Gefährdete Infrastruktur: Schäden an Glasfaserkabeln in der Ostsee alarmieren Europa
Bezüglich der Beschädigung von zwei Unterwasser-Glasfaserkabeln in der Ostsee geht Deutschlands Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius mittlerweile von Sabotage aus. Dies erklärte Pistorius am Dienstag, 19.11., gegenüber Reportern. In den vergangenen Tagen waren in kurzem Abstand gleich zwei solcher Kabel beschädigt worden. Eines verlief zwischen Litauen und Schweden, das andere zwischen Finnland und Deutschland.
Pistorius glaubt nicht an Zufälle in der Ostsee
Im Vorfeld eines Treffens der Verteidigungsminister der Europäischen Union äußerte Pistorius:
„Niemand glaubt, dass diese Kabel unabsichtlich durchtrennt worden sind. Ich will auch nicht an Versionen glauben, wonach es Schiffsanker gewesen wären, die zufällig diesen Schaden herbeigeführt hätten.“
Es sei deshalb – „ohne genau zu wissen, wo sie herkommt“ – eine „hybriden Aktion“ anzunehmen. Auch, wenn man es noch nicht sicher wisse, müsse man von einer Sabotage ausgehen.
Beschädigte Unterseekabel: Pistorius spricht von „hybrider Aktion“ und „Sabotage“ – „auch wenn noch unklar ist, wer dafür verantwortlich ist“. pic.twitter.com/Zx9JxB5tK9
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) November 19, 2024
Bereits am Sonntag war eine über 218 Kilometer reichende Internetverbindung zwischen der schwedischen Insel Gotland und Litauen um etwa 9 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) durchtrennt worden. Das hat die litauische Tochter des schwedischen Telia-Konzerns, Telia Lietuva, bekanntgegeben.
CTO des Betreiberunternehmens ging nicht von Sabotage aus
Andrius Šemeškevičius, der CTO des Unternehmens, erklärte gegenüber dem litauischen Sender LRT, dass es bis dato noch keine Fälle von Sabotage gegen dessen Einrichtungen gegeben habe.
Er äußerte sich auch skeptisch, dass in diesem Fall ein solcher vorliegen könnte. Das beschädigte Kabel, so Šemeškevičius, sei ziemlich alt und weise einige Mängel auf:
„Diese Fälle des Versagens stehen meist in einem Zusammenhang mit dem Schiffsverkehr, wenn ein Schiff am Kabel hängenbleibt. Oft lässt es den Anker an einer flachen Stelle in Küstennähe fallen und das Kabel reißt.“
Am Montag um 3 Uhr MEZ versagte jedoch auch ein knapp 1.200 Kilometer langes Unterwasserkabel des staatlichen finnischen Cybersicherheits- und Kommunikationsunternehmens Cinia seinen Dienst. Dieses verbindet Helsinki mit Rostock. Das Kabel „C-Lion 1“ stellt die einzige direkte Unterwasser-Datenkabelverbindung zwischen Finnland und Mitteleuropa dar.
Kabel in der Ostsee „durch eine äußere Kraft vollständig durchtrennt“
Der Schaden für die Betroffenen hielt sich in Grenzen. In Litauen führte der Schaden am Unterwasserkabel zu einer verminderten Bandbreite in den Internetverbindungen. Auch deutsche Nutzer bemerkten nicht viel an Auswirkungen, da es ausreichend alternative Verbindungen gab. Der für Cybersicherheit zuständige finnische Regierungsbeamte Samuli Bergstrom bestätigte dies auch gegenüber der BBC.
Dennoch hat der Schaden an Einrichtungen kritischer Infrastruktur Besorgnis ausgelöst. Derzeit dauern die Untersuchungen zu dem Vorfall und dessen Auswirkungen noch an. Es ist damit zu rechnen, dass die Wiederinstandsetzung der Verbindung zwischen fünf und 15 Tagen in Anspruch nehmen wird.
Auf einer Pressekonferenz erklärte mittlerweile Cinia-CEO Ari-Jussi Knaapila, der plötzliche Ausfall lasse vermuten, dass das Kabel „durch eine äußere Kraft vollständig durchtrennt wurde“. Es habe allerdings noch keine physische Inspektion gegeben. Deshalb seien die Einzelheiten des Fehlers noch nicht bekannt und würden derzeit untersucht. Abhilfemaßnahmen habe man bereits eingeleitet, ein Reparaturschiff sei auf dem Weg zum Einsatzort.
Unterwasserkabel nicht dicker als ein Gartenschlauch
Litauens Seestreitkräfte haben unterdessen ihre Maßnahmen zur Überwachung der Wasserwege verstärkt. Das beschädigte Kabel verläuft entlang einer ähnlichen Route wie die Nord-Stream-Gaspipelines, die im September 2022 zum Ziel mutmaßlicher Sabotage wurden.
Weltweit gibt es etwa 400 Unterseekabel, die Inseln, Länder, Regionen und Kontinente miteinander verbinden. Die Europäische Agentur für Cybersicherheit (ENISA) erklärt, dazu käme die Glasfasertechnologie in Unterseekabeln zum Einsatz. Diese seien etwa so dick wie ein Gartenschlauch und könnten elektronische Kommunikationsdaten mit Lichtgeschwindigkeit übertragen.
Die Außenminister von Finnland und Deutschland äußerten in einem gemeinsamen Statement Besorgnis. Es spräche Bände über die Unberechenbarkeit dieser Zeit, dass „ein solcher Vorfall umgehend Verdacht weckt“. Eine gründliche Untersuchung werde gerade durchgeführt.
China verweigert Mithilfe bei Untersuchung
Obwohl es noch keinerlei belastbare Erkenntnisse über Ursachen und Hintergründe der Beschädigungen gibt, wurde in der Erklärung auch auf „Bedrohungen für die europäische Sicherheit“ hingewiesen. Diese gingen vom „russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine“, aber auch von der „hybriden Kriegsführung böswilliger Akteure“ aus.
Es sei „überlebenswichtig für die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften, unsere gemeinsame kritische Infrastruktur zu schützen“.
Sabotagealarm und anfängliche kaum verhohlene Beschuldigungen gegen Russland hatte es auch im November 2023 gegeben. Damals bemerkte man mit einiger Verspätung Schäden an zwei Unterwasserkabeln und einer Gaspipeline zwischen Estland und Finnland. Diese wurden offenbar bereits am 7. und 8.10. des Jahres bestätigt.
Bald geriet jedoch das in Hongkong registrierte Frachtschiff NewNew Polar Bear ins Visier der Ermittler. Finnland argwöhnte damals, das chinesische KP-Regime hätte einen Sabotageakt angeordnet. Das Schiff kehrte zügig nach China zurück. Eine Anfrage an Peking, bei der Untersuchung des Vorfalls zu helfen, hat die kommunistische Führung unbeachtet gelassen.
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