G7-Gipfel: Russisches Geld soll Ukraine helfen – Papst nimmt zum ersten Mal teil
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zum G7-Gipfel in Italien eingetroffen. Die Maschine des Kanzlers landete am Vormittag am Flughafen Tarent in der südostitalienischen Region Apulien. Er sollte im Anschluss von der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni am Tagungsort in der Luxus-Ferienanlage Borgo Egnazia empfangen werden.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begrüßt ihre Gäste in dem Luxusresort, das 28 Villen sowie 63 Suiten oder Zimmer in traditionell apulischem Stil unterhält.
Auch der Papst wird dort erwartet. Zum ersten Mal überhaupt nimmt ein Pontifex an einem G7-Gipfel teil. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll über das Thema Künstliche Intelligenz sprechen.
Bis 50 Milliarden Dollar für die Ukraine
In ihren ersten Arbeitssitzungen befassen sich die G7-Staats- und Regierungschefs mit den Themen Afrika, Klimawandel und Entwicklung sowie der Lage in Nahost. Am Nachmittag steht die Ukraine im Fokus. Dann nimmt auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an den Gesprächen teil.
Die Ukraine bekommt für ihren Abwehrkampf gegen Russland ein neues riesiges Unterstützungspaket. Unterhändler der Staats- und Regierungschefs der G7 verständigten sich beim Gipfel darauf, mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren, wie mehrere Diplomaten sagten. Das Geld soll bis Ende des Jahres zur Verfügung gestellt werden.
Mit den Milliarden soll die Ukraine ihre Verteidigung gegen Russland stärken, den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur bezahlen und mögliche finanzielle Engpässe im ukrainischen Staatshaushalt ausgleichen.
In westlichen Ländern wurden seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Angaben der US-Regierung rund 280 Milliarden US-Dollar (rund 260 Milliarden Euro) an russischen Zentralbankgeldern eingefroren. Der Bärenanteil befindet sich innerhalb der EU, nach Kommissionsangaben rund 210 Milliarden Euro.
Das festgesetzte Geld Russlands wirft jährlich Zinserlöse in Milliardenhöhe ab, die künftig zugunsten der Ukraine eingesetzt werden sollen.
Seit Monaten wurde innerhalb der G7 über das Wie diskutiert. Die USA hatten ursprünglich dafür geworben, nicht nur die Zinserträge, sondern auch das eingefrorene Vermögen selbst einzuziehen zugunsten der Ukraine.
Die europäischen Staaten hatten dagegen große Vorbehalte. Danach entstand die Idee, ein Milliarden-Paket für die Ukraine auf die Beine zu stellen, das lediglich durch die Zinserträge der festgesetzten russischen Mittel abgesichert wird.
US-Finanzministerin Janet Yellen schrieb in einem Gastbeitrag für die „New York Times“, das Darlehen für die Ukraine würde im Laufe der Zeit durch die Zinserträge zurückgezahlt werden.
Mit den Mitteln bekäme die Ukraine die Ressourcen an die Hand, die das Land zur Verteidigung und zum Wiederaufbau benötige – „bezahlt aus den Erträgen von Herrn Putins eigenem Vermögen“. Yellen betonte, ein solches Paket sei auch eine klare Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin: dass die Verbündeten der Ukraine auf lange Sicht zu Kiew stünden.
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, hatte vorab betont, die Staats- und Regierungschefs der G7 würden lediglich den Rahmen vorgeben. Noch offene Detailfragen sollen nun möglichst schnell von den Finanzministern geklärt werden.
Bis zuletzt war zum Beispiel unklar, wer die Kreditrisiken trägt, wenn EU-Sanktionsbeschlüsse für das Einfrieren von russischem Vermögen wegen des Vetos eines Mitgliedstaates nicht verlängert werden können.
US-Präsident Joe Biden und Selenskyj wollen am Rande des Gipfeltreffens auch ein bilaterales Sicherheitsabkommen ihrer Länder unterzeichnen.
Der Papst ist der Ehrengast
Am Freitag geht es bei dem Treffen dann um die Lage im Indopazifik und in China. An einer Sitzung zu Künstlicher Intelligenz nimmt am Nachmittag auch Papst Franziskus teil, bevor das offizielle Gipfelprogramm am Abend endet.
Das G7-Treffen schließt nahtlos an die zweitägige Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Berlin an.
