dass wir das schaffen können.“

Mit dem Flugzeug zurück in die Heimat: freigelassene US-Gefangene.

Mit dem Flugzeug zurück in die Heimat: freigelassene US-Gefangene. Foto: Us Government/ZUMA Press Wire/dpa

Biden und Harris umarmten den wegen Spionage verurteilten „Wall Street Journal“-Korrespondenten Evan Gershkovich und den ehemaligen US-Soldaten Paul Whelan nach dem Verlassen der Maschine. „Das ist ein unglaublicher Tag“, sagte Harris – das könne man an den Freudentränen der Familienangehörigen sehen. Der Gefangenenaustausch sei ein „außerordentlicher Beweis dafür, wie wichtig es ist, einen Präsidenten zu haben, der die Macht der Diplomatie versteht“.

Die im türkischen Ankara gestartete Maschine war am Donnerstagabend nach mehr als neun Stunden Flug kurz vor Mitternacht (Ortszeit) gelandet. An Bord befand sich neben Gershkovich und Whelan auch die Journalistin Alsu Kurmasheva.

Gershkovich, der frühere US-Soldat Paul Whelan und die Journalistin Alsu Kurmasheva wurden in der Nacht zum Freitag (Ortszeit) auf dem Luftwaffenstützpunkt Joint Base Andrews bei Washington mit Jubel von wartenden Familienangehörigen und Freunden begrüßt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete.

Begnadigung durch Putin

Putin unterschrieb zuvor unter anderem Dekrete zur Begnadigung des US-Reporters Evan Gershkovich und des früheren US-Soldaten Paul Whelan sowie der Deutsch-Russen Kevin Lick und Dieter Voronin.

Weiter genannt wurden die russischen Aktivisten Oleg Orlow und Ilja Jaschin, der Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa, die Künstlerin Alexandra Skotschilenko, die US-russische Journalistin Alsu Kurmashava sowie zwei ehemalige Mitarbeiterinnen des in Haft verstorbenen Alexej Nawalny.

Der frühere russische Präsident und Vize-Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, begrüßte die bei dem Austausch erfolgte Freilassung russischen Staatsbürger.

„Natürlich möchte ich, dass die Verräter Russlands in einem Kerker schmoren oder im Gefängnis sterben“, erklärte Medwedew im Onlinedienst Telegram. Es sei jedoch sinnvoller, „unsere eigenen Leute zurückzuholen, diejenigen, die für das Vaterland, für uns alle gearbeitet haben“, schrieb er weiter.

Der russische Geheimdienst FSB bestätigte indes die Rückkehr nach Russland von „acht russischen Staatsbürgern, die in mehreren NATO-Ländern inhaftiert waren“ sowie von zwei Kindern.

Die russischen Staatsbürger seien „gegen eine Gruppe von Menschen ausgetauscht“ worden, „die im Interesse ausländischer Regierungen und zum Schaden der Sicherheit der Russischen Föderation gehandelt haben“, erklärte der FSB laut russischen Nachrichtenagenturen. (afp/dpa/red)

 



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