Gabriel kritisiert US-Demokraten: Tragen zu wenig zur Einung der USA bei
Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wirft den US-amerikanischen Demokraten vor, die Anhänger von Präsident Donald Trump nicht überzeugen und das Land nicht einen zu wollen.
Vor den „Midterms“ am vergangenen Dienstag sei es den Demokraten nur noch darum gegangen, „möglichst viele der eigenen Anhänger durch einen emotionalen Wahlkampf zur Wahl zu bewegen“, sagte Gabriel der „Welt am Sonntag“. „Wirkliche Versuche, Menschen zu überzeugen, die vielleicht bisher Donald Trump unterstützt haben, um sie zu einer anderen Entscheidung zu bewegen, habe ich nicht gesehen.“
„Versagen der Liberalen und Progressiven befeuert den Erfolg von rechten Populisten“
Gabriel hatte sich im Rahmen eines Fellowships der Universität Harvard jüngst gut drei Wochen in den USA aufgehalten. Der frühere SPD-Chef hielt den Demokraten vor, zu wenig zur Einung der USA beizutragen. „Dieses große Land zusammenzuhalten, Brücken zu bauen zwischen den vielfältigen Gesellschaften hier, scheint derzeit niemand zum Ziel zu haben“, sagte Gabriel.
Er fügte hinzu: „Der Erfolg von rechten Populisten wie Donald Trump liegt doch in Wahrheit am Versagen der Liberalen und Progressiven, Antworten auf die Fragen der Menschen in West Virginia, dem Ruhrgebiet oder Sachsen-Anhalt zu geben. Was bleibt, ist in solchen Regionen derzeit oft die Hoffnung, dass Politiker wie Trump den Niedergang der letzten Jahrzehnte rückgängig machen können.“
„Trump wird alles Schlechte den Demokraten anlasten“
Die Demokraten hätten im jüngsten Wahlkampf auf das Thema „health care“ gesetzt, sagte Gabriel der „Welt am Sonntag“: „Allein damit werden sie kaum die Präsidentschaftswahl 2020 gewinnen können.“
Präsident Trump werde nun „die Stimmung noch mehr anheizen und alles, was irgendwie nicht gut läuft, wird er den Demokraten anlasten“, prognostizierte Gabriel: „Vermutlich auch das Wetter von morgen – jedenfalls, wenn es schlecht ist. Wenn die Sonne scheint, war er es natürlich selbst. Das Land wird immer tiefer gespalten sein.“
Mit Blick auf die nunmehr demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus sagte Gabriel: „Trump wird den demokratischen Widerstand gegen ihn umdrehen und sagen: Alles liefe viel besser, wenn es diese Demokraten nicht gäbe. Es ist für ihn fast das perfekte innenpolitische Drehbuch.“
Trump bestimme „die emotionale Agenda des Landes, bei Anhängern wie Gegnern“, sagte Gabriel: „Er mischt das Land jeden Tag von Neuem auf, oftmals sogar jede Stunde, immer nach seiner Melodie. Trumps Wahlwerbung ist ebenfalls extrem, in Deutschland würden deren Produzenten vor Gericht gestellt – wegen Aufstachelung zum Rassenhass.“
Über Trump und die Medien: „Trump kommt abends vor Lachen nicht in den Schlaf“
Trump treibe „wie kein anderer Präsident vor ihm die Medien vor sich her. In einer Mischung aus Faszination und Beängstigung kann man sehen, wie gnadenlos er jeden Tag, im Zweifel völlig entgegengesetzte Botschaften verbreitet“, sagte Gabriel: „Die Medien traben hinterher. Mein Gefühl ist: Trump kommt abends vor Lachen nicht in den Schlaf.“ (dts)
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