Am Samstag geht es für Scholz und auch Selenskyj weiter zur Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz, zu der sich nach Angaben der Regierung in Bern bislang rund 40 Staats- und Regierungschefs angemeldet haben. Eingeladen waren rund 160. Weitere gut 40 Staaten sollen mit anderen hohen Regierungsvertretern dabei sein.
2.500 Polizisten für G7-Gipfel sollten auf marodem Kreuzfahrtschiff übernachten
Die Teilnehmer des G7-Gipfels im süditalienischen Apulien logieren in einem Fünf-Sterne-Strandhotel in Borgo Egnazia – davon konnten 2.500 zur Sicherung des Gipfels in die Region verlegte Polizisten nur träumen: Sie wurden auf einem verwahrlosten Kreuzfahrtschiff einquartiert, auf dem der Polizeigewerkschaft COISP zufolge „schreckliche sanitäre Bedingungen“ herrschten.
Das Schiff sei „nach zahlreichen Beschwerden“ beschlagnahmt und die Polizisten in Hotels untergebracht worden, erklärte die Gewerkschaft am Mittwoch. Die im Hafen von Brindisi ankernde „Mykonos Magic“ habe unbenutzbare Toiletten, heruntergekommene Duschen und überflutete Kabinen aufgewiesen.
Die Zeitung „La Repubblica“ berichtete, die Klimaanlage sei defekt gewesen, in den Kabinen habe es von der Decke getropft und die Beamten hätten stundenlang für eine kalte Mahlzeit anstehen müssen. Aufgrund der Hitze und der defekten Klimaanlage hätten sie zudem mit offenen Kabinentüren schlafen müssen.
Der Polizeigewerkschaft SILF zufolge lebten die 2500 Polizisten „wie Mäuse eingepfercht“ auf dem Schiff. Für den dreitägigen Gipfel wurden Sicherheitskräfte aus ganz Italien nach Apulien entsandt.
Die „Mykonos Magic“ wurde früher von Costa Cruises betrieben und gehört nun der griechischen Fährgesellschaft Seajets.
Berühmter Tagungsort ohne G7-Demonstranten
Borgo Egnazia, wo das G7-Treffen stattfindet, ist ein luxuriöser Tourismuskomplex in der süditalienischen Region Apulien und liegt an der Adria-Küste am oberen Teil des „Stiefelabsatzes“ Italiens zwischen Brindisi und Bari. Die Ferienanlage wurde als künstliches Dorf von Grund auf neu gebaut, gleicht aber einer traditionellen Ortschaft der Region.
Kritiker sprechen von einer Art Ferien-Disneyland, seine Devise „nirgendwo anders“ umschreibt die ehrgeizige Vision des Edel-Tourismusprojekts, das in den vergangenen Jahren auch eine Reihe von Prominenten und Stars entdeckt haben.
Pop-Ikone Madonna war bereits dreimal in Borgo Egnazia und feierte dort auch schon ihren Geburtstag. 2012 heiratete dort auch der US-Sänger Justin Timberlake Schauspielerin Jessica Biel, mit 80 Gästen und mit einem geschätzten Budget von mehreren Millionen Euro.
Niemand braucht das Feriendomizil zu verlassen, um von allen Annehmlichkeiten der Region zu profitieren: Bars, ein Sterne-Restaurant, Geschäfte, Spa, Golfplatz. Ein Doppelzimmer kostet mindestens 2.000 Euro pro Nacht. Zwischen Olivenhainen und Meer gibt es dafür ein Urlaubsdomizil mit mehreren Swimmingpools, mit Blumen geschmückten Gassen und einer eigenen kleinen Piazza.
Teilweise gleicht die Abfolge von durch Mauerwerk gesäumten Gebäuden im traditionellen Stil auch einer Festung – normalerweise ideal, um die Privatsphäre seiner wohlhabenden Bewohner zu schützen. Damit können die Staats- und Regierungschefs der G7 gut geschützt und ungestört unter sich bleiben.
Wie bei G7-Gipfeln inzwischen üblich, sind auch die Medien nur punktuell am Tagungsort zugelassen. Sie berichten zumeist aus einem Pressezentrum im 60 Kilometer entfernten Bari. Und G7-Demonstranten werden voraussichtlich nicht einmal in die Nähe des weiträumig abgesperrten Gipfelareals kommen.
Zu den G7 gehören neben Deutschland und Italien die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich und Japan. (afp/dpa/red)
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